Ablenken und Wegnehmentun & lassen

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Der Verfassungsgerichtshof hat die Kürzung der Mindestsicherung aufgehoben. Das ­Gesetz verfehle «seinen eigentlichen Zweck, nämlich die Vermeidung und Bekämpfung von sozialen Notlagen bei hilfsbedürftigen Personen», sagt der Verfassungsgerichtshof.Was wir daraus lernen sollten:

1. Verfassung und Menschenrechte als unsere gemeinsamen Werte achten – gerade bei Minderheiten und Armutsbetroffenen nicht schauen, «was geht», und sehenden Auges verfassungsrechtlich und auch menschenrechtlich bedenkliche Gesetze beschließen. Besonders unglaubwürdig machen sich diejenigen, die dauernd von ­«Werten» reden, aber den zentralen Wert der Menschenrechte missachten.

2. Genau hinsehen: «Asyl» wird gesagt, aber gestrichen wird dann bei allen. Wir haben gerade die aktuellen Zahlen für Niederösterreich bekommen. Nur jede siebente vom ­Deckel betroffene Person ist asylberechtigt. Die Existenzkürzungen betreffen also in erster Linie «Hiesige» und schon längst Dagewesene. Die Deckelungskürzungen richten sich gegen Familien, Alleinerziehende, Pensionist_innen, Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderungen, Arbeitende und Arbeitsuchende gleichermaßen.

Die Verlautbarungen waren aber andere. Die Partei- und Regierungsaussendungen sollten ablenken. Die meisten ­Medienberichte haben stets unkritisch diese sprachlichen und inhaltlichen Vernebelungen übernommen.

Jetzt haben wir mit den aktuellen Daten den Beweis dafür, dass das mit der Realität nichts zu tun hat. Auf ­«die Flüchtlinge» zeigen die Regierenden, die Bedingungen verschärfen sie aber für alle. Das ist das Geschäft von Trickdieb_innen: Es braucht immer eine_n, der/die ablenkt, damit dir der/die andere die Geldbörse aus der Tasche ziehen kann. Die «Ausländer» werden ins Spiel gebracht, weil sonst die Kürzungen nicht durchgesetzt werden könnten.

Keiner alten Frau, keinem Menschen mit Behinderung, keinem/keiner Niedriglohnbezieher_in geht es jetzt besser. Im Gegenteil. Die Pläne zur Abschaffung der Notstandshilfe, Streichung der Hilfen am Arbeitsmarkt oder Kürzungen bei chronisch Kranken belasten gerade diejenigen, denen wegen der «Flüchtlinge» Gerechtigkeit versprochen wurde. Im Salzkammergut steht ein höchst erfolgreiches Sozialprojekt vor dem Aus. Ein Fahrtendienst, der besonders ältere Menschen unterstützt, zum Arzt oder zur Ärztin, zur Therapie und zum Einkauf zu kommen. Eine Initiative, die wichtig ist für die Menschen in der Region. Nun verlieren neben den zahlreichen Fahrkund_innen auf einen Schlag auch zwölf ­Fahrer_innen und Verwaltungskräfte ihre Arbeitsstelle und eine wertvolle, sinnstiftende Aufgabe. Was macht nun die Regierung, um von diesen Folgen abzulenken? Genau, sie verkündet ein «Ausländersparpaket». Und verpackt darin alle Maßnahmen wie die Einstellung des Fahrtendienstes im Salzkammergut. Damit alle glauben, es treffe sie nicht. Damit Hass und Spaltung weitergehen. Damit Kürzungen im Sozialstaat reibungslos durchgesetzt werden können. In Wirklichkeit handelt sich um ein Kürzungspaket bei Kindern, Arbeitssuchenden, Kranken und Familien im unteren Einkommensviertel. Wenn sie ­«Ausländer» sagen, meinen sie uns alle.

3. Das können wir als Drittes lernen: Der Neid-Trick schadet einem selbst, weil man sich das, was einem nützt, selbst versagt. Er ist ein Instrument, um die auseinanderzutreiben, die sich eigentlich zusammenschließen könnten, um ihre eigene Lebenssituation zu verbessern. Er ist ein Gift, das Leute mit ähnlichen Interessen spaltet. Er nützt uns nicht. Er nützt den Trickdieb_innen.