Vorsicht, sie säubern die Stadttun & lassen

Auf einer der jüngsten AUGUSTIN-Redaktionssitzungen wurde heiß über das Thema „Sandlervertreibungen“ diskutiert: Sollte man nicht – angesichts des schleichenden Ausschlusses sogenannter „Randgruppen“ aus dem öffentlichen Raum – ein Recht auf Leben auf der Straße proklamieren? Die Meinungen der Sozialarbeiter in der Redaktion polarisierten sich. Das „Recht auf die Straße“ verhöhne das Menschenrecht auf Wohnen, das zu erkämpfen absolut prioritär sei, lautete das Gegenargument. Bei dem Streit stellte sich heraus, daß Ausschließungs-Tendenzen in Wien unterschiedlich wahrgenommen werden. Die einen finden es übertrieben, von einem System der Vertreibung zu reden, die anderen erkennen in einer Summe von Indizien die koordinierte Strategie der sozialen „Säuberung“ der Stadt.Für Andreas Schmid, Obfrau-Stellvertreter des AUGUSTIN, spielt sich eindeutig letzteres ab: Die in der Stadt das Sagen haben, verwandeln (um die Fiktion einer „sauberen“ Stadt aufrecht zu erhalten) die sichtbare Armut in eine unsichtbare, indem sie repressive Vertreibungs- und Verdrängungsmechanismen wirken lassen. Besonders in der Kernzonen der Stadt werden Obdachlose, Bettler und alle, die den öffentlichen Raum anders als „vorgesehen“ nutzen, zunehmend als störend empfunden. In seiner Studie „Die saubere Stadt – Der soziale Ausschluß im öffentlichen Raum“, eine Diplomarbeit für die Bundesakademie für Sozialarbeit in Wien 10, hat Andreas Schmid sich nun unter anderem mit den diversen Konzepten der „inneren Sicherheit“, die dieser Armenbekämpfung (statt Armutsbekämpfung) zugrunde liegen, beschäftigt.

Die Diplomarbeit führt einige konkrete Entwicklungen in der Bundeshauptstadt an, die Schmids These bekräftigen. Der Autor kann dabei auf seine Erfahrungen als Mitarbeiter des AUGUSTIN-Vertriebsbüros, auf seine Gespräche mit Betroffenen zurückgreifen.

Mit seiner Zunft geht Andreas Schmid gar nicht respektierlich um. Die Tatsache, daß die beschriebenen Entwicklungen von der Sozialarbeit in Österreich bisher keine besondere Aufmerksamkeit erfahren haben, ist noch der mildeste Vorwurf. Schwerwiegender ist die Aufzählung sozialarbeiterische Aktivitäten, die defacto eine Mitarbeit der Sozialarbeit bei der sozialen „Säuberung“ des öffentlichen Raumes darstellen. Was soll man etwa davon halten, wenn Bahnhofssozialarbeiter als Ziel formulieren, Obdachlose von den Bahnhöfen fernzuhalten?

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