Die Mutter aller Fragen und was in Klagenfurt dabei herauskommtDichter Innenteil

Herr Groll auf Reisen. 262. Folge

Herr Groll wollte den Dozenten auf eine Shapu-Shapu-Suppe in einem Gastgarten vor dem Landgasthaus einladen. Bei Temperaturen über fünfunddreißig Grad empfehlen Ärzte scharfe Speisen, und die Shapu-Shapu-Suppe im Restaurant «Mimi» zähle zu den schärfsten ihrer Art.

Foto: Mario Lang

Die Würze rege zum Transpirieren an, den damit verbundenen Flüssigkeitsverlust könne man wiederum durch einen großen Teller Suppe wettmachen, die Schärfe würde aber nach mehr Flüssigkeit verlangen, und so könne die Suppe zu einem existenziellen Grenzerlebnis führen.

Eine seltsame Umschreibung für einen Kreislaufkollaps, hatte der Dozent geantwortet.

Zwei Behindertenparkplätze beim Stadttheater waren verparkt, in der Windschutzscheibe des einen Autos, das Kennzeichen verwies auf Cremona, befand sich ein Behindertenausweis. Das mächtige SUV mit dem Kennzeichen Villach-Land konnte mit einem Ausweis des Golfclubs Moosburg nicht mithalten.

Sie erkundeten einen weiteren Behindertenparkplatz am Domplatz. Auch der war verparkt, von einem Cabriolet mit dem Kennzeichen KL, Klagenfurt-Land. Wie der Dozent feststellte, wies der Wagen einen Behindertenausweis auf. Neben dem Cabriolet war aber eine Parklücke frei. Sie luden den Rollstuhl aus, der Dozent baute ihn zusammen, während dessen Groll in die Parklücke vorstieß. Dann zwängte Groll sich mit Ächzen und Flüchen auf die Rücksitzbank und ließ sich von dort über die umgeklappte Sitzbank vom Dozenten in den Kofferraum ziehen. Der Transfer auf den Rollstuhl ging dann leicht von der Hand. Einige blaue Flecken, eine Schürfwunde und einen Riss in Grolls Hemd mussten als Kollateralschäden abgeschrieben werden.

Als Groll im Rollstuhl saß und seine Glieder sortierte, wurde er einer jungen Frau ansichtig, die in einer schmucken blauen Uniform steckte. Sie hatte Grolls Manöver beobachtet.

Ob sie denn auch die Behindertenparkplätze kontrolliere, fragte Groll. Dazu sei sie nicht berechtigt, erwiderte die Frau, da müsse man sich an die Beamten vom Ordnungsamt* wenden. Sie sei vom Österreichischen Wachdienst, der im Auftrag der Stadt Parkscheine kontrolliere. Der Dozent dankte höflich und fragte, woran man denn die Beamten des Ordnungsamtes erkenne. An ihrer dunkelblauen Uniform, erwiderte die Frau und ging ab. Wenig später befanden Herr Groll und der Dozent sich auf dem alten Platz und strebten dem Landhaus und «Mimis» Shapu-Shapu-Suppe zu.

Vor der Apotheke des ehemaligen Stronach-Mandatars Doktor Auer stießen sie auf einen gutaussehenden jungen Mann in einer engen dunkelblauen Uniform. «Schmuck wie ein Carabinieri in Florenz», meinte Groll zum Dozenten und fuhr auf den Ordnungshüter zu. Ob er vom Ordnungsamt der wunderschönen Landeshauptstadt sei.

«Sieht man das nicht?», antwortete der und wippte auf Zehen und Fersen. Ob er den Herren behilflich sein könne. Er richtete den Blick aber nur auf den Dozenten.

«Sagen Sie dem Organ, dass wir keine Hilfe benötigen», sprach Groll zum Dozenten.

«Wir brauchen keine Hilfe», sagte der Dozent.

«Doch!», rief Herr Groll plötzlich. «Wenn Sie vom Ordnungsamt der Stadt sind … Kontrollieren Sie auch die Behindertenparkplätze?»

Sein Dienstauftrag umfasse alles Mögliche, beschied der Uniformierte, die Kontrolle der Behindertenparkplätze falle nicht darunter. Das sei Aufgabe der Polizei. Er nickte kurz und entfernte sich mit schnellen Schritten.

Nun ging Herr Groll aufs Ganze. Er näherte sich einem Polizisten, der vor dem Landhaus Aufstellung genommen hatte und unterbreitete auch diesem die Mutter aller Fragen. Freundlich und entgegenkommend erklärte der Beamte, der die Kappe abnahm und dabei seine mit Schweißperlen übersäte Glatze präsentierte, dass die Polizei von dieser Aufgabe entbunden sei, diese Agenden seien vom Österreichischen Wachdienst und vom Ordnungsamt der Stadt übernommen worden. Der Polizist beugte den Kopf und fügte zu Groll gewandt hinzu, dass es wenig sinnvoll sei, die Behindertenplätze zu überwachen, denn diese seien jahrzehntelang von den Amtsärzten äußerst freizügig vergeben worden. Sie zählten in Kärnten quasi zur Normaustattung eines PKWs. Der Polizist lächelte zufrieden.

«Sehen Sie, so neutralisiert eine Sauerei die andere», sagte Groll wenig später zum Dozenten, als sie in Mimis Gastgarten saßen.

«Es scheint, als wären Sie darüber froh», meinte der Dozent.

«Ist es Wahnsinn, so hat es doch Methode», erwiderte Groll und setzte sich zurecht, denn Frau Mimi erschien mit zwei großen Tellern dampfender Suppe.

* Das Ordnungsamt wurde Ende 2013 auf Initiative des damaligen Klagenfurter Bürgermeisters Scheider (FPÖ) eingeführt.