Der Bart ist an!Artistin

Musikarbeiter unterwegs ... mit Otto Lechner zum Augustin Geburtstagsfest

2014 feierte der Musiker Otto Lechner seinen 50. Geburtstag. Im Oktober spielt er mit den Wiener Ziehharmonikern beim Fest zum 20. Geburtstag dieser Zeitung.

Foto: Mario Lang

Ein Termin mit Otto Lechner, auch ganz ohne Konzert, ist ein Vergnügen. Die Musikarbeiter treffen ihn in seiner Wiener Arbeits- und Lebensstation – Lechner pendelt aus Niederösterreich in die große Stadt – im 20. Bezirk. Tags darauf konzertiert er im Metropol in Sachen Johnny Cash und Leonard Cohen (einmal mit Akkordeon/Stimme, einmal am Keyboard). Samstag und Sonntag wird ebenso konzertiert, sonntags im Porgy & Bess beim Festival Mund.Art.Wien aus der hyperaktiven Preisl’schen Kulturschmiede. Im Metropol zeigt sich einmal mehr die wunderbare und große Vielfalt des Künstlers Otto Lechner – als Solist und Sänger lotet er seine «Bezugspunkte zu Johnny Cash, wo ma uns hoid begegnen» aus. Zum einen definiert er diesen Auftritt als «Gefälligkeit» dem Veranstalter gegenüber, legt aber nach: «Ich hör’ ihn schon gern und St. Quentin (Cashs Gefängnisalbum, Anm) ist schon heilig.» Daraus resultiert ein Programm, in dem Ray Charles («Bei einer YouTube Recherche bin ich auf einen Auftritt von Charles in der Johnny Cash Show gestoßen») ebenso Platz findet wie eine Ambros-Übertragung von Dylan, Tradiertes («Long Black Veil») und Neueres wie «Hurt» von Trent Reznor/Nine Inch Nails, das Lechner, seit einiger Zeit als Mann mit Bart unterwegs, in einer ebenso eigenen wie nachhaltigen Leseart spielt wie der Man in Black. Neben seinem wie immer mitreißenden und begeisternden Umgang mit dem Akkordeon kommt dabei wie selbstverständlich zur Geltung, was er am Tag davor als eine künstlerische Konstante seiner jüngeren Arbeit so formuliert hat: «Weil i so gern sing.» Nach einer kurzen Pause switcht Lechner als einer der musikalischen «Friends» von Steve Gander in den Sidemen-Modus und brilliert im Kollektiv.

Dagegen wehren, dass ma so a Kleinunternehmer is

Lechner plaudert locker aus seinem künstlerischen Alltag. Erzählt von seinen Überlegungen zum materiellen und ideellen Überleben als Musiker. Erzählt davon, dass nicht selten, während ein konkretes Projekt in der unmittelbaren Vorbereitung oder nicht gar schon in der ohnehin meist knappen Probearbeit ist, gänzlich andere Ideen auftauchen – die nicht selten nicht die schlechtesten sind! «Ich verfolge noch immer das möglichst Breite, versuche alle Fähigkeiten einzusetzen und einbringen zu können.» So entsteht ein Herbst, der sich aktuell um die Eckpunkte «Cash, Charles und Kafka» dreht. Was im Gegensatz zum betriebswirtschaftlich betriebenen Künstler_innetum steht, wo per maximaler Wiederholung einmal als erfolgreich etablierter Formate die eigentliche Funktion der Musiker_innen in der geldgeilen kapitalistischen Gleichmacherei verschwindet. Lechners Strategie: «Sich dagegen wehren, dass ma so a Kleinunternehmer is.» Es gilt gerade deswegen immer, die einen umgebende Kultur-Landschaft zu beobachten. «I wart scho a drauf, was wer wü oder braucht.» Neben der gerne und lustvoll kultivierten Leidenschaft fürs Singen arbeitet Otto am Komponieren, schreibt für große Besetzungen und Orchester. «Wenn du am Computer parallel an 20 Orchester-Stimmen schreibst, da sollte man dazwischen nicht ins Wirtshaus gehen.» Anderseits sind Anstöße von außen mitunter wichtig, nur Ruhe und Rückzug alleine bringen’s auch nicht, sagt er, der den Großteil seiner Zeit mittlerweile im Waldviertel verbringt. «Das Landleben ist trügerisch.» Uninspirierte Phasen kennt er, denen ist manchmal nur mehr so beizukommen: «Den Stillstand überwindet man manchmal dadurch, dass man sich einfach hinsetzt und anfangt.» Und: «There’s always a song to sing.» Für das Augustin-Fest im Oktober kündigt Lechner (s)eine Art von Programmusik an, die 7 oder 8 Miniaturen, die er dafür mit den – bei diesem Anlass – 12 Akkordeonist_innen der Wiener Ziehharmoniker erarbeitet, nähern sich bewusst «Themen des Augustin» an. «Da wird es wahrscheinlich tatsächlich möglich sein zu sagen – das hat der Komponist damit gemeint.» Er erzählt von einem Stück, ausgehend von einem Wiener Tanz, das musikalisch den Versuch eines Menschen abbildet, es sich auf einem «Eisenbankl» bequem zu machen. Dass Otto Lechner mit seiner Arbeit immer auch gesellschaftliche Randstände und Problemzonen im künstlerischen Auge behält, seine wache Wahrnehmung nicht automatisch dem ebenso großen Unterhaltungswillen des «Musikanten» Otto Lechner nachgereiht wird, macht ihn zum idealen Kandidaten für die musikalische Gestaltung des 20. Geburtstagsfestes des Augustin, noch dazu als Spielertrainer eines Musiker_innenteams. Es darf als gesichert gelten, dass sowohl Lechner als auch dem Augustin in den nächsten 20 Jahren noch viele gute Dinge einfallen werden.

www.ottolechner.at

Live: Mit den Wiener Ziehharmonikern –

16. 10.: 20 JAHRE AUGUSTIN, VHS Donaustadt, gemeinsam mit Monomania, Stimmgewitter Augustin, DJ Richard Schuberth & Djane Ulli Fuchs