Am 2. April ist Weltkinderbuchtag. Ein Grund zum Feiern, Schauen, Lesen und Staunen. Lisa Bolyos und Ruth Weismann haben fünf Expert_innen zum Thema Kinder- und Jugendbuch befragt.
Marianna B.,
Leserin
Was muss ein Buch haben, können, erzählen, sein … damit du es magst?
Es muss spannend sein und auch ein bisschen lustig und humorvoll. Ich mag Fantasy-Romane und Comic-Romane, weil ich es cool finde, wenn die Helden in den Büchern etwas anders sind als normale Leute.
Was ist dein Lieblingsort zum Lesen?
Das kommt auf die Jahreszeit an. Im Winter lese ich lieber drinnen im Wohnzimmer oder in meinem Zimmer, im Sommer auch gerne draußen.
Erzähl von einem Buch, dass du besonders gern magst.
Eines meiner Lieblingsbücher ist Percy Jackson von Rick Riordan. Percy Jackson entdeckt, dass er ein Halbgott ist, und erlebt spannende Abenteuer in der Welt der griechischen Mythologie, die in die moderne Zeit versetzt wurde. Ich würde es weiterempfehlen, weil ich finde, dass es sehr spannend ist, dass viele Informationen über die griechische Mythologie vorkommen und man gut mit der Hauptperson Abenteuer erleben kann.
Wenn du selbst ein Buch schreiben oder illustrieren würdest, worum würde es da gehen?
Es wäre auf jeden Fall etwas mit einer selbstausgedachten Fantasiewelt oder mit griechischen Göttern. Also auf jeden Fall einen Fantasy-Roman.
Danica Scheeweiss, Künstlerin und Insta-Bloggerin
Instagram: @modelmutti
Sie sind Kinderbuch-Bloggerin und posten Videos auf Instagram, auf denen Sie Bücher laut vorlesen. Wie kamen sie auf diese Idee?
Vor einer längeren Babypause – ich habe drei Kinder zwischen fast zwei und fünf Jahren – war ich Rechtsanwältin in New York und zuletzt Geschäftsführerin eines jungen Modeunternehmens. Ich lese gerne und viel mit meinen Kindern. Dabei habe ich entdeckt, dass es heute – im Vergleich zur Zeit meiner Kindheit – eine wesentlich größere Vielfalt an Themen gibt, die in Kinderbüchern behandelt werden. Darunter sind etwa Bücher, die sich verstärkt mit Mädchensein, Minderheiten oder mit Fragen des Zusammenlebens auseinandersetzen. Das finde ich fantastisch.
Wie wählen Sie die Bücher aus, die sie vorstellen?
Einerseits mache ich selbst Recherche, insbesondere in den USA und Großbritannien. Andererseits senden mir Verlage und Autor_innen auch gerne neue Veröffentlichungen zu. Für meine Videos wähle ich dann jene Bücher aus, von denen ich denke, dass Sie einen besonderen Wert für die Kinder von heute haben.
Soll mein Kind auch Ihre Vorlese-Videos schauen, oder wollen Sie eher Eltern dazu motivieren, mehr vorzulesen?
Meine Videos sollen Inspiration für Eltern und Kinder sein. Es handelt sich jeweils um kurze Ausschnitte, ein paar Seiten, aus dem jeweiligen Buch, damit man sich ein erstes Bild machen kann. Die Videos sollen das Lesen nicht ersetzen.
Welches sind Ihre aktuellen Lieblingsbücher?
Im Februar 2019 wurde in den USA der Black History Month gefeiert, welcher sich mit der Geschichte der Afroamerikaner_innen auseinandersetzt. In diesem Zusammenhang hat mir besonders gut das Buch Hidden Figures von Margot Lee Shetterly gefallen. Darin werden die harte Arbeit und die großartigen Errungenschaften von vier schwarzen Frauen zur Erforschung von Raumfahrt und des Weltalls behandelt. Eine Inspiration für alle von uns.
Heidi Lexe, Leiterin der Studien- und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur
Wofür ist die STUBE zuständig und für wen ist das Beratungsangebot gedacht?
Wir, das Team der STUBE, eignen uns bestmöglich umfassendes Wissen über die Kinder- und Jugendliteratur und ihr mediales Umfeld an – jede_r von uns liest 100 bis 200 Bücher im Jahr – und geben es weiter: durch Buchtipps (z. B. auf unserer Homepage), durch Veranstaltungen wie den STUBE-Freitag oder durch den Fernkurs Kinder- und Jugendliteratur, einen viersemestrigen berufsbegleitenden Lehrgang. Das Angebot richtet sich an jene, die an Kinder- und Jugendliteratur interessiert sind; insbesondere aber an jene, die Literatur und Medien an Kinder und Jugendliche vermitteln.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag in der STUBE aus?
Wir arbeiten gerne im Team und beginnen daher jeden Tag gemeinsam mit einem Kaffee. Dann kehrt jeder an seinen Bildschirm zurück und es werden Rezensionen verfasst, Skripten lektoriert, Artikel geschrieben, Skripten layoutiert, Buchlisten und Tagebucheinträge für die Homepage zusammengestellt, Buchvorstellungen und STUBE-Freitage vorbereitet. Das Lesen, die Grundlage der Arbeit, muss allerdings in der Freizeit passieren. Daher ist unser persönliches Engagement für diese Arbeit gefragt.
Wie hat sich Ihrer Erfahrung nach die Kinderbuchliteratur in den letzten Jahrzehnten verändert?
Sie hat sich einerseits sehr positiv verändert, weil es durch den Erfolg von Harry Potter wieder möglich wurde, dicke Bücher, sprich umfassende, in unterschiedlichen Formen und Varianten auserzählte Romane zu publizieren. Gleichzeitig haben Erfolge von Autor_innen wie John Green oder Angie Thomas dafür gesorgt, dass herausfordernde Themen literarisch ansprechend und mit Humor erzählt werden können. Und in Österreich hat sich eine ganz neue Generation von Jugendbuchautor_innen etabliert. Eine tolle Entwicklung! Negativ hat sich die Kinder- und Jugendliteratur dort entwickelt, wo nur noch glitzernde Reihen-Angebote produziert werden, die sich auch noch in Pink an Mädchen und abenteuerlichem Dunbkelblau an die Buben richten. Willkommen zurück in den 1950er-Jahren!
Was ist Ihr aktueller Lieblingsbuchtipp?
Leigh Bardugo: Das Lied der Krähen / Das Gold der Krähen (Phantastik)
Anna Wolz: Gips (Kinderbuch), Irmgard Kramer: 17 Erkenntnisse des Leander Blum (Jugendbuch) und Elisabeth Steinkellner/Michael Roher: Die Kürbiskatze kocht Kirschkompott (Bilderbuch).
Lilly Axster, Autorin
Axsters Kinderbücher (Auswahl): Ein bisschen wie Du / A little like you (mit Christine Aebi, Henrie Dennis, Jaray Fofana), 2018; Die Stadt war nie wach, 2017; DAS machen, 2012
Wovon zahlt eine Kinderbuchautorin ihre Miete?
In dem kleinen Feld, in dem ich mich queer schreibend bewege, kostet (Bilder-)Bücher machen mehr Geld, als es bringt. Aber ich profitiere natürlich auf Umwegen: Stipendien, Honorare für Schreibwerkstätten und Lesungen, Preise sind meist mit Geld dotiert, und für Theaterstücke bekomme ich, wenn sie nachgespielt werden, Tantiemen. Ich bin also in der glücklichen Lage, mit meinem Schreiben Geld verdienen zu können. Wenn ich nur das schreibe, was mich wirklich interessiert, kann ich davon kaum leben. Mein Haupteinkommen beziehe ich aus meiner Mitarbeit bei der Fachstelle Selbstlaut gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen in 1160 Wien.
Was unterscheidet ein Kinder- von einem Erwachsenenbuch?
Das Kurzformat, das Bücher für Kinder erfordert, ist eine Herausforderung. Wenige Worte, einfache Sätze, die aber alle Vielschichtigkeit der Gefühle und Vorgänge ausdrücken können. Uff.
Was ist Dein liebstes Kinderbuch?
Ich habe kein liebstes Kinderbuch. Aber: Illustrationen von Christine Aebi und Ingrid Godon. Akim rennt von Claude K. Dubois. Bilderbücher für die Kleinsten von Todd Parr. Der Roman von Sharon M. Draper: Mit Worten kann ich fliegen. Jaqueline Woodson, Andreas Steinhöfel, Carolyn Coman (Autor_innen).
Was magst Du am Kinderbuchschreiben? Und was nicht?
Mir gefällt eben diese Genauigkeit, dieses Reduzierte, das gleichzeitige Bemühen um Einfachheit, Direktheit und Komplexität. Und ich schaue gern durch die Brille von kleinen Personen auf die gesellschaftlichen und persönlichen Verhältnisse, die wir großen Personen verantworten. Mich stört, dass Kinderbücher von Verlagen, Vertriebslogiken, Buchhandlungen und den meist erwachsenen Käufer_innen häufig in Schubladen gepackt werden, die wichtiger erscheinen als der direkte Zugang zu Bild, Text, Grafik. Solche Schubladen sind zum Beispiel Altersempfehlungen, traurig-lustig, ein thematisches Schlagwort, Pinkifizierung (Danke an Heidi Lexe für den Hinweis auf diesen Begriff für sogenannte «Mädchenbücher») und kindgerecht. Was immer das heißen soll. Als wenn alle Kinder gleich wären und Bücher gerecht. Niemand würde ein Buch imaginieren, das allen Erwachsenen gerecht werden könnte.
Franziska Schweizer, Kinderbuchhandlung Pippilotta
Nach welchen Kriterien suchen Sie die Bücher für Ihre Kinderbuchhandlung aus?
Bilderbücher nach Illustration, Thema, Text, Stil, Haptik, Papierqualität und Format. Fazit: Bücher, die wunderschön «daherkommen». Lesebücher suche ich nach Sprache, Stil und Themen aus.
Was können Eltern beim Bücherkaufen oder Ausleihen beachten?
Buchempfehlungen der Buchhandlung, Bibliothek, Zeitungen, Radio …
Was mögen Sie besonders an ihrer Arbeit als Kinderbuchladenbetreiberin? Und was eher nicht?
Ich mag sehr, dass ich mich jeden Tag mit so wunderbaren Büchern umgeben darf; das Lächeln und die Freude, die meine kleinen und großen Leser_innen mit einem Buch mit nach Hause nehmen …
Ich mag weniger, dass es Menschen gibt, die den Wert eines Buches überhaupt nicht schätzen.
Was ist ihre aktuelle Buchempfehlung?
Die Natur. Entdecke die Wildnis vor deiner Haustür von Maria Ana Peixe Dias, Ines Teixeira do Rosário, Bernardo P. Carvalho, in der Übersetzung von Claudia Stein. Ein Buch für die ganze Familie, randvoll mit Wissen zu Bäumen und Blumen, Insekten, Amphibien, Vögeln, Reptilien und Säugetieren, Gesteinen, Gewässern, Wolken und Sternen.