Es ist verboten zu gehorchen: Augustin hatte gute Tipps fürs Lebentun & lassen

... und bitte seid weniger normal

Seit 2006 wird im Gymnasium Kundmanngasse im 3. Bezirk jährlich der «Tag der Zivilcourage» abgehalten, eine löbliche Initiative des Elternnetzwerks, deren provisorische Operationszentrale im Foyer der Mittelschule den Eindruck erweckt, als seien nur die weiblichen Elternanteile für ehrenamtliche Arbeit zur Propagierung zivilcouragierten Verhaltens zu gewinnen. Diese Elterninitiative, von der Direktorin akzeptiert und begrüßt, hat für die workshopdominierten Halbtagesprogramme, die sich über sämtliche Schulklassen ausbreiten, zum vierten Mal auch den Augustin eingeladen.

Foto: Andreas Hennefeld

Der kam diesmal mit dreiköpfiger Delegation in die Schule, begann die Erläuterungen über die Notwendigkeit der Zivilcourage mit dem Hannah-Arendt-Zitat «Es ist verboten zu gehorchen» und beendete den Vormittag, der sich aus Diskussion in der Klasse plus «Feldforschung» im öffentlichen Raum zusammensetzte, mit einem kleinen Wunsch an die Adresse der Schüler_innen der 7c: Bitte seid weniger normal!

Die augustinischen Vortragenden in Sachen Zivilcourage und zivilen Ungehorsams versuchten an Hand des Beispiels des Wiener Zettelpoeten Helmut Seethaler zu zeigen, wie sich die Kunst der unentwegten symbolischen Normüberschreitung in ein Alltagsleben integrieren lässt. Die Normüberschreitung ist nicht das Ziel, sondern ein «provokantes» Mittel, auf bedrohte menschliche Grundwerte aufmerksam zu machen; in Seethalers Fall sind das die Werte der Freiheit der Kunst, der freien Meinungsäußerung und des Rechts auf freie Benutzung des öffentlichen Raums. Die Schüler_innen der 7c des Gymnasiums Kundmanngasse «plagiierten» im Zentrum des Rochusmarktes, nahe ihrer Schule, Seethalers Methode der Anbringung von «Gedichten zum Pflücken». Sie lernten dabei beide Gesichter der Hauptstadt kennen. Das schöne, weil viele Passant_innen sich mit der plötzlich in der Luft schwebenden Lyrik auseinandersetzten, das hässliche, weil schließlich eine betagte Wienerin die Klebebandinstallation mit dem Ruf, sie beseitige den Schmutz der Stadt, mit voller Wut zerstörte …