Sachen von FrauenArtistin

Neues aus dem Wienmuseum

Das Wienmuseum zeigt einen Ausschnitt dessen, was in den letzten Jahren an feministischer Kunst und an Gegenständen in die Sammlungen aufgenommen wurde, die den Alltag von Frauen beschreiben. Darunter finden sich Entwürfe für den Neubau des Museums selbst, frühe Modelle von Damenbinden und: drei einst für den Augustin gefertigte Illustrationen von Magdalena Steiner.

 

Foto (Lisa Bolyos): Sgraffito nach einem Entwurf von Hermine Aichenegg – Wohnhausanlage 14., Lenneisgasse 4-8

Thomas Bernhard sitzt auf einer Parkbank, ein Sackerl in der Hand, der darauf abgebildete Totenkopf lässt keinen Zweifel am Inhalt. Bernhard füttert mit hämischem Grinsen Rabenvögel, die auf ihren Vogelköpfen Hakenkreuzkapperl tragen. «Thomas Bernhard: «Heldenplatz» oder «Gemma Nazis vergiften im Park», 1988», steht darunter, gezeichnet: Win. Hinter dem unbescheidenen Kürzel steht Winnie Jakob (1927-2012), eine der raren berühmten Karikaturistinnen der zweiten Republik. «Seitdem Sie mich karikieren, bekomm ich keinen einzigen Heiratsantrag mehr», soll Karl Böhm schmähhalber gesagt haben – andere nahmen ihr das Handwerk übler, etwa Böhms Berufs- und Gesinnungskollege, der von der Gabe der Selbstironie völlig befreite Karajan, der sie beleidigt von den Orchesterproben ausschloss, in die sie sich der Zeichenübung halber setzte.

 

Jakob hat, Fußnote, übrigens Kasperl, Krokodil und Konsort_innen für den Kinder-ORF entworfen. Auch das erfährt, wer die Ausstellung «Neu im Museum: Frauensachen» im zweiten Stock des Wienmuseums besucht.

Augustin = Kunst


Ein wenig versteckt ist sie, ohne viele Wegweiser, und es ist nicht ganz klar, ob die fehlende Sichtbarkeit Teil des Konzepts ist oder sich die (vielen) beteiligten Kurator_innen den Platz im Haus erkämpfen mussten. Im Gästebuch liest sich einer der vielen Einträge dann auch sinngemäß: «Wieso ist die Ausstellung über Frauen so gut versteckt? Nicht einmal Plakate im Eingang, wundern sich drei Frauen.»

 

In einem Raum von überschaubarer Größe sind Exponate aus den Kunstsammlungen und in sieben Vitrinen Gegenstände ausgestellt, die den Alltag von Frauen und darüber geführte Debatten dokumentieren oder symbolisieren. Da finden sich zum Beispiel zwei Büsten mit Schal und Kopftuch, die «das Kopftuch» als eines der meistdiskutierten Objekte darstellen – ob es nun um Frauenrechte, Feminismus oder antimuslimischen Rassismus geht. In einem anderen Schaukasten ist Hausarbeit das Thema, gegenüber die sich wandelnde Selbstverständlichkeit, mit der Frauen Gebrauch von Fahrrädern machten, dann eine Vitrine zum Thema «Mutterschaft».

 

An den vier Wänden rundherum erzählen Exponate aus den Kunstarchiven des Hauses nicht nur von der künstlerischen Produktion von Frauen, sondern auch von feministischen Positionen, die mit feinem (oder auch unfeinem) Humor ihre Forderungen und Befunde in zweidimensionalen Formaten unterbringen. Etwa Nilbar Güre? mit ihrer Arbeit «Yol Ayr?m? (Junction)». Auf einer großformatigen Farbfotografie stehen zwei Frauen an einer Weggabelung und tragen gemeinsam ein Kopftuch – das der entsprechenden Dehnung standhalten muss. Wohin wird’s gehen?, ist die verbildlichte Frage, die die Spannung zwischen Althergebrachtem und Neuerkämpftem aufreißt: Das wird knapp, könnte man da denken, oder aber: Schau an, das geht sich ja aus …

 

Auch der Augustin ist bereits Teil der (künstlerischen!) Sammlung des Wienmuseums – vertreten durch die langjährige Backcover-Illustratorin Magdalena Steiner, die 2007 mit ihrer bildlichen Interpretation zu Robert Musils «Der Mann ohne Eigenschaften» gestartet hatte. Drei Augustinrückseiten (natürlich im Steiner’schen Original) gerahmt an einer Museumswand – das gibt was her. Auch wenn die Musealisierung uns sanft darauf hinweist, dass wir nicht jünger werden.

Künstlerische Baustellen


Die Ausstellung betont die Teilhabe von Frauen in der bildenden Kunst. Wenn es in manchen Bereichen auch nur ganz wenige Künstlerinnen gibt, die es in den für Männer vorgesehenen Strukturen schaffen durften, es gibt sie!, ist die Erzählung, die auch davon spricht, wie rau die Winde wehten, gegen die sich etwa Eugenie Pippal-Kottnig als Architektin (ausgestellt sind ihre Entwürfe für den Wettbewerb zum Neubau des Historischen Museums der Stadt Wien/Wienmuseum und zur Neugestaltung des Donaukanals) oder Florentina Pakosta als Zeichnerin zur Wehr zu setzen hatten: Pakosta habe ihre Alltagsskizzen in den Gasthäusern um den Praterstern nur fertigen können, indem sie entweder die Pöbeleien anwesender Männer in Kauf oder sich zum Selbstschutz einen Freund mitnahm.

 

Auch Hermine Aichenegg ist so «eine von wenigen» – ihr Entwurf zu einem Sgraffito im Rahmen des Programms «Kunst am Bau» in den 1950er Jahren wurde in der Lenneisgasse im 14. Bezirk umgesetzt (siehe Abbildungen). Einzig die Verbindung zwischen den Vitrinen und den Kunstwerken geht ein wenig ab – im Schaukasten «Frauen im Nationalsozialismus» wird zwar von (deutschen, teilnehmenden) Frauenbildern im NS gesprochen, aber wer von den damals schon erwachsenen Künstlerinnen davon profitiert hat oder sich zumindest nicht stören ließ, bleibt unklar und ob mancher Lebensdaten ein unangenehmes Rätsel. Aichenegg etwa war nach ihrem Studium an der (für die streberhafte Partizipation am NS bekannten) Akademie der bildenden Künste in Wien Planzeichnerin am Militärgeographischen Institut – «kriegsdienstverpflichtet», wie es in allen Einträgen zu ihrer Biographie heißt.

Ihre Penzinger «Kunst am Bau» verewigt die Baustelle im Alltag, Feminismus ist ihr dabei keiner passiert. Aber wir schreiben auch das Jahr 1953, von der Zweiten Frauenbewegung, die nach jahrzehntelanger Einöde an die Erste anknüpfen sollte, ist noch kaum was zu spüren. In der Vitrine beim Eingang liegen Schwarz-Weiß-Abzüge von Demonstrationen zum internationalen Frauentag und zum Recht auf Schwangerschaftsabbruch aus den 1980er Jahren. Am diesjährigen 8. März gibt es um 10 Uhr eine Sonderführung durch die «Frauensachen».

«Neu im Museum: Frauensachen»

30. Jänner bis 23. März

Wien Museum Karlsplatz, Karlsplatz 8, 1040 Wien

Di.-So. und Feiertag, 10-18 Uhr

1. Sonntag im Monat: Eintritt frei

8. März, 10 Uhr: Themenführung von Susanne Breuss, Gerhard Milchram und Elke Sodin