13. September 2002F13

♦ Gefangenenchor ♦ Professor Webers Meisterklasse ♦ Freifahrtaktion ♦ 11& % K.Theater ♦ Permanent Breakfast

Kein Einlass für den Gefangenenchor

Eines der Straßentheaterprojekte, die extra für den ersten F13-Aktionstag realisiert wurden, war der „Gefangenenchor“, eine in der Stadt herumstreunende Performance. Die AktionistInnen, darunter AUGUSTIN-Verkäufer Südtirolerplatz-Günther (der Autor folgenden Berichtes), versuchten unter anderem, in die Zentralen der großen Parteien einzudringen.

Mir san die Fliag’n in da Supp’n. So fühlten sich die paar freien Menschen, die sich am Feitag, dem 13. September am Südtiroler Platz trafen. Und wir, eben jene Fliegen in der Suppe, haben es auf Grund einer Idee des AUGUSTIN geschafft, unser Innerstes auf einzigartige Weise in Wien darzustellen und mehr zu sein als nur die Fliegenscheiße in der Suppe. Wir, ein Konklomerat von Künstlern, die sich irgendwann, irgendwo und irgendwie in Wien kennen gelernt hatten, haben uns mutig in die Hosen geschissen und versucht, ein kulturelles Beispiel für Wien zu geben. Und in dieser Beziehung wissen wir nun, dass Wien tatsächlich anders ist. Wir danken dafür. Alle miteinander hatten wir Schiss, aber wir haben unser Projekt F13 durchgeführt.

FPÖ-Parteizentrale: Volksnah konnten wir über die Gegensprechanlage bzw. via Handy mit FPÖ-Mitarbeitern sprechen. Auf unser ehrliches Angebot hin, ihnen ein volksnahes Ständchen zu singen, kam die Reaktion: Ablehnung total. Auch die Ankündigung unserer technischen Möglichkeiten, „selbst ins Bärental hineinhören zu können“, verschaffte uns kosebedürftigen Sandlern (auch ein Wahlvolk!) keinen Einlass. Vermutlich dürften wir wirklich die Ausgegrenzten sein, wozu wir uns aber auch sehr gerne bekennen. „Wir wollen Menschen sein in diesem

Staat“. Selbst unser mitgebrachter Feuerspucker konnte die Barriere nicht sprengen. Wir durften ein kleines Stück demokratischer Frustration in unseren Rucksäcken mitnehmen.

Weiter ging es zu den Wendehälsen dieser Republik: zur ÖVP. Dort standen wir wieder einmal vor verschlossen Türen, seltsamerweise sogar von Kameras gesehen und volksnah erkannt, wobei wir uns doch in Begleitung von Kriminal-, Staats- und uniformierter Polizei befanden, welche sich unserer F13-Gruppe gegenüber übrigens vorbildhaft verhalten hat. Kurzum: Wir wurden von der Österreichischen Volkspartei äußerst volksnah empfangen: nämlich über die Gegensprechanlage. Und somit fand unsere Veranstaltung, infolge derer wir den werten ÖVP-Mitarbeitern nur ein Ständchen in Sachen Volksnähe bringen wollten, vor und nicht in der Zentrale der Partei statt.

Wir, vollkommen von der Funktionstüchtigkeit und Lebensfähigkeit der Demokratie überzeugt, versuchten, eine bürgernahe Partei aufzusuchen. Wir fanden sie nicht gleich, denn auch dort begrüßten uns vorerst verschlossene Tore. Doch durch die Überredungskunst eines unserer Aktivisten schafften wir es, Freundschaft mit einer Schlüsselperson jener Partei zu schließen und sie auf diesem Wege zu lehren, uns Volksnähe zu zeigen. Dafür wollen wir uns bedanken. Wir, die Aktivisten des F13-Gefangenenchors.

Professor Webers Meisterklasse

Wiens Langzeit-Rockunikum Stefan Weber, ehemals Zeichenprofessor, steuerte zum F 13-Aktionstag einen Zeichenunterricht der anderen Art bei. Er fand im Salon Uhudla im 4. Bezirk statt. Folgenden Bericht fanden wir auf www.uhudla.at

Freitag, der 13. September. Professor Weber hatte das amerikanische Prügelholz griffbereit. In Österreich ist bekanntlicherweise die Prügelstrafe per Gesetz verboten. Doch der Zeichenlehrer hatte sich von Georg Weh Bush extra die Genehmigung für ein eventuell notwendiges härteres Durchgreifen eingeholt. Doch an diesem Abend waren keine drakonischen Maßnahmen erforderlich. Die Schülerinnen und Schüler hatten den Ernst der Situation voll intus. Keine und keiner hatte die Zeichenutensilien vergessen. Selbst aus dem entfernten Oberösterreich waren politisch bildende Kunstinteressierte angereist.

20 Uhr. Der Schulwart (Salon-Chef Max Wachter) läutet die Zeichenstunde ein. Professor Weber erklärt, worum es geht. ”Ich habe vom amerikanischen Geheimdienst CIA erfahren, dass sich der Oberterrorist Bin Laden in Österreich einer Gesichtsoperation unterzogen hat. Wir zeichnen jetzt Phantombilder, wie der meistgehasste Mann der Welt jetzt ausschauen tut.” Im Handumdrehen zeichnet Stefan Weber, der Zeichenprofi, das Konterfei des afghanischen Höhlenmenschen auf die Rückseite eines Plakats. Er skizziert für die SchülerInnen quasi Anhaltspunkte zur Physiognomie des personalisierten Bösen.

In der Klasse herscht große Aufmerksamkeit. In gespannter Ruhe wird gezeichnet, gemalt und retuschiert. Der Professor gibt Tipps über die Raffinessen der Porträtkunst. Aquarellkünstlerin Nora fragt den Meister, wie sie ein Saxofon malen soll. ”Wennst nicht weißt, wie ein Saxofon ausschaut, dann male eine Flöte, das geht einfacher”, rät ihr der Professor. Bin Laden wird also ein saxofonspielender Straßenmusikant.

Die eingeläutete Pause wird von den Schülerinnen und Schülern glatt ignoriert. Ihnen steht die Verantwortung betreffs der historischen Mission, dem Präsidenten bei der Bekämpfung des Bösen behilflich zu sein, ins Gesicht geschrieben oder –besser ausgedrückt: gezeichnet. Der Schulwart versorgt die anständigen und fleißigen SteckbriefmalerInnen mit ”Roter Oktober Bier”. Der Salon Uhudla musste wegen des Molkereisterbens in Ostösterreich, wegen Versorgungsengpässen die Schulmilchaktion aussetzen. Zum Glück fand der Schulwart im nordostdeutschen Rostock eine Brauerei, die extra für die Zeichenstunde ”Rotes Oktober Bier” nach Wien lieferte. Es lebe die Globalisierung der Bierversorgung.

22 Uhr, die Doppelstunde endet. Die Gutmenschen im Salon Uhudla haben ihre Meisterwerke fertiggestellt. Das kritische Auge des Professors nimmt die Arbeiten unter die Lupe. Resümee von Professor Weber: „Die Klasse 1 B hat gut gearbeitet. Da braucht einem um die Errettung der Welt nicht bange werden. Stellvertretend für alle anderen möchte ich den Michael loben. Der hat bei mir im Gymnasium in der Waltergasse nie eine so tolle Zeichnung abgeliefert.” Und der angesprochene Ex-Schüler des Meisters kontert: ”In der Schule hat das Zeichnen auch nicht so viel Spaß gemacht wie heute. Außerdem studiere ich jetzt Medizin und mir ist nun klar geworden, was ich in der Schule alles verabsäum.“

Theaterperformance des 11% K.Theater zum Thema «Unerlaubtes… im öffentlichen Raum»

permanent breakfast lud zur F 13 Weinverkostung

Zur gediegenen Weinverkostung mit Arbeits- und Obdachlosen (aus der auch Nichtverlierer nicht ausgeschlossen waren) luden die notorischen Öffentlichen-Raum-BesetzerInnen von der Gruppe «permanent breakfast».

Die VerliererInnen nicht mit Essensresten, übrig Gebliebenem, Billigspenden oder Mangelhaftem zu versorgen, sondern mit Qualitätsware, war die Idee von Andreas Müllner und Ursula Hofbauer. Eine Idee, die gut in das Konzept des Freitag, des Dreizehnten, passte. Das nächtliche kulinarische Ereignis unter der Schwedenbrücke im 2. Bezirk wurde vor allem von den Gourmets unter den AUGUSTIN-Verkäufern frequentiert, die jeweils drei Rot- und Weißweine fachmännisch testeten und bewerteten. Folgenden WeinspenderInnen ist zu danken: Walter Haslinger, Dieter Schrage, Eckart Derschmidt, Michael Moosbrugger, Andreas Müllner und Ursula Hofbauer. Die Gläser stellten das Restaurant Mörwald und Michael Moosbrugger zur Verfügung.

F 13 Siegerwein rot
Der Siegerwein unter den verkosteten Roten ist ein Blauer Zweigelt, Kirchtal 2000, vom Weingut Hannes Artner, Höflein/ Carnuntum (www.artner.co.at).
Carnuntum ist, obwohl nur eine halbe Autostunde von Wien entfernt, noch immer ein Geheimtipp unter Österreichs Weinbaugebieten. Etwas abseits der mediengehypten Stars rund um den Neusiedler See und im Mittelburgenland, haben sich dort einige Winzer aus Göttelsbrunn und Umgebung in die österreichische Elite emporgearbeitet.
Einer von diesen ist Hannes Arnter aus Höflein, der sich seit 20 Jahren intensiv mit der Vinifikation qualitativ hochwertiger Rotweine beschäftigt. Es dominieren Zweigelt und Blaufränkisch, aber auch internationale Rebsorten wie Cabernet Sauvignon und Merlot sind seit Jahren im Programm. Heuer wird erstmalig ein sortenreiner Syrah abgefüllt. Bei der Kellerarbeit setzt Artner auf Kaltmazeration (Auslaugung der Maische 3 Tage bei 7°C) zur Betonung der Frucht, längere Maischestandzeiten und biologischen Säureabbau. Besonderen Stellenwert hat der Ausbau in kleinen französischen Eichenfässern (Barriques).
Der Blaue Zweigelt Kirchtal 2000 wurde nach der klassischen Methode im großen Eichenfaß ausgebaut. Herausgekommen ist ein fruchtiger Wein mit sortentypischen Kirscharomen, ein idealer Speisebegleiter zu Spaghetti und leichten Fleischgerichten, der in seiner Preisklasse (5 Euro) wohl seinesgleichen sucht.

F 13 Siegerwein weiß
Der Siegerwein unter den verkosteten Weißen ist ein Riesling vom Weingut Schloss Gobelsburg – Riesling Urgestein 2001.
Er ist ein junger, fruchtiger Riesling, gewachsen auf kargem Boden, entstanden nach alter Tradition. Die Gobelsburger Rieslinge stammen von den Terrassen der Renommierlagen Zöbinger Heiligenstein und Gaisberg. Benachbart, nur getrennt durch die so genannte Grub, bilden diese beiden Weinberge schon fast eine Einheit. Geologisch gesehen besteht der Gaisberg aus Gföhler Gneis, der Heiligenstein aus einem Permgestein. Die Trauben kommen von den Reben, die unter 12 Jahre alt sind. Es handelt sich um einen Riesling mit einem ausdrucksstarken, betont fruchtigen Bukett nach Pfirsich und Marille. Die sortentypische, kräftige Fruchtnote findet sich am Gaumen wieder. Eine gut eingebundene, angenehme Säure zusammen mit einem kompakten Körper bilden eine harmonische Einheit. Der Wein erfreut den Genießer mit einem sehr langen Abgang – ein schönes Echo aus Duft und Geschmack.
Das Weingut Schloss Gobelsburg hat wohl einen seiner Besten aus dem Keller geholt. Es sei ihm gedankt dafür.