Raika Oberösterreich will abhauentun & lassen

Raiffeisen und Steuerzahlen

Der CEO der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, Heinrich Schaller, dachte laut und öffentlich über einen Exodus der Bank nach Deutschland nach. Hintergrund: Der Banker will ganz einfach der Republik Österreich weniger Steuern zahlen.Der Jammer des Bankers ist groß: Seit 1. 1. 2011 gilt in Österreich das Stabilitätsabgabegesetz, im Alltag kurz «Bankenabgabe» genannt. Banken mit einer Bilanzsumme bis zu einer Mrd. Euro werden nicht besteuert. Liegt die Bilanzsumme zwischen einer und 20 Mrd. Euro, so werden 0,09 % der Bilanzsumme als Steuer fällig, überschreitet die Bilanzsumme 20 Mrd. Euro, so steigt die Steuer auf 0,13 % der unkonsolidierten Bilanzsumme. Sinn der Steuer ist es, die Bankbranche an den Bankenkrisenkosten zu beteiligen. Steuern reduzieren Dividenden – ein Umstand, der Heinrich Schaller große Worte sprechen lässt: Läge das Headquarter der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich in Deutschland, könnten einige Millionen an Bankenabgabe gespart werden. Schaller nannte konkret Passau, an der bayerisch-österreichischen Grenze gelegen, von Linz in einer knappen Stunde erreichbar, als mögliche Wunschadresse.

Der Geruch der Erpressung

Steuern dienen in der Regel dazu, ein Gemeinwesen zu finanzieren. Dieses Gemeinwesen, hier die Republik Österreich, liefert im Gegenzug dem Herrn Bankdirektor ein Staatswesen, in dem unter anderem die Rechtssicherheit eine Grundlage für Bankgeschäfte bildet. Die Drohung, Österreich mit der größten Bank Oberösterreichs den Rücken zu kehren und anderswo dividendenfreundlichere und steuerschonendere Geschäfte machen zu wollen, kommentierte ein namentlich hier nicht genannt werden wollender österreichischer Finanzrechtler (hat der Wunsch, namentlich hier nicht zitiert werden zu wollen, mit der faktischen Macht der Raiffeisenbankengruppe zu tun?) so: «Die Andeutung, aus Steuergründen mit dem Headquarter die Republik verlassen zu wollen, riecht nach Erpressung – die sie im strafrechtlichen Sinne nicht ist. Rein ethisch machen sich jede Steuerzahlerin und jeder Steuerzahler, die diese Drohungsmöglichkeit nicht haben, so ihre Gedanken. Wobei zu bedenken ist: Es gibt kein Recht im Unrecht, und nur weil ein mächtiger Bankengeneral mit dieser Drohung daherkommt, wäre eine derartige Drohung eines «gemeinen» Steuerzahlers mindestens genauso verwerflich.»

Auffallend: In Österreichs Tageszeitungen – Raiffeisenfirmen sind wichtige Inseratenkunden, Raiffeisenbanken Eigentümer und/oder Kreditgeber von Medien – wurde der Schaller’sche Vorstoß mit nicht allzu viel Kritik gewürdigt. Die «Kronen Zeitung», mit dem Inseratekunden und Geschäftspartner (u. a. via Kurier und Mediaprint) Raiffeisen eng verbunden, zeigt zwar manchmal launisch kritische Töne gegenüber den Giebelkreuzlern, wenn es jedoch darauf ankommt, gegenseitige Interessen zu stützen, ist das Kleinformat zur Stelle: Am 17. 5. 2014 zitierte das Dichandblatt zur Unterstützung Schallers dessen niederösterreichischen Kollegen Klaus Buchleitner: «Wir machen keine Drohungen, die wir doch nicht wahrmachen.»

Region im Herzen, Dividende im Kopf

Ein wichtiger Punkt bei allen Reklameaktionen der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich ist der ständige Hinweis, die Bank würde regional arbeiten, sei regional verankert und habe überhaupt nur den Vorteil der Region und nicht die eigene Dividende im Sinn. Die Aktion über das Steuersparen außerhalb der Region so laut und öffentlich nachzudenken, spießt sich irgendwie mit den Aussagen der Raiffeisenwerber.

Ist die Information, dass jene Gelder, die Raiffeisenbanken aus der staatlichen Unterstützung zur Bewältigung der Krise erhielten, auch aus Steuermitteln stammten, dem Raiffeisenbankdirektor Schaller bekannt? Sie dürfen von einem «Ja» als Antwort ausgehen. Das Schielen nach Passau erscheint unter diesem Aspekt besonders dreist.

Andere Baustelle, hat aber auch mit Steuersparen zu tun: In Zollausschlussgebieten wie dem Kleinen Walsertal oder Jungholz stellen die dort vertretenen Private-Banking-Institute (u. a. Raiffeisentöchter) fest, dass das Veranlagen von steuerlich nicht gewürdigtem Geld (beispielsweise aus Deutschland) nicht mehr so einfach ist und Kapital abfließt. An sich eine erfreuliche Tatsache für den Fiskus der beteiligten Länder. Weniger erfreulich für die agierenden Banken (siehe «Goldfingerkonto» in Augustin Nr. 321). Aufgrund des Geschäftsrückganges wird Personal abgezogen und werden teilweise Filialen geschlossen (dabei ist nicht nur Raiffeisen betroffen). Der Tageszeitung «Die Presse» ist offensichtlich nicht bekannt, dass jeder Euro, der steuerlich nicht erfasst wird, zum Schaden für das betroffene Land führt. In der «Presse» werden die Verhältnisse von den Beinen auf den Kopf gestellt: So schreibt die Zeitung, eine Bank in Jungholz, die geschlossen wurde, sei «Opfer einer Entwicklung …». Wird die Anlage von Schwarzgeld erschwert und kann die handelnde Bank keinen Profit mehr aus derartigen Geschäften ziehen, so mutiert sie in der «Presse» zum «Opfer». Im Kriminal nennt man Mittäter Komplizen.