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Klaus Sambor kämpft auf europäischem Terrain für das Grundeinkommen für alle

Wenn Klaus Sambor aufwacht, setzt er sich mit brennender Geduld zum Computer, öffnet die Basic-income-Website und klickt auf «Statistik». Ist Griechenland immer noch so abgehängt? Ist Kroatien immer noch rasant auf Überholspur? Und wie viele österreichische Unterschriften fehlen noch, um das Limit zu erreichen? Ganz spannend wird es für Klaus Sambor in der Nacht von 14. auf 15. Jänner 2014 sein.
Den Nervenkitzel hat er sich selber eingebrockt. Der in Brunn am Gebirge lebende Pensionist ist einer der sieben offiziellen Einreicher der «Europäischen Bürgerinitiative Bedingungsloses Grundeinkommen» (BGE). Das entsprechende Gesetz, als Instrument der Demokratie von unten, war gerade erst von Brüssel abgesegnet worden. Die Europäische Kommission als Kommandozentrale der EU hatte versucht, dieses Instrument unwirksam zu machen. Ihr Vorschlag lautete, dass 300.000 Unterschriften nötig seien, um überhaupt erst eine Bürger_innen-Initiative einreichen zu können. Statt einem Beteiligungsgesetz hätte man so eine Beteiligungsverhinderungsregel geschaffen.

EU-Parlamentarier_innen wie der deutsche Grünpolitiker Gerald Häfner leisteten erfolgreich Überzeugungsarbeit in den EU-Gremien. Das Resultat dieses Engagements ist sensationell. Zum Einreichen braucht man nun nicht 300.000 Stimmen, sondern die Unterschriften von sieben gewöhnlicher Sterblichr. Sie müssen aus sieben verschiedenen EU-Staaten kommen.

Klaus Sambor ist nicht nur einer der offiziellen Einreicher der Europäischen Initiative, er ist auch ein internationaler Botschafter der Idee des garantierten, voraussetzungslosen Grundeinkommens in Österreich und ganz Europa. Bis 14. Jänner müssen eine Million Menschen aus den 28 Mitgliedsländern der EU die Initiative online unterstützt haben. Die Unterstützungen müssen freilich gut verstreut sind. Um das zu gewährleisten, sieht das Gesetz zusätzlich vor, dass in sieben EU-Mitgliedsstaaten eine jeweils festgelegte Schwelle überschritten werden muss. Für Österreich beträgt das Quotum 14.250 Stimmen. Bei Redaktionsschluss waren 15 Prozent davon erreicht.

Der ÖGB ziert sich


Als er noch im Berufsleben stand, arbeitete Klaus Sambor in der Forschungsabteilung der Telekom. «Ich war völlig unpolitisch. Meiner Frau war das nie geheuer. Sie hinterfragte den gesellschaftlichen Sinn meines Jobs, in dem ich ganz aufging. In meiner Naivität verteidigte ich mich: Ich befördere die weltweite Kommunikation, das kann doch nichts Schlechtes sein. Der Knopf ging mir auf, als ich nach einem Gipfeltreffen der (damals) G7 die Materialien eines alternativen Gegengipfels studierte. Meine Frau und ich beschlossen, uns für soziale Gerechtigkeit zu engagieren. Das füllt nun meine Pensionszeit aus. 2004 trat ich einer Attac-Gruppe bei, die sich auf die Diskussion des Grundeinkommens spezialisiert hatte. Seit dem großen Wiener Grundeinkommens-Kongress 2005 und intensiver seit dem Start der Europäischen Bürgerinitiative tingle ich durch Europa, um die Bewegung voranzutreiben», erzählt Sambor.

Kürzlich wurde er nach Bulgarien eingeladen. Dort wurde er sowohl von einem führenden TV-Sender als auch von einem Radiosender ausführlich interviewt – «etwas, das in Österreich noch nicht vorstellbar ist». In Bulgarien, schildert Klaus Sambor, entstand auch die Idee einer europäischen Kampagne für die Etablierung regionaler Pilotprojekte. Eines der Vorbilder dafür war der von der UNICEF unterstützte einjährige Grundeinkommenstest einer indischen Frauengewerkschaft in acht indischen Dörfern. Der Schulbesuch in diesen Dörfern verdreifachte sich im Vergleich mit den Dörfern der Kontrollgruppe.

Ein besonderes Anliegen Klaus Sambors ist, die Gewerkschaften in den Kampf um das BGE einzubeziehen. «Der ÖGB-Vorsitzende sagt uns, da macht die Basis nicht mit, und aus der ÖGB-Basis hören wir, die ÖGB-Führung sei der Bremser.»

Großen Auftrieb hat die Kampagne für die europaweite Einführung des Grundeinkommens durch den Triumph der Schweizer Volksinitiative für das BGE erhalten. 100.000 Unterschriften wären dafür nötig gewesen, 126.000 sind Ende September der Regierung übergeben worden. Nach dem Gesetz darf der Beratungsprozess fünfeinhalb Jahre dauern, was bedeutet, dass spätestens im Frühling 2019 die Schweiz per Volksabstimmung als vermutlich erstes Land der Welt über die Einführung eines BGE (die Rede ist von 2058 Euro im Monat) entscheiden muss.

Unterstützungserklärung: www.basicincome2013.eu

Weitere Sites:

www.grundeinkommen.at

www.globalincome.org

www.grundeinkommen.ch

Bedingungslos

Das Grundeinkommen wird als ein Menschenrecht betrachtet, das von keinen weiteren Bedingungen abhängig gemacht werden kann, weder von der Verpflichtung, eine bezahlte Anstellung anzunehmen, noch der Beteiligung an gemeinnütziger Arbeit oder dem Verhalten gemäß traditionellen Geschlechterrollen. Es wird auch keiner Grenze bezüglich des Einkommens, von Ersparnissen oder Eigentum unterliegen.

 

Hoch genug

Der Betrag sollte einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen, entsprechend der üblichen gesellschaftlichen und kulturellen Gepflogenheiten der Gesellschaft im betreffenden Land. Er sollte materielle Armut ausschließen und die Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe bieten. Das bedeutet, dass das Nettoeinkommen mindestens die Armutsrisikogrenze gemäß EU-Standard erreichen sollte. Das Grundeinkommen muss ein Leben in Würde, materieller Sicherheit und mit voller gesellschaftlicher Teilhabe garantieren.