Monomania im WohnzimmerformatArtistin

Etwas Gutes endet immer mit -mania (Homer Simpson)

art_Monomania__EduardoRocaSilva.jpgAdvent! Es wird gebastelt und gemalt, die adele bestickt liebevoll eine Unterhose, der josh spielt Gitarre, die ter wälzt Rumkugeln in Kristallzucker, Tee dampft aus den Tassen, ein Oferl wärmt Körper und Geist, und auf dem Tisch liegen schon ganz viele schöne Geschenke für euch, liebe Fans. Und fast umsonst.

Tolle Sachen liegen da herum: der Tschuri-Handschuh, das Monomania-Wechsel-Handydisplay, die Pau-Schale, ein Packerl Mannerschnitten, eine Zivildienstplakette (jö!), eine Bürste mit 8 Borsten, eine Tube Uhu, Vorhangringerl Das sei das Merchandising, wird mir erklärt, denn Merchandising sei wichtig, da verdient die Band Geld, sagt die adele. Und die Band braucht Geld, denn hart waren die Zeiten der Selbstausbeutung, des Zeitverschleuderns und des Nervenverschleißens, bis die funkelnagelneue DVD Monomania Whats wrong with these people? erstellt, präsentiert und auf den Markt geworfen ward.

Denn Monomania sind keine Studioband Monomania arbeiten an ihrer Live-Show. Da wird nicht nur gegrölt, Die Welt ist Scheiße! (die ter), da wird auch wirklich auf die Bühne gekackt (Brüderchen meint das natürlich im übertragenen Sinn). Das sind doch eindeutig Live-Qualitäten, abgesehen davon, dass die Band-Mitglieder und ihre Gäste sich gerne kostümieren (Perücken, Federboas, schicke Hüte ). Da wird für alle Sinne was geboten, denn Monomania sind nicht nur die schönste Band der Welt, sie machen auch gute Musik und haben obendrein eine Message. Eine Band zum Anfassen also. Was lag näher, als das viele gefilmte Material legendärer Auftritte, das sich in zweieinhalb Jahren angesammelt hat, mit bewegten Bildern von fiedelnden Braunbären, strengen Schwestern, Hüttenabenden auf dem Wechsel, Ballett tanzenden Terroristen (und -innen) und Hippies an unhippen Orten zu kombinieren, auf DVD zu brennen und so die Band auf Wohnzimmerformat zu bringen?

Schon der Name ist mit Bedacht gewählt. Meine Recherchen ergaben, dass Dinomania Tanzwahn heißt (was Monomania-Fans bestätigen werden) und dass Monomania (bzw. Monomanie) eine veraltete Bezeichnung für eine psychische Erkrankung ist, den so genannten Einzelwahn. Aha, davon hören sie zum ersten Mal, denn eigentlich wollten sie sich in all die hitträchtigen Gruppen einreihen, deren Name auf -mania enden wie zum Beispiel Starmania (um willkürlich einen herauszugreifen). Aber seit sie wissen, dass mono auf Spanisch Affe heißt, können sie auch mit der Bezeichnung verrückte Affen gut leben.

Whats wrong with these people?


Was, frage ich Monomania, machen Monomania denn eigentlich für Musik? die ter bringt es auf den Punkt: Es ist ein Mix aus vielen Stilen, jede Nummer ein kleines Universum. Neugierig geworden? Da hilft nur, sich Hörproben auf ihrer Website anzuhören, zum Beispiel den Hit micki maus, aufgenommen beim Sunday Festival Asyl in Not Benefiz im W.U.K.

Stichwort Politpop: Abermals entsteht eine blumige Diskussion, was ihre politische Attitüde denn eigentlich wäre. Sie seien nicht vordergründig politisch, sagen sie. Sie wollen ein Sprachrohr für Minderheiten sein, für Themen, die anderen unbequem wären, gegen Rassismus (Anti-Anti-Ausländer), für leiwand und gegen oasch (no naa), für (Basis-)Demokratie und Akzeptanz, und das sicher nicht rechts-radikal. Das alles wollen sie mit ihren Shows, ihren Texten und ihrer Musik vermitteln, ohne moralisch zu werden, ohne Rezepte anzubieten auf charmante, unaufdringliche Art, und nicht ohne sich über sich selbst lustig zu machen. Nicht von ungefähr erinnert mich das ein bisschen an die hier in einer früheren Ausgabe vorgestellten United Aliens, mit denen sie eine ähnliche Einstellung und gemeinsame Aktionen verbinden.

Bleibt noch, die Band kurz vorzustellen: die ter ist Sängerin und Kompositeuse und gibt der Basisdemokratie den entscheidenden Schlenkerer, das tom spielt Schlagzeug und textet, die adele spielt Bass und Schifferklavier und ist schön, aber nicht dumm, und der josh spielt die Gitarre, die Djembe, singt und schreibt Songs. Doch damit nicht genug: Brüderchen ist der Sozialpädagoge der Band (ja, Leute, diese Band hat einen eigenen Sozialpädagogen!) und sorgt fürs Catering, die strenge Schwester Ursula managt die Gruppe und den Kaffee, und Nobabe, dessen Künstlername mich ins Grübeln gebracht hat (hat er keins? ist er keins? will er eins? sagt er immer: no, b), sorgt für fetten Sound, und das neben Management und Produktion. Monomania ist ein lebender Organismus, meint die ter, mal hat er vier, mal acht, mal 13 Füßchen, ist ein Magnet für Menschen, die gern gute Musik und lustige Sachen machen (verkleidet!), bringt sie zusammen, löst sie wieder auf

Als ich mich nach drei Stunden verabschiede, sind alle immer noch am Basteln, Sticken, Backen, Musizieren, konzentriert und ganz bei der Sache. Lieb, irgendwie. Und auch wieder nicht. Als die strenge Schwester Ursula meint, dass fürs Merchandising die Spermaproben der Bandmitglieder noch fehlen, bin ich beruhigt: Die DVD heißt nicht umsonst Whats wrong with these people?

Anarchistische Omama-Rumkugeln habe ich auch gekostet.

Infokasten:

24. 12. 2007, 21 Uhr: (schein-)heiliger Abend mit Monomania

Luftbad, Luftbadgasse 17, 1060 Wien, www.luftbad.at

5. 2. 2008, 20 Uhr: Monomania sind beim 3-Tages-Festival Legenden sterben nicht im Bett die Stars des Abends

3raum-anatomietheater, Beatrixgasse 11, 1030 Wien, www.3raum.or.at

Kontakt und Bezug von Tonträgern und DVD: www.monomania.at, monomania@gmx.at

Zum Anschauen und Anhören: www.monomania.at/musikundfilm.html

Monomania auf myspace: www.myspace.com/superkunst

Artwork: Eduardo Roca Silva, www.eduardoroca.es