«Alles kalkuliert, alles Absicht»tun & lassen

Geschichten vom Kapital

«Vor zwei Jahren, also mit fast vierundvierzig, habe ich die letzte BAfÖG-Rate zurückgezahlt. Gerade noch rechtzeitig vor der Menopause.» In Fischfabrik erzählt Lucy Fricke von ihrem jüngeren Ich und dem Aufstieg vom Meerestiere-Abfüllen zur studierten Autorin. Aber ist es ein Aufstieg? Oder eher ein Sich-Abwenden, Davonrennen, Beziehungen-Beenden? Denn wer zu denen mit dem kulturellen (wenn auch nicht zwingend ökonomischen) Kapital gehören will, kann nicht gleichzeitig Teil der anderen sein, derer, von denen man so wunderbar authentisch erzählen kann, dass auch das bürgerliche Feuilleton zufrieden ist, wie Anke Stelling in Plastikteile : «Ja, ihr habt recht, ich bin zu nah dran. Ist aber alles kalkuliert, ist alles Absicht!»
Christian Baron und Maria Barankow haben mit Klasse und Kampf einen schwerverdaulichen Reader’s Digest deutscher Autor_innen herausgegeben, mit Kurzgeschichten, Essays und Kommentaren u. a. von Sharon Dodua Otoo und Schorsch Kamerun. Wer es gern kurzgeschichtlich hat, ist damit gut beraten – allen anderen seien die Langformen empfohlen, Christian Barons Ein Mann seiner Klasse, Kübra Gümüşays Sprache & Sein oder Katja Oskamps Marzahn, mon amour. Geschichten einer Fußpflegerin.

Maria Barankow,
Christian Baron (Hg):
Klasse und Kampf
Claassen 2021
220 Seiten, 20,60 Euro

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