Ein schönes Stück Stadttun & lassen

Die Privatisierung des öffentlichen Raumes schreitet voran

OeffentlicherRaum.jpgDie Stadt gehört dir, lautet ein einprägsamer Werbeslogan der Wiener Linien, und fälschlicherweise glauben viele Menschen, sie wären mit diesem dir angesprochen. Dabei sind es nur einige wenige, die damit gemeint sind. Diese allerdings können mit behördlicher Unterstützung rechnen, wenn sie sich ein Stück Stadt aneignen wollen, ohne nennenswert dafür bezahlen zu müssen. Ein kleiner Spaziergang durch den Wiener Alsergrund belegt an drei beinahe unscheinbaren Beispielen, wie leicht das funktioniert.

Am Julius-Tandler-Platz, unmittelbar vor dem Franz-Josefs-Bahnhof, dort wo 40.000 NiederösterreicherInnen täglich einpendeln, hat sich McDonalds ein schönes Stück Land gesichert, um im Sommer Laberln und Kaffee zu verkaufen. Dafür wird eine minimale Miete bezahlt und mit privaten Securities, einer günstig gelegenen Wachstube und einer eigenen SozialarbeiterInnen-Abteilung abgesichert, dass das Geschäft auch läuft. Um diesen Raum nachhaltig anzueignen, wird genau das Gastgartenareal auch im Winter abgesperrt, um dort nicht Schnee räumen zu müssen, wie ein Beamter der Wachstube bereitwillig erklärt. Eine wahrhaft bizarre Einschränkung, die Tausende zu kleinen Umwegen zwingt und mit behördlichen Maßnahmen die Öffentlichkeit auf die sommerliche Privatheit des Bahnhofsplatzes vorbereitet.

Eine Spur eleganter hat sich Ossi Schellmann eine ganze Nebenfahrbahn der Kolingasse gekapert, um für sein Café Stein einen repräsentativen Schanigarten zu errichten. Seine persönliche politische Nähe zum damaligen Bezirksvorsteher Benke hat ihm nicht wirklich geschadet, und kaum jemand merkt, dass dort jemals eine öffentliche Fläche war. Er muss den Garten im Herbst nämlich nicht, wie viele andere WirtInnen, abbauen, sondern kann mit Sondergenehmigung seinen Krempel auch im Winter stehen lassen. Dass der gute Mann dann auch noch dafür gelobt wird, den Donaukanal mit der Summerstage zu beglücken, dort Autos und andere Freizeitutensilien zu Werbezwecken platziert, kann ihm niemand zum Vorwurf machen, wenn die Bezirksvertretung stolz darauf ist, dies als Freizeitangebot für alle anzupreisen. Konsumzwang herrscht dort keiner, es wird ja niemand gezwungen, dort hinzugehen.

Der Türkenstraßenpflasterkrimi

Diese zwei Beispiele folgen noch der anerkannten Logik, dass der Laberlverzehr und das Proseccoschlürfen eigentlich öffentliche Aktivitäten und der Konsumkreislauf das Schmieröl unseres gesellschaftlichen Reichtums sind.

Das dritte deutet an, dass auch feudale Sehnsüchte noch nicht ganz erloschen sind. Am 2. Oktober 2008 feierte die Kommunalkredit überschwänglich ihren 50. Geburtstag. Die Türkenstraße war vier Tage für ein rauschendes Fest gesperrt, ein Musikstück wurde extra komponiert, 800 GästInnen jubelten über die Entwicklung der Bank. Ex-Kommunalkredit-Managerin Claudia Schmied, die sich jetzt als Unterrichtsministerin verdingt, meinte am Fest: Der Zug zum Tor zeichnet die Kommunalkredit aus. Diese Woche wurde klar, dass die Bank das Jahr 2008 mit 2,66 Mrd. Verlust bilanzierte und gegen Schmied und 21 andere Personen eine Anzeige wegen fahrlässiger Krida und Untreue läuft.

Im allgemeinen Freudentaumel wurde damals in der Türkenstraße unmittelbar vor dem Zebrastreifen zur angrenzenden Schule die Straße aufgerissen und in mühevoller Kleinarbeit das Logo der Kommunalkredit und der Schriftzug Kommunalkredit mit Kopfsteinpflaster in die Straße eingelegt. So wie früher Gönner der katholischen Kirche ihren Namen auf vergoldeten Messingschildern für ihren privaten Sitzplatz im Dom anbringen durften, prangt in der Türkenstraße auf zwei mal drei Metern das Logo einer Pleitebank auf einer öffentlichen Straße. Wie läuft so was eigentlich ab? Ruft da die Unterrichtsministerin die Bezirksvorsteherin an und sagt: Geh weida, mach ma die Freude, das wär ein schönes Geschenk, oder tagt da eine der unzähligen Kommissionen im Magistrat und beschließt, dies wäre ein echtes Stadterneuerungsprogramm? Die Bezirksvorsteherin Malyas und vier möglicherweise zuständigen Magistratsabteilungen konnten oder wollten keine Auskunft geben, wie diese Pflasterung beschlossen und durchgeführt wurde, oder zeigten sich ob der vorgelegten Fotos sogar überrascht. War es vielleicht gar ein anarchistischer Akt der vom bevorstehenden Untergang bedrohten Bankführung?

Der Augustin wird dem Pflasterkrimi jedenfalls weiter nachgehen und darüber berichten. Zweckdienliche Hinweise werden von der Redaktion streng vertraulich behandelt.