«Negativer Ausblick»tun & lassen

RBI: Vom «Deal of the Year» zum Rekordverlust

«Die tiefe Verbundenheit von Raiffeisen mit den Menschen gewinnt angesichts der Globalisierung eine neue Dimension: Nicht Anonymität, sondern Persönlichkeit, nicht das Bestreben, alles zu vereinheitlichen, sondern das Eingehen auf die Menschen mit ihren spezifischen und vielfach auch regionsbedingten Bedürfnissen prägen das Denken von Raiffeisen.»*Diese «tiefe Verbundenheit» der Raiffeisen-Philosophie ändert sich spätestens dann schlagartig, wenn Raiffeisen die Grenzen unseres Landes verlässt, und dort zum Global Player auf den eben noch kritisierten «anonymen» Finanzmärkten wird. 2011 war dort allerdings die Welt noch in Ordnung. Krise hin oder her, die Raiffeisen Bank International gewinnt einen Preis, und zwar mit dem schönen Namen «Deal of the Year», verliehen vom Magazin «Trade Finance». Damals ging es um drei große Finanzierungsprojekte von RBI in Russland, eines davon abgewickelt gemeinsam mit der russischen Raiffeisentochter ZAO. Entgegen der ansonsten so zukunftsträchtig sich gebenden Konzernpropaganda waren zwei der Transaktionen in Bereichen, wo wir die ansonsten viel beschworene Nachhaltigkeit eher nicht finden: im Kohlebergbau und in der Ölförderung. Aber der «Deal» heiligt ja bekanntlich die Mittel.

Von Risikokosten zur Gewinnwarnung

Drei Jahre später schaut´s nicht mehr so rosig aus für die RBI. Erstmals in der Geschichte der Bank wird diese 2014 Verluste schreiben, und zwar ordentliche. Obwohl in den ersten neun Monaten dieses Jahres noch satte 225 Millionen Euro Gewinn gemacht wurden, sprach der Vorstand eine – welch schöner Begriff! – Gewinnwarnung für das dritte Quartal aus: Hier gab es bereits 119 Millionen Verluste. Für das Gesamtjahr werden bis zu 500 Millionen kolportiert. Hintergrund ist die Krise in der Ukraine, aber auch Währungsverluste und verstärkte Rücklagen für faule Kredite. Die Zeit der massiven Profite aus dem Ostgeschäft scheint endgültig vorüber: «Die Krise in der Ostukraine führte zu einem starken Anstieg der Risikokosten, und auch die bankenfeindliche Gesetzgebung in Ungarn brachte hohe Folgekosten […]», so der RBI-Vorstand. Gerüchten zufolge soll auch die polnische Tochterbank Citi verkauft werden, um die Verluste abzumildern, berichtet die «Wiener Zeitung» vom 18. Dezember.

Aber damit nicht genug: Die Probleme der RBI dürften derart massiv zu sein, dass sie auch andere Raiffeisen-Zweige ins Schlamassel mit hineinziehen. So stellte der Chef der Raiffeisen Landesbank (RLB) NÖ/Wien Buchleitner bereits Ende November Verluste in Aussicht. Die RLB NÖ/Wien hält indirekt 34,7 % an der RBI. Aber auch die Raiffeisen Zentralbank (RZB) plant die Ausgabe von Schuldverschreibungen in der Höhe von 500 Millionen Euro, wie die Zeitung «Der Standard» am 11. Dezember 2014 berichtete. In weiterer Folge wurde auch der Aktienkurs der RBI in Mitleidenschaft gezogen. Er fiel Mitte Dezember auf ein Rekordtief von unter 11 Euro je Titel. Aber auch damit war des Ungemachs noch nicht genug. Die US-Nachrichtenagentur «Bloomberg» verlautbarte nämlich, dass sowohl US-amerikanische als auch EU-Behörden derzeit prüfen, ob an Bondsverkäufen der russischen Raiffeisentochter ZAO – siehe oben – nicht doch auch die RBI beteiligt war. Wenn ja, wäre das ein Verstoß gegen die aktuellen Sanktionen gegen Russland.

«Ich bin Steuerzahler. Wie kann ich helfen?»

Wie immer man auch zu diesen Sanktionen stehen mag, in Sachen Profitaussichten von Raiffeisen steht es derzeit nicht zum Besten. Es kommt aber noch dicker: Zu allem Überdruss senkt nämlich die Ratingagentur Moody´s den Ausblick für ZAO auf negativ. Damit allerdings hat Moody´s nur das nachgezogen, was seit kurzem bereits für die österreichische Muttergesellschaft gilt. In Summe wird’s so schlimm dann wohl doch nicht werden, zumal ja aufgrund der Gruppenbesteuerung (der Augustin berichtete) die Auslandsverluste die anderwärts eingefahrenen Gewinne – und somit die Steuerlast des Unternehmens – schmälern. Und wenn´s ganz schlimm wird, springt, wie beim Hypo-Alpe-Adria-Skandal ohnehin der österreichische Staat ein. Fragt sich nur, mit wessen Geld. Oder, wie ein gewitzter Poster im Leser_innen-Forum des Online-Standard so schön schrieb: «Hallo, ich bin Steuerzahler. Wie kann ich helfen?»

Aber Besserung ist ohnehin in Sicht, so berichtet zumindest Markus Gentner auf «finanzen.at»: «RBI-Chef Karl Sevelda sieht 2015 bereits wieder einen Gewinn in dreistelliger Millionenhöhe.» Na dann, liebe Leser_innen und Investor_innen: Prosit Neujahr!

Kleiner Nachtrag zum Raiffeisen-Adventkalender im Augustin 379: Kurz nach unserem Bericht wurde, wegen eines Verstoßes gegen die YouTube-Nutzungsbedingungen, das YouTube-Video der legendären «Marmor, Stein und Eisen bricht»-Version der Raika Radstadt gelöscht. Auf mehrfachen Wunsch hier eine alternative Möglichkeit: http://vimeo.com/82581468

*) http://tinyurl.com/l6zb9w5