Krank und vor dem Nichtstun & lassen

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Seit ihrer Scheidung leidet die 45-Jährige Erika S. an Depressionen und Angstzuständen. Die Firma, in der sie in der Buchhaltung gearbeitet hat, kündigte sie. Seit vielen Monaten ist die Frau wegen ihrer psychischen Beschwerden in Behandlung. Jetzt bekommt sie kein Krankengeld mehr. Entweder sie bricht ihre Behandlung ab, oder sie steht völlig ohne soziale Absicherung da.Die Vorgeschichte: Erika S.’ Pensionsantrag wurde abgelehnt. Dagegen klagte sie vor dem Sozialgericht. Früher hätte sie bis zur endgültigen Klärung des Pensionsantrags einen Pensionsvorschuss bekommen, seit der Neuregelung nicht mehr. Und mit dem Arbeitslosengeld schaut es auch schlecht aus: Eigentlich sollte sie ihre Behandlung in einer Klinik fortsetzen. Wenn sie das tut, kann sie aber nicht auf eine Arbeitsstelle vermittelt werden. Das heißt: Entweder sie bricht die dringend notwendige Behandlung ab, damit sie Arbeitslosengeld bekommt. Oder sie setzt die Behandlung fort und steht völlig ohne soziale Absicherung da.

Der Pensionsvorschuss war bisher eine finanzielle Absicherung für Menschen, deren Anspruch auf Krankengeld nach einem Jahr Bezug ausgeschöpft war. Gerade schwere Unfälle, langwierige Krebserkrankungen oder die zunehmenden psychischen Erkrankungen bringen eine längere Arbeitsunfähigkeit mit sich – nicht zuletzt auch aufgrund der langen Wartezeiten für stationäre Rehabilitation. Der früher bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Pensionsantrag gewährte Pensionsvorschuss hat diese Härtefälle aufgefangen. Seit dem vergangenen Jahr genügt eine Ablehnung des Antrags durch die Pensionsversicherungsanstalt, und mit dem Pensionsvorschuss ist es vorbei. Wer dann von seinem Recht auf Einbringung einer Klage beim Arbeits- und Sozialgericht Gebrauch macht, hat keinen Anspruch auf Pensionsvorschuss mehr. Wer auf seinen sozialen Rechten besteht, gefährdet seine finanzielle Existenz. So viel zum gleichen Zugang zum Recht für alle.

Jahrzehnte auf den Landstraßen und Autobahnen haben ihren Tribut gefordert: Der 52-jährige Berufskraftfahrer Hubert F. leidet an starken Abnützungen des Stütz- und Bewegungsapparats, die Bandscheiben sind kaputt. Ein Venenverschluss im Bein und ständige Atemnot aufgrund einer Lungenerkrankung kommen noch dazu. Der Mann geht vor das Sozialgericht, weil sein Antrag auf Invaliditätspension abgelehnt wurde. Nach einem Jahr ist der Anspruch auf Krankengeld erschöpft. Gesundheitlich ist er noch nicht so weit, dass er seinen Job wieder ausüben könnte. Obwohl er Jahrzehnte lang Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt hat, steht er ohne soziale Absicherung da. Arbeitslosengeld bekommt er nicht, weil er ein aufrechtes Arbeitsverhältnis hat. Und für die Mindestsicherung darf man keine Ersparnisse über 4000 Euro haben. Erschwerend kommt noch dazu, dass seine Frau keine eigenen Einkünfte hat und daher bei ihm mitversichert ist. In drei Wochen wird es daher für die ganze Familie richtig eng: kein Geld, keine Krankenversicherung, keine weiteren Versicherungszeiten für die Pension.

Rund um Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension, Rehageld und Begutachtung der Krankenkassa gibt es schwerwiegende Probleme. Menschen werden wieder ausgesteuert. Ins Elend gestürzt. So kann das nicht weitergehen.