Mindestsicherung: Wo Armutsbekämpfung endet und Hartz IV beginnttun & lassen

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Das im Regierungsprogramm vorliegende Konzept ist keine Grundsicherung, sondern eine Sozialhilfereform, deren Eckpunkte noch sehr unklar sind. Drauf steht bedarfsorientierte Mindestsicherung, drinnen ist eine Reform der Sozialhilfe. Wie diese Sozialhilfe neu ausschauen wird, bleibt relativ vage.Die Erhöhung der Richtsätze auf 726 Euro bei Einrechnung von bisher extra gewährten Heiz- und Wohnkostenzuschüssen führt nicht unbedingt zu Verbesserungen. In Wien wären das 10 Euro, in Salzburg mit seinen horrenden Wohnkosten liegt die jetzige Sozialhilfe bereits über den angedachten 726 Euro.

Ist die Sozialhife neu also nur die Sozialhilfe alt?

Wir wissen es noch nicht. Es darf jedenfalls nicht bei den beschämenden Bedarfsprüfungen bleiben, bei der mangelnden Rechtssicherheit, bei der Armutsfalle „Regress und der schlechten Verfahrensqualität im unteren sozialen Netz. Wenn es keine flexiblen Schonvermögen gibt, werden neue Armutsfallen geschaffen. Wer Hilfesuchenden die letzten Ressourcen nimmt, verfestigt Armut, statt sie zu bekämpfen. Und was passiert, wenn die Zumutbarkeitsbestimmungen aus dem Arbeitslosengeld in die Sozialhilfe wandern?

All das sind die entscheidenden Details, wo Armutsbekämpfung endet und Hartz IV beginnt.

Die deutschen Hartz-Reformen haben Sozialhilfe und Arbeitslosengeld zusammengelegt und dabei die Arbeitslosenversicherung massiv geschwächt. Das ist die falsche Richtung zur Armutsbekämpfung. Das Almosensystem der Sozialhilfe gehört in ein stärker grundrechtsorientiertes Netz eingebunden, und nicht umgekehrt.

Bei Hartz können die Betroffenen auch in nicht-sozialversicherte Beschäftigungsverhältnisse gezwungen werden. Großer Aufwand, mageres Ergebnis. Die Ein-Jahres Bilanz ergab: 85% finden damit keinen Job. Weiters kam es zu 700 000 Umzugsaufforderungen in billige Wohnungen für Hartz-BezieherInnen. Ist eine sehr sinnige Maßnahme, durch die sozial durchmischte Bezirke in soziale Ghettos verwandelt werden. All das sind Ausflüsse der restriktiven Vermögensanrechnungen.

Damit das in Österreich kein Mini-Hartz wird, darf die Mindestsicherung nicht ausschließlich auf die Sozialhilfe gepackt werden. Die Sozialhilfe kann in Zukunft nicht der Staubsauger für alle strukturellen Probleme sein, die in der Mitte der Gesellschaft angelegt sind: Arbeitslosigkeit, Pflegenotstand, prekäre Jobs, mangelnde soziale Aufstiegschancen im Bildungssystem. Besser ist es präventiv zu verhindern, dass Leute in die Sozialhilfe fallen. Die Sozialhilfe wurde eigentlich nur als Instrument zur Überbrückung außergewöhnlicher Notlagen konstruiert. Von daher ist sie gar nicht geeignet, regelmäßig wiederkehrende und massenhaft auftretende soziale Risikolagen wie Arbeitslosigkeit, prekäre Jobs oder Pflege aufzufangen. Die Sozialhilfe und die Gemeinden sind damit völlig überfordert.

Armutsbekämpfung beginnt bei existenzsichernden Leistungen in der Arbeitslosenversicherung, leistbarem Wohnraum, passenden Bildungsangeboten für Benachteiligte und flexibler Hilfe durch Steuergutschriften bei working poor. Armutsbekämpfung beginnt bei bedürfnisgerechten sozialen Diensten für psychisch Kranke, niederschwelligen Gesundheitseinrichtungen und eine die Sozialhilfe entlastende Pflegefinanzierung. Armutsbekämpfung endet jedenfalls bei Hartz IV.