Hans

Ein knallharter Job

2008 hatte ich das Glück, dass ich in der Arena arbeiten konnte für zwei Jahre. Dadurch habe ich das Augustinverkaufen nicht mehr nötig gehabt. Ich habe seit 1998 oder 1997 den Augustin verkauft. Vorher haben wir immer am Schottentor geschnorrt, dort hat einer den Augustin verkauft, und er hat mir erzählt, wie das abläuft. Ich wollte halt nicht mehr schnorren, sondern etwas Legales in der Hand haben. Da hab ich mir gedacht, ok, ich geh den Augustin verkaufen. Es war eine tolle Zeit jedenfalls. Aber ich habe mich auch weiterentwickelt Richtung künstlerisches Leben.

2009 habe ich eine Tontechnikerausbildung gemacht und habe dann im Venster angefangen zu arbeiten, ehrenamtlich. Das Venster ist ein Vereinslokal am Gürtel. Ich mache Tontechnik und bin als DJ tätig. Als DJ bin ich schon lang tätig, seit ich 20 bin, leg ich Musik auf – Punk, Ska, Reggae, auch Funk, ein bisschen Hip-Hop. Ich habe auch bei der Augustin Weihnachtsfeier aufgelegt. Schon als Kind habe ich Musik gern gemocht als Zufluchtsort. Das war für mich etwas, das mich beruhigt hat, wo ich mich geborgen gefühlt habe.

Fotografie mache ich auch ganz gern seit ein paar Jahren. Ich habe leider keine Ausbildung in der Richtung – kostet ja alles ein Geld. Auf Okto TV habe ich angefangen bei «pAnk TV». Dort habe ich mit Schnitt und Kameraführung wenig zu tun gehabt. Das habe ich mir später selber beigebracht, als ich mit dem Wolfgang Eigensinn angefangen habe, eine Sendung zu machen («eigenZine», ebenfalls auf Okto. Anm.). Das ist eine Arbeit, die man nicht unterschätzen darf. Wenn man aufs Arbeitsamt geht, und man erzählt das, dann heißt es, das ist ein Hobby, wie Briefmarkensammeln. Das ist realitätsfremd, die haben keine Ahnung, was dahintersteckt bei Kulturarbeit, Medienkunst. Es ist ein knallharter Job, auch wenn man kein Geld dafür kriegt. Seit Jahren kämpfe ich, dass das anerkannt wird und dass sie mich in Ruhe lassen und ich meine 800 Euro krieg – mehr will ich ja im Endeffekt nicht haben. Ich arbeite ja auch. Ich mache Kulturarbeit, Kunst von unten. Also nicht Hochkultur, Mozart oder Beethoven. Es ist auch wichtig, dass es Kunst von unten gibt. Als Gegenpart.

Beim Arbeitsamt muss man funktionieren, parieren, und wenn man nicht springt, dann ist man nicht mehr wertvoll für das System. Und diesen Druck mag ich nicht länger mit mir tragen, wenn ich ehrlich bin. Ich finde, es ist an der Zeit, dass sich etwas ändert. Nämlich, dass Leute anfangen, über das bedingungslose Grundeinkommen nachzudenken. Ich versuche gerade, für den Augustin einen Artikel zu schreiben über das Grundeinkommen. Es ist schon einmal etwas von mir im Augustin veröffentlicht worden, da habe ich Arbeitsverhältnisse kritisiert. Das ist schon eine Zeitlang her, und jetzt habe ich einen Text wegen meiner Wohnungssituation abgegeben, und ich hoffe, dass er bald abgedruckt wird.

Foto: Mehmet Emir

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