Augustin 268 - 02/2010

Ja. Was ist los mit diesem Land

Das immer gleiche Procedere. Von Peking bis Vancouver. Städte rüsten sich für ihre Olympiaden. Sie operieren sich ihre Falten weg. Die Falten der Stadt das sind z.B. die Obdachlosen. Die Falten der Olympia-Region das sind die Indigenen, die um ihr Land betrogen wurden. Unsere MitarbeiterInnen Elke Krasny (Seite 10) und Jürgen Plank (Seite 11) berichten aus Vancouver.

In Wien herrscht immer Olympiade. Die Anti-Falten-Operationstische sind immer in Betrieb. Zum Beispiel in der Form von Abschubgefängnissen, in denen man Menschen hält, die keines Verbrechens schuldig sind. Als die Innenministerin Internierungshaft für Asylsuchende ankündigte, platzte Gerald Bast, Rektor der Universität für angewandte Kunst, der Kragen: «Was ist los mit diesem Land? Was muss noch passieren in diesem Land, bevor alle Dämme brechen?Zur Beantwortung des ersten Teils der Frage können wir beitragen. Ein pakistanischer Flüchtling schildert (Seite 6) die Kette der Demütigungen, die er und seinesgleichen in der Schubhaft zu ertragen haben, und der Psychiater und Filmemacher Houchang Allahyari («Bock for President») nimmt zu den von den Immigrationsbehörden in Kauf genommenen Flüchtlingsselbstmorden Stellung (Seite 7).

Was ist los in diesem Land? War es vorgestern oder gestern, als man sich noch nicht vorstellen konnte, dass eine Person wie Martin Graf mit SPÖ-Stimmen zum 3. Nationalratspräsidenten ernannt wird und dass eine Person wie Heinz Fischer, Bundespräsident, darob gelassen bleibt: «Die Funktion des Dritten Nationalratspräsidenten wird manchmal zu Unrecht als die viertwichtigste Funktion im Staat bezeichnet. Nach dem Protokoll ist der Dritte Nationalratspräsident nicht einmal die Nummer 30 im Staat» (Fischer im Standard-Interview). Jene fünf Nationalratsabgeordneten, die eine Demonstration gegen den Ball der Graf’schen Burschenschaftler (Seite 14) anmeldeten, weil der längst zum zentralen Stelldichein des europäischen Ultrarechtspopulismus geworden ist, wären dann über den Daumen gerechnet nicht einmal die Nummern 3000 bis 3004 im Staat. Denn die Demo ist kurzfristig durch eine Änderung der von der Polizei verhängten Bannmeile alternativlos untersagt worden: ein klarer Fall von Aushebelung der Versammlungsfreiheit (Seite 13). Während Hassprediger und Holocaust-Verharmloser für ihre Versammlung den edelsten Raum der Republik kriegen.

Fehlt nur noch, dass man als Landfriedensbrecher angezeigt wird, wenn man eine von der Nicht-einmal-Nummer 30 unerwünschte Demo anmeldet. Und was dann, nach dem Demoverbot in der Nacht vom 29. zum 30. Jänner 2010 geschah, die 673 Anzeigen wegen unerlaubten Demonstrierens, die stundenlange Einkesselung hunderter Menschen bei Minusgraden, das Verbot jeder Notdurftverrichtung außerhalb des Kessels, das Grinsen Beamten bei ihren Schlagstockorgien, die «Landfriedensbruch»-Anklage gegen unbeteiligte Augenzeugen, die Gleichschaltung der zu Polizeimitteilungsblättern gewordenen Medien Was dann geschah, verleitet uns zur Frage: Was steht uns als nächste Steigerungsstufe ins Haus?

Bitte keine Olympiade, weder im Sommer noch im Winter, Frühling oder Herbst.

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