19 Jahre am selben Platztun & lassen

Augustiner Tamaz

Seit 2003 verkaufe ich den Augustin am selben Platz in Brunn am ­Gebirge vor ­einem Supermarkt. Das sind inzwischen 19 Jahre. Ich kenne die ­Leute schon, die den Augustin bei mir kaufen. Jetzt ist es ein bisschen schlechter. Alles ist teurer. Die jungen Leute brauchen keine Zeitung mehr, alle haben Internet. Ich habe früher 200 Zeitungen pro Augustin-Ausgabe verkauft, jetzt ist das ­Maximum 70. Viele meiner alten Kund:innen sind schon gestorben und die Jungen lesen ­keine Zeitung. Ich habe aber noch eine ­andere Arbeit, Winterarbeit – mit einem Wagen ­räume ich Schnee.
Ich komme aus Georgien, aus Tbilisi. ­Meine Muttersprache ist Georgisch, ­Russisch reden und schreiben habe ich in der ­Schule gelernt. In Tbilisi gibt es einen Stadtteil, wo viele Armenier:innen leben, da habe ich auch Armenisch gelernt. Ich habe auch hier armenische Freunde, mit denen ich gern rede. Österreich ist ein gutes Land, doch ­zuhause ist es besser, aber die Politik dort ist ­scheiße. Auch die Ukraine ist ein gutes Land. Als ich in der Armee meinen Wehrdienst leistete, war ich in der Ukraine, in Odessa stationiert. Ein schönes Land. Ich habe mit vielen ukrainischen Leuten Kontakte. ­Putin will, dass wieder ­alles so ist wie in der Sowjetunion, man kann nicht Freundschaft haben mit so einem Land, das alles haben will.
Seit 2001 bin ich in Österreich. 2012 habe ich meine Papiere bekommen, elf Jahre habe ich darauf gewartet. Auch meine Familie ist hier. 2007 kam mein Sohn, 2008 kam ­meine Frau nach Wien, und seitdem sind wir alle zusammen. Mein Sohn fährt Taxi, er hat eine eigene Firma. Ich bin schon Opa. Mit den ­Enkeln unternehme ich oft etwas, wir gehen spazieren in den Prater oder auf den Spielplatz, sie sind drei und fünf Jahre alt.
Von Beruf bin ich Automechaniker, Spengler. Hier war es für mich nicht möglich, in dieser Sparte zu arbeiten, weil ich nicht gut Deutsch kann. Jetzt bin ich auch zu alt, ich bin 68 Jahre. In Wien wohne ich im 16. Bezirk. Jeden Tag von Montag bis Freitag fahre ich nach Brunn und bin bis zwei Uhr nachmittags vor dem Geschäft, nur freitags arbeite ich bis Geschäftsschluss, denn da ist besonders viel los, weil die Menschen fürs Wochenende einkaufen. Auch vor Feiertagen arbeite ich länger.

Protokoll: Jenny Legenstein
Foto: Mario Lang