Randgruppen, auf Pollern sitzendtun & lassen

Neues von Frau Gschistibohavitschek

Sehr geehrter Herr DI Rudolf Zabrana!

Am 28. Oktober 2013 habe ich in einem E-Mail an die Landstraßer Bezirksvorstehung meinem Unmut darüber Ausdruck verliehen, dass es auf dem großen Vorplatz des Bahnhofs Wien Mitte so gut wie keine Sitzmöglichkeiten ohne Konsumationszwang gibt.

Am späten Abend desselben Tages haben Sie mir Folgendes geantwortet:

«… sowohl der Bezirk als auch der Bauträger hat die Frage der Bänke im öffentlichen Raum intensiv diskutiert und im Einvernehmen mit der sozialen Betreuung des Gesamtbereiches noch zurückgestellt, um die Etablierung von Randgruppen, die vor und während des Umbaues für erhebliche Belästigungen gesorgt haben, bei der Inbetriebnahme zu verhindern.

Es werden aber Sitzmöglichkeiten in absehbarer Zeit geschaffen, die auch als ‹Poller› gegen die Befahrung von dazu ungeeigneter Flächen dienen sollen.»

Beginnen wir damit, dass man über die Definition von «Randgruppen» und «Belästigung» unterschiedlicher Meinung sein kann. Zähle ich als Alleinerzieherin auch zu einer Randgruppe, die mit ihrem möglicherweise lebhaften Kind und ihrem geringen Bedarf an Konsumation zur Belästigung wird? Ist übrigens der Künstler Helmut Seethaler, der die Baustellenwüste mit seinen sinnreichen Texten erträglich machte, auch ein Unerwünschter?

Gedanken machte ich mir auch über die Poller-Funktion der künftigen Sitzflächen. Werde ich, sitzend, zur integrierten Abwehrmaßnahme gegen unerwünschtes Verkehrsaufkommen werden?

Vor wenigen Wochen hatte ich die Gelegenheit zu sehen, dass die Situation am Vorplatz des Bahnhofs Wien-Mitte nach wie vor unverändert ist. Seit also über einem Jahr wurde nichts unternommen, um Sitzplätze zu schaffen – wie viel Zeit kann verstreichen, auf dass sie immer noch absehbar ist? (Andererseits: Was will ich von einer Stadt, in der fünfzehn Monate ins Land ziehen können, bevor ein unbrauchbarer Radständer vor einem städtischen Kindergarten instandgesetzt wird?)

Für Schanigärten gibt es immer noch Platz genug, aber wenn ich ein Kind aus seiner Wasserflasche trinken lassen will oder ihm einfach in Ruhe die Nase putzen, kann ich meine Tasche noch immer nicht abstellen oder das Kind hinsetzen lassen.

Auch für die Tourist_innen, die aus dem Untergrund gespuckt werden und erstmals Wiener Luft atmen, ist es hier nicht komfortabel, sich kurz zu orientieren oder einen Stadtplan zu studieren.

Ich halte die Tatsache dieses sitzplatzlosen öffentlichen Raums immer noch für beschämend für Ihren Bezirk.