Ritter, Tod und Teufelvorstadt

Die Kaffeehaus-Falle im Mietrechtsgesetz

CafeRitter.jpgWenn das Café Ritter 1867 woanders gegründet und 1905 in die Mariahilfer Straße übersiedelt zusperren müsste, ginge ein weiteres denkmalschutzwürdiges Beispiel der klassischen Wiener Gastronomie den Weg aller Spekulationsobjekte.

Wien fördert großzügig Banken, kann es sich aber leisten, seine größten, traditionellsten und interessantesten Lokale verkommen zu lassen. Nämlich jene, die den Ruf Wiens in der Welt mitbegründen. Nachdem Harald Wegensteins Gösserbräu zwischen Karlsplatz und Oper seit seinem Konkursverfahren nicht wieder geöffnet wurde und aktuell ein paar Gassen weiter die Josef Smutny Nfg. GmbH im Restaurant in der Elisabethstraße seit Juli mit dem Konkurs kämpft, ist nun auch die Café Ritter Gastronomiebetriebsgesellschaft m.b.H. insolvent. Für alle drei wurde übrigens der selbe Masseverwalter beauftragt, Rechtsanwalt Dr. Walter Kainz, selbst ein Nebenerwerbsgastronom in der Wiedener Gußhausstraße.

Von den hinter vorgehaltener Stammgast- oder Oberkellnerhand diskutierten Vermutungen, wie es im stets gut besuchten Ritter dazu kommen konnte, ist jedenfalls verifizierbar, dass der Gesellschafter und Geschäftsführer Adolf Hirnschall verstorben ist, im Oktober 2003 aus der Firma gelöscht wurde und an seiner Stelle dessen 1965 geborene Tochter Michaela Hirnschall-Lorz in das Unternehmen eingetreten ist. Seit 2006 gehören ihr die halben Gesellschaftsanteile, Helmut Baucek, seit 1999 selbstständiger Geschäftsführer ebenda, die anderen. Dieses Patt soll keine ideale Management-Situation für das Unternehmen gewesen sein. Dazu wird von überproportionalen Entnahmen gemunkelt.

Der Fenster-Bauer als Millionär

Ebenfalls Geschäfts-Realität ist, dass eine so wesentliche Veränderung in der Firma den Vermieter der Lokalität berechtigt, den Mietzins auf das Fünfzehnfache erhöhen zu können. Dieses Mietrechtsgesetz *) und jene, die dazu im Parlament die Hand gehoben haben, sind so indirekt auch daran schuld, dass in Wien ganze Geschäftsstraßen veröden. Viele Kaufleute können oder wollen sich die Mieten nicht mehr leisten, die leeren Lokale taugen aber offenbar immer noch zu Spekulationsobjekten.

Frau Hirnschall-Lorz hätte dem Vermieter melden sollen, dass nicht mehr ihr Vater, sondern sie das Sagen im Café hat. So sieht sie sich nun mit Nachforderungen konfrontiert, die den Betrieb umbringen könnten. Und so kommt es auch, dass hier offenbar der einzige, dem das Ritter Geld schuldet, der Hausherr ist. Dieser war zuerst die Conwert-Immobilieninvestoren-Gruppe, die das Objekt dann laut Wirtschaftsmagazin Format um 7,7 Millionen Euro an die Friha Privatstiftung verklopft hat. Format hatte Conwert-Chef Günter Kerbler schon im Dezember 2006 zitiert: «Wenn die Betreiber nicht zahlen, wird sie der neue Eigentümer delogieren.» Hinter diesem neuen Eigentümer steht niemand anderer als die Hrachowina/ Fenster + Türen Studio Verkaufsgesellschaft m.b.H-Familie.

Der Kurier weiß von einem Kündigungs- und Räumungsverfahren. Und davon, dass der Zins vom neuen Vermieter tatsächlich von 1.200 auf 10.800 Euro, das Neunfache, erhöht wurde. Andere Zeitzeugen hören von Gedankenspielen, das Lokal mit Räumlichkeiten im ersten Stock per Rolltreppe zu verbinden, was einen idealen Drogeriemarkt ergäbe.

Die Stimmung ist gedämpft zweckoptimistisch

Das wirds aber nur über die Leiche des Café Ritter geben (no na), was so schnell nicht möglich sein soll. Bis Februar, so die Parole, ist der Fortbestand des Kaffeehausbetriebes sowieso gesichert. Dann werden die Betreiber die Schulden noch während des Insolvenzverfahrens abzahlen. Was einen gewaltigen Kraftakt und das Service vieler kleiner Schwarzer und Wassergläser bedeutet. Noch Anfang September hatte Geschäftsführer Baucek genau das als ein Ding der Unmöglichkeit bezeichnet. DiePresse.com hat die Entwicklung erst gar nicht abgewartet und Ende August postuliert: «das Café Ritter auf der Mariahilfer Straße sperrt zu.» Kaffeesieder-Kollege und Mitbewerber Kammerfunktionär Maximilian Platzer (Café Weimar) hatte das, bedauernd versteht sich, bestätigt.

 

*) BGBl. Nr. 520/1981 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 25/2009