Teuerungtun & lassen

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Wenn die soziale Schere zwischen Arm und Reich aufgeht, dann wird es teuer. Mehr soziale Probleme verursachen volkswirtschaftliche Kosten. Eine höhere Schulabbrecher-Quote beispielsweise bringt durch steigende Sozialausgaben, höhere Gesundheitskosten und entgangene Steuereinnamen Kosten von 3 Milliarden Euro bei 10.000 Drop-outs. Oder wird Kinderarmut nicht bekämpft, entstehen Kosten von 4 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Jahr. Ihre Bekämpfung kostet aber nur 0,4 % des BIPs, also 10-mal so wenig, wie jedes Jahr an Mehraufwand entsteht. Diese Zahlen aus den USA bestätigt auch eine dänische Studie, die zeigt, dass Kürzungen bei Kinderfürsorge einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zur Folge haben. Geht die Schere zwischen Arm und Reich noch mehr auf, heißt das mehr Krankheiten und geringere Lebenserwartung, höhere Kindersterblichkeit, mehr Teenager-Schwangerschaften, mehr Status-Stress, weniger Vertrauen, mehr Schulabbrecher, vollere Gefängnisse, mehr Gewalt und mehr soziale Ghettos. Dazu gibt es Bücherregale voll wissenschaftlicher Belege.Steige ich im 15. Wiener Gemeindebezirk in die U-Bahn und am Stephansplatz wieder aus, dann liegen dazwischen 4 Minuten Fahrzeit aber auch 4 Jahre an Lebenserwartung der jeweiligen Wohnbevölkerung. Niedrige Immobilienpreise als Maß für den relativen Wohlstand des Bezirks hängen eng mit der durchschnittlichen Lebenserwartung zusammen. Weiters konnte gezeigt werden, dass das Sterberisiko während Hitzeepisoden gerade in jenen ärmeren Bezirken am stärksten erhöht ist. Sag mir, wo du wohnst und ich sage dir, wann du stirbst.

Das Interessante: Eine sozial polarisierte Gesellschaft bringt Nachteile nicht nur für die Ärmsten, sondern auch für die Mitte. Es stehen nicht nur die unterprivilegierten Mitglieder schlechter da, sondern auch die Wohlhabenderen. Die soziale Schere schadet, und zwar fast allen. Gesellschaften mit größeren Ungleichheiten in Einkommen, Arbeit und Wohnen weisen einen schlechteren gesundheitlichen Gesamtzustand auf als solche mit ausgewogener Verteilung von Einkommen und Lebenschancen. Sobald ein bestimmter Grad an Wohlstand erreicht ist, dürfte die relative Höhe des Einkommens ausschlaggebend für die gesundheitliche Situation sein. In den ärmeren Teilen der Erde ist mit höherer Wirtschaftsleistung pro Kopf eine höhere Lebenserwartung verbunden. In den reichen Ländern ist ein derartiger Zusammenhang nicht mehr nachweisbar. Es konnte aber eine erstaunlich hohe Korrelation zwischen Lebenserwartung und dem Anteil am Volkseinkommen, welchen die ärmeren Haushalte beziehen, nachgewiesen werden. Die Ausgewogenheit von Einkommensverhältnissen und Statusunterschieden wurde als jener Faktor identifiziert, der am stärksten die höhere Erkrankung Ärmerer erklärt. Der Anstieg der Lebenserwartung in einem Zeitraum fiel umso größer aus, je größer der relative Zuwachs an Einkommen der ärmeren Haushalte war. Nicht wie reich wir insgesamt sind, ist hier entscheidend, sondern wie stark die Unterschiede zwischen uns sind. Wenn die soziale Schere in unser Leben schneidet, dann kommt uns das allen teuer, sehr sogar.