13. Jänner 2017F13

♦ Das umgedrehte Planquadrat

Fahrscheine bitte! Ausweiskontrolle! Haben Sie nicht? Wunderbar. Aber graue Haare? Wie viele? Lassen Sie uns zählen! Aktion scharf! Sie sollten sich eine Brille besorgen. Oder in eine Pfefferoni beißen!

Ein Planquadrat, vor dem sich niemand ängstigen muss, schon gar nicht jene Menschen, die von der Polizei als «dicke Fische« gehandelt werden, inszenierten die Augustin-Verkäufer_innen am Freitag, dem 13. Jänner im Rahmen der traditionellen F13-Aktion. Während dieses Happenings gab es Konzerte des Stimmgewitter Augustin vor den Überwachungskameras am Bahnhof Praterstern. Leserinnen und Leser des Augustin und alle Aktivist_innen waren herzlich eingeladen, mitzumachen, eigene Vorstellungen von lustvollen Planquadraten zu verwirklichen, die U-Bahn Ausgänge mit Interaktion zu erfüllen und gemeinsam die Hundertschaft von Beamt_innen zu überbieten.

Treffpunkt: 13. Jänner 2017, 13 Uhr vor dem Haupteingang des Bahnhofs Praterstern.

Gedicht gegen die Diktatur

Tag und Nacht überwacht!

Kontrollsysteme, dass ich mich nicht schäme?

Kamera hier, Kamera da,

filmt sie mich, ich weiß es ja.

Können sie auch meine Gedanken lesen,

wo bin ich denn schon gewesen …

Was habe ich vergessen, vergessen!

Warum ziehe ich was Blaues an?

Hallo, siehst du mich,

so fängt es an.

Ich bin nicht gegen Kontrolle,

aber für Vertrauen,

Nicht gegen Sicherheit,

aber ein Überwachungsszenario,

wo jeder alles weiß,

sogar wie ich heiß,

wo ich wohne,

was ich gerade mache

das ist so eine Sache.

Unsicher wird man,

ängstlich zugleich,

Unsicherheit am Tag,

unsicher zur Nacht.

Wenn es ganz ruhig wird,

ist es besonders dumm.

Das ist die Ruhe vor dem Sturm.

Dumm stumm. Vorurteile?

Ah, brumm, ächz.

Ich verkauf nicht mein Leben am Wochenende.

Ende.

(Getextet vom Autor und Augustinverkäufer Andi Kleinhansl aus Anlass der F13-Aktion gegen die Vertreibung von Randgruppen vom Praterstern.)

Purzelbaumschlägertrupp

Augustin-Verkäufer_innen, F13-Fans, das Slow Forward Theater, selbsternannte Purzelbaum-Kontrolleur_innen und soziale Sehtest-Optiker_innen haben am Praterstern ein umgedrehtes Planquadrat organisiert, um ein bisschen Freude in den Bahnhofsalltag zu bringen. Und um festzustellen, dass Sauberkeit, Sicherheit, Ordnung, Fahrscheinkontrolle, Armenvertreibung, Bahnhofsneubauten, Kriminalisierung der kleinsten Drogenfischchen, Verbot des betrunkenen Herumstehens, des Bettelns und des Straßenzeitungsverkaufs nicht unserer Vorstellung von Stadtentwicklung entsprechen. Die Purzelbaumschläger_innen kamen auf ihre Rechnung, für fehlende Fahrscheine und scharfe Sicht gab es Zuckerl und Vodka, und selbst der junge Trupp an herbeieilenden Polizisten hatte seine Freude an der «Wahnwitzigen Spaßkontrolle», die minutiös durchgeführt wurde. Nur ob die Bahnhofs­aufsicht sich über den Chor freute, der das «Freifahrtslied» in die Überwachungskameras sang, wurde nicht überliefert.

Pappendeckel-Karrieremonster

Im Rahmen des «umgedrehten Planquadrats» zeigte das große Pappendeckel-Karrieremonster eine verstreute Ausstellung mit Zeitungsschnipsel aus der jüngeren Geschichte des Platzes. Es wachte über «Sicherkeit und Sauberheit», die Ausstellung lud zur Schnellreflexion über Stadtentwicklung ein, und neben magenwärmendem Glühkompott gab es zu guter Letzt auch noch ein Feuerwerk.

Ein glühender Dankesgruß geht auch ans Café Else für die Verpflegung!

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