NachbarInnenstadt: Europameisterschaftvorstadt

Auch die Karenzpapas (KP) denken von Turnier zu Turnier. Zwei Jahre ist das letzte her. Es war das erste, das ihre Erstgeborenen bewusst miterlebten. Während die WM-Stars ihre Mittagskickerl in der brasilianischen Wintersonne spielten, entwickelten die Vierjährigen ein mitteleuropäisch-sommerzeitliches Kick & Watch & Rush am Brunnenmarkt mit.

Gekickt haben sie mit den anderen Kindern vom Markt eine Lederwuchtel. Dann hat es sie zum großen Fernseher vor dem türkischen Wirt gezogen – watch! Der Wirt hat die Kinderschar aber meistens von den Gastgartensesseln vertrieben, weil das Konsumpflichtbewusstsein der KP höchstens zur Bestellung zweier Gläser Ayran für ihre Buben gereicht hat – rush!

Zum Glück konnten die Kinder vorübergehend zu anderen Straßen-TV-Geräten flüchten, und gegen 19 Uhr räumten die Standler endlich ihr Zeug weg. So zierten in der zweiten Halbzeit mitunter statt Gemüse & Obst & Gewürzen die Kinder des Kick & Watch & Rush die Verkaufsvorrichtungen und nahmen von der Marktloge aus am halböffentlichen Fußballschauen teil.

So war das 2014. Heuer ist Europameisterschaft. Das österreichische Team hat auch kurz vorbeigeschaut, die großen KP-Buben spielen jetzt Kick & Watch & Lego. Die unbegleiteten Minderjährigen aus 2014 fehlen.

Auch weiter vorn, am Yppenplatz, ist nicht mehr alles beim Alten. Kein Lokal schreibt mehr skurrile Spielankündigungen mit Kreide auf den Asphalt. 2014 verkündete die Straßenkreide eines Nachmittags folgendes Abendprogramm: «18 Uhr: Kolumbien vs. Iran (Handball), Bosnien (ohne Herzegowina) vs. Nigeria (Schach).»

Zum Staunen gibt es aber auch 2016 etwas am Platz. Zum Beispiel den leibhaftigen Esel, der bei Island gegen Österreich im Fernsehpublikum war. Der hatte nebenan einen Filmdreh, gemeinsam mit seinem Kollegen Andreas Vitasek. Und während ganz Österreich am isländischen Tormann zu verzweifeln begann, begrüßte der lateinamerikanische Gastgartenbetreiber einen Passanten und präsentierte ihn den Fingernägel kiefelnden Fernsehern mit den Worten: «Dieser Mann ist aus Island.» Der Isländer kaufte sich ein Eis und interessierte sich nicht weiter für die Helden aus seinem Heimatland. Ice & Lick & Chill!