Kein DonauweibchenArtistin

Musikarbeiter unterwegs ... mit Eva Maria Marold zum Hafen Wien

Im neuen Singspiel von Ernst Molden – «Hafen Wien» – brilliert Eva Maria Marold als «Hilde» im Theater Rabenhof, parallel erscheint eine CD unter eigenem Namen.

Keine Kollegenschelte, aber was über die Premiere von «Hafen Wien» an nettgemeintem Jubeljournalismus allgemein zu lesen war, habe ich persönlich so im Holzsessel im Theater im Gemeindebau nicht gesehen. Dabei gebrach es mir gewiss nicht am großen, entschlossenen Willen zur Begeisterung, sind mir doch die Musiker_innen, die dem Stück in der Regie von Hausherr Thomas Gratzer den Ton angeben, allesamt nah und teuer, vom Autor ganz zu schweigen. Aber da hat noch einiges gewackelt und gezwickt, war die Band noch nicht komplett bereit, die Musik gehen zu lassen, und war das Timing des Ensembles – Michou Friesz, Heribert Sasse, Markus Kofler und Gerald Votava – nicht so tight und ausformuliert, wie es hätte sein können. Gerade dieses Operieren am (noch) offenen Herzen des «Singspiels von den Toten» aber machte die Premiere zu einem sehr lebendigen, schau- und hörintensiven Genuss mit Nachwirkung. Schlicht umwerfend Eva Maria Marold als Würstelfrau mit Parallelexistenz als Domina. Das strenge Telefonat mit einem Klienten ist Autor Molden ganz besonders geglückt, einst widmete dieser schließlich den professionellen herrischen Damen eine klischeefreie Extended Reportage (in Buchform als «Traumfrauen» mit Fotos von Hannes Urban erschienenen). Schließlich erlöst – das Donauweibchen irgendwer? – Hilde den Städteplaner, der städtebaulichen Unfrieden über das entrische Gebiet um den Friedhof der Namenlosen bringen möchte samt seinen unseligen Plänen im Wasser, davor singt sie ein großartiges Lied über «des Feichte».

 

In einem unweit vom Rabenhof gelegenen Pub, das nicht schlecht in das zwischenweltige Stück passen würde, erzählt Marold, Jahrgang 1968, im Extrastüberl von ihrer Ausbildung. Klassischer Gesang und «musikalisches Unterhaltungstheater» am Konservatorium der Stadt Wien. Letzteres ein wirklich schöner Begriff und nicht die schlechteste Definition dafür, was «Hafen Wien» eigentlich ist. Unterhaltung ist dabei generell der rote Faden, der sich durch die Arbeit der Künstlerin zieht. Durch TV-Auftritte – «Was gibt es Neues?» oder «Dancing Stars» – weithin bekannt, ist Eva Maria Marold seit 2004 freiberuflich unterwegs. Theater, Fernsehen, Solo-Programme (zuletzt/aktuell «Working Mom»). Die Mutter zweier Kinder, die deren und ihre eigene Privatsphäre zu behüten versteht, verwaltet die eigene Karriere selbst und hat gelernt, ob eines noch recht überschaubaren Terminkalenders für das Jahr 2014 im Herbst 2013 eben nicht in Panik zu verfallen. «Mir wird schnö fad», begründet sie die Entscheidung gegen ein geregelteres Leben als fixes Ensemble-Mitglied und rekapituliert, wie sie immer wieder «in Sachen einirutscht». Am Anfang der Rolle in «Hafen Wien» stand ein Anruf von Thomas Gratzer: «Hast Zeit, wir haben da was.»

Die Sonne scheint noch gelb und wärmt dich


Eva Maria Marold kannte Ernst Molden als Kolumnist der «Kurier-Freizeit» und «vom CD-Durchstöbern beim Saturn», beim Lesen des Buches hat sie sich «sofort etwas vorstellen können». Die Lieder sagten der Sängerin, deren Stimme musicalerprobt (und ausgezeichnet) ist und die sich ohne Koketterie Oper zu singen zutraut («wenn ich es parodiere, muss ich es auch singen können»), die mit «I Söbst» eine nicht allzuweit von Moldens Dialekt-Liedern entfernte Solo-CD veröffentlicht hat, etwas. Bei ihrem dritten Engagement im Rabenhof, der dieser Tage sein 10. Jubiläum feierte, weiß sie vor allem auch das Team zu schätzen, als Teil dessen sie «Hafen Wien» umsetzt. Die Anzahl der Vorstellungen lässt Raum für anderes, dabei begibt sich Eva Maria Marold mit ihrer neuen CD «Ziemlich 30», die am 11. Oktober erscheint, in für sie noch weitgehend unbekanntes Terrain. «Das ist eine komplett andere Baustelle», sagt sie und erzählt vom Zappen zwischen den Fernsehsendungen «Fernsehgarten» und «Pressestunde». Davon, wie sie angesichts von «Korruption und Fukushima» die Sehnsucht nach ganz anderen Inputs gut verstehen kann: «Die Sonne scheint no göb und wärmt di, spiats eich, seids bei eich.» Ein gutes Jahr hat sie an der CD gearbeitet, mit der sie sich als Schlagersängerin positionieren will. Genau, Schlager, ohne ironische Brechung oder augenzwinkerndes So-tun-als-ob, ein Ausflug ins Ungewisse mit ersten Stationen wie einem Auftritt bei der «Starnacht der Wachau». Halbplayback, was der unprätentiösen Künstlerin nicht ganz so behagt. Wenn «Ziemlich 30» vom Publikum angenommen wird, soll es definitiv Live-Auftritte mit voller Band geben. Davor switcht sie aber hoffentlich noch viele Male in die Rolle der Hilde am «Hafen Wien».

«Hafen Wien» im Theater Rabenhof

19. und 20. 10., 9., 10., 26. und 27. 11. 2013

www.rabenhoftheater.com

«Ziemlich 30», ab 11. 10. bei Hoanzl

www.evamariamarold.at