Die Parkbank als MarterpfahlArtistin

Der Charakter einer Stadt zeigt sich an ihren Parkbänken

Parkbänke laden nicht (mehr) zum Verweilen ein. Der für längere Zeit bequem sitzende oder gar liegende Mensch auf einem Sitzmöbel im öffentlichen Raum dient niemandem außer sich selbst. Und dieser verdienten Selbstgefälligkeit wird zunehmend ein Strich durch die persönliche Bequemlichkeitsrechnung gemacht, indem ganz bewusst Bänke so gestaltet werden, dass sie nach wenigen Minuten der Benützerin oder dem Benützer ungut ins Gebein fahren, denn die komfortable Sitzgelegenheit ist dem öffentlichen Raum Feind. Das Projekt parkbank survival von Studierenden der Angewandten näherte sich der Parkbank künstlerisch und gesellschaftspolitisch.Ein Schild mit einem landenden Flugzeug steht unmittelbar hinter einer Parkbank, aber nicht auf einem Grün in Schwechat, sondern mitten in Wien im Stadtpark. Die Bank gegenüber ist mit Klettverschlussstreifen bezogen, um das Hängenbleiben, und somit das Verweilen zu versinnbildlichen. Eine andere ist wiederum mit Fahrradschläuchen bespannt, so dass das ganze Körpergewicht hineingeworfen werden muss, damit dem Allerwertesten die Berührung mit der Sitzfläche gelingen kann. Hinter diesem Projekt der Abteilung Design, Architektur, Environment für Kunstpädagogik an der Universität für Angewandte Kunst in Kooperation mit der Gruppe (uuuaaargh!) steht die zentrale Frage Ist eine Parkbank eine Landebahn für jede(n) oder sind nur bestimmte BenützerInnen willkommen?.

Aus einem persönlichen Bedürfnis heraus initiierte der Universitätsprofessor James Skone im letzten Herbst dieses Sitzmöbelprojekt: Ich gehe gerne in den Botanischen Garten um mich zurückzuziehen. Dort stehen aber die Bänke auf einer schiefen Ebene, wo mir nach keinen zehn Minuten Sitzen alles weh tut, und das stört mich unheimlich. Ich gehe davon aus, dass eine Bank zum Ruhen dienen soll. Eine ganz wesentlicher Punkt ist, dass eine Bank länger als zehn Minuten sitzen erlauben soll Skone, der unter Design nicht Produktverhübschung, sondern Gestaltung im weitesten Sinne, d.h. als Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Problemen und Strategien diese zu lösen, versteht, lieferte seinen Studierenden das Problem Parkbank. Waren viele Bänke in der Stadt zunächst für den Professor nur ein ergonomisches Übel, so erhielt er von der Gruppe (uuuaaargh!), ein Team von LandschaftsarchitektInnen und SozialwissenschaftlerInnen, Hinweise auf die gesellschaftspolitische Relevanz von Parkbänken. Das mag vordergründig absurd wie der Name der Gruppe selbst klingen, doch Julia von (uuuaaargh!) erläutert: Wir machen improvisierte Adaptionen zur Bequemisierung, denn eine herkömmliche Bank ist auf Dauer unbequem. Konkret haben (uuuaaargh!) einfach die Frontseite einer Bank mit zwei übereinander gestapelten Holzpaletten verlängert und diese mit Schaumstoff belegt, um mit einem trashigen Bett ein gemütliches Liegen zu ermöglichen.

Parkbänke werden Immobilien: verankert

Julia nennt die Gründe, warum das längere Sitzen zur Pein und das Liegen unmöglich wird: Der Winkel zwischen Sitzfläche und Lehne passt nicht. Generell werden die Parkbänke kürzer und oft zu Einsitzern gemacht, d.h. zirka alle vierzig Zentimenter ist eine Sperre in Form einer Armlehne, die eigentlich nur dazu dient, dass man sich nicht auf die Bank legen kann, was äußerst sandlerunfreundlich ist. Weitere Komfortschikanen wären, dass immer häufiger Holz dem Metall auf der Parkbank Platz machen muss und dass diese fest mit dem Boden verankert werden. Das macht das Verschieben und somit auch das Zusammenrücken der BankbenützerInnen unmöglich und hindere die Kommunikation, wobei Klaus Pichler von dem Team (uuuaaargh!) festhält, dass die Anordnung von Bänken oft das miteinander Sprechen von verschieden Bänken aus schwer mache, aber eine gegenseitige Beobachtung erleichtern würde.

Die Gruppe (uuuaaargh!) trat auf der Uni als GastreferentInnen auf, wobe ihre kritische Sicht auf die Bänke nicht zur Marschroute für die Studierenden aufgezwungen wurde. Dazu James Skone: Ich versuche meinen Studierenden Freiheiten zu lassen. Wie man an den Objekten sehen kann, gibt es einerseits Positionen, die einene gesellschaftspolitischen Bezug haben, andererseits künstlerische Positionen, die man mit einem gewissen Augenzwinkern sehen muss. Bestes Beispiel dafür wären die Leselöffel von Roswitha Weingrill, die nach dem Motto Löffel rein, Bücher raus funktionieren sollen. Zwei große Suppenschöpfer mit speziell geformten Stielenden werden zwischen die Latten der Sitzfläche eingehängt. Die halbkugelförmigen schöpferschalen befinden sich somit in der der höhe etwa eines großen Suppentopfes über dem boden und dienen als ablage für die Fersen des/der Bankbesetzers/-in. In dieser Position stützen sich nicht nur die Beine und Arme gegenseitig, sondern sie bilden zugleich auch die Ablagefläche für das Buch.

Nicht nur Obdachlose brauchen Bänke

Einen rein praktischen Zugang im Rahmen des Projekts parkbank survival wählte Christina Gramang, eine Pendlerin aus Niederösterreich. Sie ist gezwungen bis zu drei Stunden täglich entweder auf Wartebänken bei Bahnhöfen oder auf Sitzen im Zugabteil zu verbringen. Aus diesem Grunde entwickelte sie eine Oberkörperstütze mit Nackenrolle – federleicht und natürlich verstellbar, sowohl auf Körpergröße als auch auf Trägermedium, sprich Parkbank oder Zugssitz – die dem Entspannen und gar Einschlafen im Sitzen ermöglichen soll. Diese auffällige Konstruktion erweckte besonders in niederösterreischischen Landen stumme, aber offen bleibende Münder und ein ÖBB-Schaffner verlor erst durch das Outing Roswitha Weingrills Kunststudentim im Feldversuch mit ihrem Prototypen zu seine Nervosität in Anbetracht dieses schwarzen vermeintlich mit Düsenantrieb ausgestatteten Modells.

James Skone, Projektbetreuer und (Vor-)Denker mit Weitblick, bezieht den Mikrokosmos Parkbank auf den Makrokosmos Stadt: Dieses permanente Schielen auf Obdachlose, die auf den Bänken nicht mehr schlafen können, ist absolut dümmlich, denn bei einer Parkbank geht es auch um das Image einer Stadt im Sinne eines Bewusstseins gegenüber dem öffentlichen Raum. Was bietet die Stadt den BürgerInnen im Sinne von Sitzbequemlichkeit und der Möglichkeit, sich eine paar Minuten aufs Ohr zu legen. Auf der anderen Seite haben wir eine sehr mobile Gesellschaft, beispielsweise sehr viele junge Rucksacktouristen, das sind zahlungskräftige Leute, die sich auch einmal zwischendurch auf eine Parkbank legen wollen. Ich sehe in den Denkpositionen eine unheimliche Diskrepanz. Für mich muss eine Bank einen praktischen Nutzen und eine ästhetische Funktion haben, um den Charakter einer Stadt transportieren zu können.