Augustin 385 - 03/2015

Die Ewigkeit währt 92 Folgen

«Mit einer mutigen Aktion sorgt die Obdachlosen-Zeitschrift Augustin derzeit für Wirbel in der heimischen Medien-Landschaft. Schonungslos deckt das kleine Blatt die Machtverflechtungen der Raiffeisengruppe auf – eine Aufgabe, vor der weit größere Medien bislang zurückgeschreckt hatten. Manche auch deswegen, weil die Raiffeisengruppe direkt an ihnen beteiligt ist und – angeblich – bis in die Chefredaktionen hineinregiert. (…) Es musste also erst der kleine Augustin kommen, um diese Zustände aufzuzeigen.» Mit dieser Hommage überraschte uns die «Kronen Zeitung» im Oktober 2011.Den «Standard», der zum selben Thema sich um ein Mehrfaches ausführlicher beschäftigte, amüsierte der Vergleich Konrads (damaliger Raiffeisen-Boss) mit Lenin: «Der Mischkonzern habe seine genossenschaftlichen Prinzipien über den Tisch geworfen, funktioniere viel eher nach Vorbild des Sowjet-Kommunismus. Eine Clique setze sich wechselseitig in Vorstände und Aufsichtsräte der zahlreichen Konzernteile und entscheide für sich selbst. Auch die enge personelle Verknüpfung mit Bauernbund und Landwirtschaftskammer, vom Augustin sarkastisch Dreifaltigkeit genannt, verhindere die für einen so mächtigen Konzern notwendige Transparenz.» Laut Augustin gebe es keine einzige Landesregierung, mit Ausnahme von Wien, die nicht von Raiffeisen beschickt sei.

Von Hinz bis Kunz wurde die Innovation des Augustin-Journalismus, die Etablierung einer ständigen Raiffeisen-Monitoring-Rubrik, wohlwollend registriert. Nicht unbeeinflusst vom Fetisch der Superlative suggerierten die Augustin-Macher_innen damals, die Serie werde nie enden wollend sein – es sei denn, die kapitalistische Krise, in Kombination mit den Nadelstichen des Augustin, befreie den Konzern von seiner in Österreich beispiellosen Machtstellung. Mit der vorliegenden Ausgabe wird sie doch enden (eine Bilanz der mehr als 90 Folgen lesen Sie auf Seite 6). Darum herrscht wohl Erklärungsbedarf. In aller Kürze: Es mangelt nicht an einflussreichen wirtschaftlichen Subjekten, die ebenso wie die Raiffeisengruppe die Aufmerksamkeit der leidenschaftlichen Kapitalismuskritiker_innen aus journalistischen dem Mitarbeiter_innenpool des Augustin verdienen. Speziell die Verflechtungen von gemeinde- und sozialdemokratienahen Firmen mit der Wiener Rathauspolitik sollten aus dem Status der Intransparenz gerissen werden. Der bevorstehende Verkauf «unseres» Donauturms an einen Privatinvestor ist da noch die harmloseste unter den Kapitalbewegungen, die fast «gesetzmäßig» auf eine Umverteilung von unten nach oben zielen – oder von öffentlich zu privat. «Wiener Wirtschaft» wird die neue Rubrik, ab Ausgabe 386, heißen – und Raiffeisen ist keineswegs aus dem Schneider, versprechen die Protagonisten Martin Birkner und Clemens Staudinger.

Eine weitere ständige Kolumne ändert ab vorliegender Ausgabe ihr Profil. Unser urbanistischer Streifen am Rande der Seite 17 – «Nachbarinnenstadt» – wird von jetzt ab von vier Personen betreut. Zu den bisherigen Autorinnen Martina Handler und Wencke Hertzsch gesellen sich die beiden «Karenzpapas» Klaus Federmayr und Christoph Parzer, die sich allerdings die jeweils dritte Kolumne teilen. Denn ein Übermaß von Fleiß ist bekanntlich der Qualität der Karenzzeit keineswegs zuträglich …

Das Märchen von Hartz IV

eingSCHENKt

Ein Schuhputzer am Bahnhof, eine Bäckerin, ein Sänger und ein Bub aus Afrika. Im Film «Le Havre» des Regisseurs Aki Kaurismäki erzählen sie ihre Geschichte von unten. Aufmerksam, verzweifelt und widerständig. Ein Märchen?«Immer mehr Menschen werden ü… weiterlesen

Quereinstieg zur rechten Zeit

20 Jahre Augustin: «Sauschlachten», das dritte

Die Wucht des Applauses lässt die noch etwas schüchterne Theatercrew des Augustin ein wenig desperat aussehen, so viel Zustimmung war noch nie – gut, dass die Laiendarsteller_innen, die eben noch eine große faschistelnde Bauernfamilie gespielt haben,… weiterlesen

Tausche Wohnung gegen Schrebergarten

Augustin-Verkäufer Peter

Ich habe einige Jahre auf der Donauinsel gelebt. In einer kleinen Clique von vier Sandlern, die sich primitive Holzhütten errichtet haben. Walter, neben Falke und Roman einer aus diesem Quartett, ist handwerklich sehr geschickt gewesen. Aus Ästen hat… weiterlesen

Wo bitte geht’s zum Dialog?

Pseudo-Bürger_innenbeteiligung Flughafen Wien: Die dritte Piste ist tabu

Ob alpendurchstoßende Tunnels oder landschaftsfressende Autobahnen: Großprojekte im Verkehrsbereich kommen keinen Bescherungen für mobile Menschen gleich, lösen keines ihrer Zeitprobleme. Vielmehr handelt es sich um Umverteilungsmaschinen: Die öffent… weiterlesen

Schreiben gegen den Kapitalismus

Raiffeisen bleibt unter Beobachtung – aber nicht mehr exklusiv …

91 Mal hat der Augustin in dieser Serie über die Tätigkeiten der österreichischen Raiffeisengruppe im In- und Ausland berichtet. Heute, in Folge 92, haben wir eine wichtige Mitteilung für Sie: Wir erweitern unseren Fokus: Künftig finden Sie hier an g… weiterlesen

Geht’s mich was an: Mikl-Leitner greift den Rechtsstaat an

Eigentlich ist es ja nichts Neues; wir haben das schon viel zu oft erlebt: Eine Polizeiministerin, im Bund mit fremdenfeindlichen Elementen in der Beamtenschaft, in den Medien und in der Politik, arbeitet daran, den Rechtsstaat abzuschaffen. Oh ja, d… weiterlesen

Freitag, 13. März, 13 Uhr: Pflückpoesie statt City-Branding

«Die-Stadt-gehört-uns»: Der Slogan war vor vier Jahrzehnten noch niemandem geläufig, auch nicht dem Wiener Zettelpoeten Helmut Seethaler. Mit 21 Jahren startete der Dichter, als absoluter «Solist», sein persönliches Projekt zur Aneignung des öffentli… weiterlesen

Kaiserwiese zurückerobern?

Im Eingangsbereich des Wiener Praters wildert das große Geld

Die Dorfstürmer, Die Ötscherbären, Nordwand, Die Edlseer … Lederhosenträgerbands des kommenden Wiener Wiesnfestes im Herbst 2015. Diese Veranstaltung am Rande des Praters ist ein Teil der neuen Stadteventindustrie, die öffentliches Grün in eine Kom… weiterlesen

Kulturzone Aspern?

Zwischen Gemeinschaftsgarten und Baustelle wird Kunst gepresst

Endstation U2: Seestadt Aspern. Der 22. Bezirk verspricht einen Wohn- und Kulturhotspot. Hier ist nichts, nur Zement, beschreibt Nina Prader.

Foto: Christian Bauer

Ein Container mit der Aufschrift: ««Salotto Vienna» bringt Kultur in die Seestadt… weiterlesen

O-Töne begleitend zum (Foto-)Projekt «Häuslbauer»

Folge 2 von 3 – Herbert K.

Der Fotograf und Sozialarbeiter Simon van Hal holte obdachlose Menschen für seine Fotoserie «Häuslbauer» nicht nur vor die Kamera, sondern auch vor das Mikrofon.
Woher stammen Sie? Ich komme aus Kärnten.

Darf ich fragen, wie alt Sie sind?
Ich… weiterlesen

Unsere LiteratURgesteine

20 Jahre Augustin: Jahrgang 1999 – Vom Verschwinden des Clochards

Seit sieben Jahren campierte der Falke – so wurde der Clochard von seinen Bewunderern genannt – in einem Zelt auf der Donauinsel. Der heimliche Bürgermeister des «Augustindörfls». Das Geheimnis seiner Autorität bestand darin, dass er auf der Insel mi… weiterlesen

Living Their Lives

Musikarbeiter unterwegs … zu Punx und Fahrrädern

Im Dezember 2012 begann die Arbeit am Debüt-Album des Wiener Punk-Quartetts Demenzia Kolektiva. Endlich erschienen, punkrockt es phantastisch!

Foto: Mario Lang

Am Freitag, dem 20. 2. machte sich FPÖ-Gemeinderat Mag. Wolfgang Jung per Presseausse… weiterlesen

Gebühren zahlen und kuschen?

Das Funkhaus ist so schlecht wie verkauft – wo bleibt dann Ö1?

Was da von der Argentinierstraße bis zum Küniglberg weht, ist noch nicht der große Sturm der Entrüstung, aber so ein Hauch von Zwentendorf bis Hainburg ist das schon. Und er nimmt stündlich an Fahrt auf. Erich Félix Mautner über den Kampf ums Funkhau… weiterlesen

«Ich nichts Zappzarapp machen!»

Auch Bettler und Straßenmusiker haben ihren Stolz. Ein Bettler-Blues aufs Schlaraffenland.

Friedlich sitzt der alte Mann mit der hohen Russenmütze auf einem Bankerl beim Westbahnhof. Neben ihm steht sein Akkordeon. Drei junge, eifrige Polizisten umrunden ihn: «Personenkontrolle!» Und zu einem Zuschauer: «Nein, wir haben jetzt gerade nichts… weiterlesen

Im Winter

Winter ist
es ist kalt
nasses trübes Nebelkalt
auf den hohen Bäumen
verharren die Krähen auf den Ästen

Das Krächzen der Krähen
auf einmal werden die Krähen zu einem Schwarm

nein
einer Verdichtung der Krähen in der Luft
Schwarzer Fle… weiterlesen

Gefühlsüberwältigung im Künstlerhaus

Aus der KulturPassage

Der Augustin feiert sein 20-jähriges Bestehen, und das Gros der Verkäufer_innen besteht seit geraumer Zeit nicht nur aus obdachlosen Österreicher_innen (inzwischen haben die meisten ein Dach über dem Kopf), sondern auch aus Schwarzafrikaner_innen, Bu… weiterlesen

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