Machbarkeit des Unmöglichentun & lassen

Marion Steiner und Hannes Stromberger: Fundraising für den AUGUSTIN

Marion: Soll ich euch was gestehen? Wir beide waren mächtig aufgeregt bei den ersten Gesprächen mit euren Leuten. Hannes: Ja, auch weil euer Auftrag an uns, ein Fundraising-Konzept zu erstellen und es umzusetzen, ein Traumauftrag war.

Foto: Mehmet Emir

Wir kannten den AUGUSTIN ja, nicht so sehr als Sozialprojekt, vielmehr als eines der interessantesten Medien im Land. Diesen Auftrag dürfen wir uns nicht entgehen lassen, dachte ich mir, was gibt es Besseres als eine Spendenkampagne für ein Projekt zu entwerfen, mit dem du dich hundertprozentig identifizieren kannst. Ich fürchtete: Wenn wir da nicht zusagen, meldet sich irgendein anderer, der einen Scheiß macht. Seit wir professionell unter dem Dach der Umweltschutz-NGO «Global 2000» diese Dienstleistung namens Fundraising offerieren, ist uns noch nie so ein wunderbarer Auftrag begegnet. Marion: Und wir nehmen nicht alle Aufträge an. Wenn einer aus dem Bereich der pharmazeutischen Industrie unsere Dienstleistung beanspruchen will, sagen wir Nein. Hannes: Durch unsere Gespräche mit euch und durch unsere eigenen Analysen hat sich die Zielgruppe herauskristallisiert, und die Herausforderung für uns bestand dann darin, den adäquaten Ton für die Kommunikation mit dieser Gruppe zu finden. Marion: Der Charakter des AUGUSTIN verbot es, ein Großevent anzusteuern, ein Benefizkonzert einer Rockband zum Beispiel. Hannes: Wir haben da etwas gemacht, was von Berufskolleg_innen als ganz und gar unmöglich erklärt worden wäre. Es ist unmöglich, innerhalb von zwei Monaten 333 Menschen – wir gaben ihnen den Namen «Liebhaber_innen» – zu finden, die bereit sein würden, den AUGUSTIN mit einer Einzahlung von 25 Euro pro Monat zu unterstützen. Unmöglich, hätte ein kompetenter Fundraiser gesagt. Wir wussten aber, dass wir das schaffen werden, wir wussten, dass es genügend Menschen in der Stadt gibt, die sagen: «Die Wöd in Wien war too small ohne Augustin». Schon nach drei Wochen war die gewünschte Anzahl der Liebhaber_innen beisammen, und sogar noch viele mehr, die auf die Warteliste kamen. Marion: Die Kenntnis der Tatsache. dass der AUGUSTIN keine Subventionen kriegt und auch keine kriegen will, und noch mehr der Umstand, dass es kaum Inserate in der Zeitung gibt, all das hat mitgeholfen, so eine Solidaritätswelle auszulösen. Hannes: Wenn ich nicht fundraise, bau ich ein Haus im Norden des südlichen Burgenlandes und erforsche das Leben in der Provinz. Und, da ich von der Ausbildung her Historiker bin, tauche in die frühe Neuzeit ein, zum Beispiel auf der Suche nach den Gangstern dieser Epoche, 16. Jahrhundert. Das war das Jahrhundert, in dem der Staat begann, die totale Kontrolle über seine Untertanen zu erreichen. Mich interessieren die, die sich dieser Kontrolle entzogen. Marion: Heute kann man sich nicht mehr entziehen. Es gibt kein Jenseits der Integration. Hannes: Der AUGUSTIN zeigt, dass es ein Jenseits gibt. Sein soziales Konzept stellt ja gerade die Möglichkeit, die Integration zu verweigern und trotzdem zu leben, in den Mittelpunkt. Niemand wird gezwungen, sich in die normale Arbeitswelt zu integrieren. Marion: Wollt ihr auch meine Hobbys wissen? Kochen und reiten. Nein, das war natürlich ein Schmäh. Ich mach aus Sachen, die ich finde, in meinem Atelier künstlerische Objekte. Das jüngste war eine Art künstlerische Replik auf einen Spruch, den ich irgendwo las: «Arbeit, der Heiland der Welt». Derzeit faszinieren mich Schnecken. Ich will das Wesen des Schneckenhauses ergründen. Ich denke da an eine Performance …

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