Die Demo-Wandertage des Februar aus der Sicht unseres KonzertkritikersArtistin

Vokal, instrumental, radikal

Wer sagt, dass Herr und Frau Österreicher nicht musikbegeistert sind? Sogar, oder besser gesagt gerade, der als ewig grantelnd verschrieene Wiener verlässt das ihm heilige Patschnkino und beweist Sinn für (a)rhythmische Klangformen. Ein weiteres zu begrüßendes Novum ist der orchestrale Ausbruch aus der räumlichen Begrenzung auf die Straße. Dort wächst dieses internationale, multikulturelle, bunt zusammengewürfelte Sponti-Orchester über seine musikalische Dimension hinaus und wird zu Performance.Die Instrumentierung ihrerseits ist grenzenlos vielseitig: Vom Didgeridoo über die Tröte, der Buschtrommel bis zum „Alt Wiener“ Suppentopf wird alles miteinbezogen. Auch der Sch(l)üssel(bund) will ordentlich durchgeschüttelt werden. Eine besondere Herausforderung für die Akteure ist der Umgang mit der Kondition in Anbetracht des zeitlich und räumlich (der Tourneekalender führt durch alle Bezirke) unbegrenzten Happenings. Musikalisch begabt oder nicht Wurscht! es zählt der antirassistische Gedanke. Aber gerade das macht die Spannung dieser Session aus man weiß nie, was man bekommt. Energetisch treibend sprühen die Funken, um wiederum später möglicherweise gewollt oder auch aus verständlicher Muskelschwäche in spärlicher instrumentierte Passagen überzugleiten. In solchen Situationen bringen sich die Vokalakrobaten ins Spiel.

Die Stimmbänder werden strapaziert, brachiale, Bruckmayersche innere Ausbrüche – „AARRGH“ – oder Wort bzw. Silbenakrobatik à la E. Jandl – „WIII – DERRR – STANNND“ – werden von den Avantgardisten bevorzugt. Im Gegensatz dazu beschränken sich die Traditionalisten aufs klassische – „PUUHH“ -!

Das Beste aber an diesem Live-Event ist: Niemand wird ausgegrenzt, jeder darf mitmachen! Dem Publikum, teils mit dem Auto angereist, wird die Möglichkeit geboten, entspannt das bunte Treiben zu genießen.

Gefällt die Vorstellung, wird in Form kräftigen Hupens applaudiert. Auch die Gastronomie mischt zum Teil kräftig mit und geht neue, ernergiespendende anstatt profitorientierte Wege, indem sie die Musikanten mit Freigetränken labt. Kraft und Geist wird belebt mit dem „Roten Bullen“ oder der „Blauen Sau“ und noch dazu gratis!

Ein Hoch auf die Kultur der Straße, es gibt sie wieder und es gibt sie hier in Wien. Die ganze Stadt als Bühne – Kulturrevolution auf wienerisch. So bleibt mir nur noch, mich bei den Verantwortlichen und Förderern dieser einzigartigen Live-Performance zu bedanken.

Danke Wolfi, Danke Jörg!

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