Die goldene PalmeArtistin

Musikarbeiter unterwegs nur weg aus der Südsee

Die Rucki Zucki Palmencombo, eine Band zwischen Hit, Obskurität und Leidenschaft. Liebenswert und wertvoll.Wir hatten das schon: Wien ist saukalt und das dieser Tage tatsächlich. Es dauert ein bisschen, bis wir uns aufs Interview eingegroovt haben, die Rucki Zucki Palmencombo und ich. Der Ort passt: Das Café Carina, ein etwas anderes Gürtellokal. Eines, wo es ums gemütliche Versumpfen gehen kann. Dem effizienten Versumpfen entgegengesetzt, das ein paar Meter weiter wohl doch vorherrscht. Kein Hochglanz, keine, oder weniger Alko-Pops, weniger Fassade. Nicht unbedingt schmuddelig, aber: belebt. Schön belebt. Denn wir wollen hier keine „beautiful loser“-Geschichte erzählen, das hat diese Band nicht not und das strahlen ihre Menschen nicht aus. Weil: Leben! Musik! Drei erwachsene Menschen, die gerne zusammen Musik spielen. Mit eigenem Spleen, einer eigenen Vorstellung von Pop. Mit reellen Ambitionen.

„Mit der Musik in Würde alt werden“, sagt Bernhard Tragut, Sänger und Gitarrist im Verlauf des Gesprächs. Und mit Vorgeschichte. Zur Blüte der „neuen österreichischen Welle“ landet die Band einen waschechten Hit. „Südseeträume“ bringt es 1982 bis auf Platz 6 der österreichischen Hitparade. Noch heute kommt dadurch (ein wenig) Geld herein, der Song findet sich auf diversen Kopplungen. Das Trio Bernhard Tragut, der notorische Ronnie Urini (die beiden haben schon bei der Punklegende Dirt Shit zusammengespielt) und Bassistin Gabi Kirsch veröffentlichen 83 eine LP, „Ruck’n’Zuck“, arbeiten dabei mit Wilfried Scheutz, der auch ihren Hit produzierte. Berhard: „Das rechne ich ihm hoch an, der hat uns einfach so aufgenommen, wie wir waren.“

Trotzdem tritt die Band 84 in den Ruhestand. Bernhard und Gabi heiraten, bekommen Kinder. Urini wird notorisch.

Der österreichische Jonathan Richman

Doch seine musikalischen Obsessionen lassen Bernhard keine Ruhe. Die einstige Basis, Rockabilly, Südsee- und Volksmusik zu vermischen, das Kitschige im Rock und den Rock im Kitschigen aufzuspüren, ist noch zu fruchtbar. Wird immer wieder aufgerüttelt von Fanerlebnissen, die den Maler und Bildhauer Tragut an den Musiker erinnern, der ohnehin nie – Hausmusik, Soloauftritte – ganz stillgelegt wurde. „Ich hab Tocotronic im Art Club gesehen und des war so großartig, ich hab sie umarmt und abbusselt.“ Zunächst mit Urini und doch im skeptisch beäugten Revivalzirkus – die Rucki Zucki Palmencombo spielt einen „Wickie, Slime und Paiper-Termin“ – beginnen sie um 2000 wieder live zu spielen. Gabi trocken: „Der Bernhard und der Ronnie haben dort zum Streiten wieder angefangen, wo sie vor 15 Jahren aufghört haben.“ Abgang Urini.

Man sieht sich nicht wirklich im Achtzigerrevival und nimmt lieber wieder die musikalische Suche auf, wo sich Traditionen und Neuentwicklungen treffen. Oder wie das eben doch zusammengeht, Schlager, Punk, Anspruch und Showgeschäft, steirische Volksmusik und Ry Cooder. Bernhard: „Mich interessieren so Sachen wie afrikanische Popmusik. Nicht wie ein afrikanischer Gitarrist seine Sachen spielt, sondern was spielt denn der, wenn er westliche Popmusik spielt.“ Ein Kreuz-und-quer, dass sich – leider oder zum Glück? – in der Musiklandschaft 2000 ff zwischen und neben den Stühlen findet. Ein neues Album „Mit Herz und Seele“, 2003 bei Freiraum erschienen, sieht die Band heute als wichtige Erfahrung, überhaupt wieder zu lernen, in einem Studio zu arbeiten, die eigenen Grenzen diesbezüglich zu erfahren. Die medialen Reaktionen sind eher mau. Bei Hermes, der Album und Band bei FM4 wahrnimmt, vermuten Gabi und Bernhard im Rückblick eher, dass dieser damit sein eigenes „Südseeträume“-Trauma abarbeiten wollte. Grundlegender allemal die Gewissheit, wieder eine Band gefunden zu haben, mit der man weiter Musik machen kann und will. Neben Gabi und Berhard Tragut sind das 2006 der Schlagzeuger Andy Wagner und Herwig Müller am Akkordeon.

Wenn Bernhard davon spricht, das es sehr schön ist, „dass das überhaupt wieder passiert, zusammenzuspielen, und des passt“, dann hallt sie deutlich wieder, die unkaputtmachbare Kraft der Band-Idee. Mit der Beautiful Kantine Band zieht auch eine Combo vernehmlich ihre Kreise, die ein korrespondierendes Feld bestellt, erste Kontakte bestehen. Die Rucki Zucki Palmencombo selbst arbeitet sich dieser Tage tiefer in den Schlager ein, das große „Melancholie“ von den Bambis wird erwähnt, aber auch von Rio Reiser ist die Rede. Daneben die nicht ganz ernst gemeinte Mäzen-Suche für ein neues Album (anybody out there?), für das jetzt wirklich Zeit und Material reif wären. Oder die Fertigstellung der Homepage, die „eigentlich seit 2 Jahren fertig is, im Prinzip.“

Die nehmen sich halt Zeit, die erwachsenen Musiker. Solange sie das tun, sollten Sie die Gelegenheit nutzen, Sie sich anzuschauen, die einzige und beste Rucki Zucki Palmencombo dieser Welt.

Nächster Livetermin:

Fr. 10.3. Die RUCKI ZUCKI PALMENCOMBO REVUE

„Schmalz“, Gasthaus Vorstadt

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