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Partnerschaft im Souterrain: Modelabel «Wiener Unart» und die «Graphikkinder»

Passsant_innen vor dem Haus Linke Wienzeile 108 wegen der großen Kellerfenster guten Einblick haben, strahlt etwas Müßiggängerisches, aber auch etwas durchaus Arbeitsames aus;  etwas Spielerisches und Geselliges, aber auch Hingabe und Unternehmensgeist. Mehmet Emir (Fotos) und Robert Sommer (Text) besuchten ein Künstler_innenkollektiv im 6. Bezirk.Ist es für euch wichtig, im Keller zu sein, frage ich Katharina Blum, Katharina Trieb und Pavlina Delcheva. Ist der Keller ein Biotop, in dem Kunst besonders gut gedeiht? So eine blöde Frage ist den drei Frauen wahrscheinlich noch nie gestellt worden. Das merkt man daran, dass Katharina Trieb, die Sprecherin des Künstler_innenvereins «Graphikkinder», die jede Frage im Stil einer PR-Frau souverän beantwortet, nach der Keller-Frage eine Nachdenkpause braucht. «Keller ist deine Wortwahl», antwortet sie dann. «Wir sprechen lieber von Souterrain. Durch die beiden großen Fenster fällt relativ viel Licht. Der wirkliche Keller beginnt erst hinter der Wand. Wir nennen ihn: unser Loch.» Souterrain und Loch waren ein kostengünstiger Zufallsfund für das insgesamt achtköpfige Künstler_innenkollektiv, das aus Absolvent_innen der legendären Kunstschule Wien (die subkulturelle Alternative zur Akademie der Bildenden Künste) besteht.

Für Katharina Blum, die nicht nur Teil des «Graphikkinder»-Kollektivs ist, sondern hier auch ihre Eine-Frau-Firma «Wiener Unart» betreibt, ist es bereits die vierte Werkstatt seit ihrer Diplomierung. Sie fühlt sich hier pudelwohl (ein Begriff, den ihre Französischer Bulldogge namens «Herr Konrad» nicht so gern hört), obwohl sie sich manchmal wie in einem Schaufenster ausgestellt fühlt und dadurch Konzentrationsprobleme kriegt. Denn unmittelbar vor den Souterrain-Fenstern warten die Menschen auf die Busse der Linien 12 A und 14 A. «Wir haben uns verboten, uns durch Vorhänge unsichtbar zu machen», erklärt Katharina Trieb. Die Schaufenster-Situation ist kommunikationsförderlich, und die acht Künstler_innen, die hier auf traditionelle oder experimentelle, zeitgenössische Weise Druckgraphik herstellen, genießen diesen öffentlichen Status ihrer Werkstatt. Manchmal kommen Passant_innen herein, um Bier zu trinken, und die Sandler von der hundert Meter entfernten U4-Station Pilgramgasse haben keine Scheu, sich in die Partys zu mischen, zu denen die «Graphikkinder» gelegentlich einladen.

 

5 T-Shirts in Ehren & gespendete Kunst

 

Im Kunstdiskurs findet die Druckgraphik – insbesondere auf tragbaren Dingen wie T-Shirts, Schals, Hauben und Taschen – weniger Anerkennung als andere Genres im Rahmen der Bildenden Kunst. Zudem ist heuer eine wichtige Lobbyarbeit für die Druckgraphik, die Herausgabe der Zeitschrift «Um:Druck» durch den Kunstförderer Philipp Maurer, beendet worden. Darunter leiden auch Katharina Trieb und Pavlina Delcheva, die redaktionelle Mitarbeiter_innen des «Um:Druck» waren. Um aus der Ecke, in der sich die Druckgraphik befindet, rauszukommen, strebt die Kellergruppe in der Linken Wienzeile Kooperationen mit Künstler_innen aller Gattungen an. Besonders auf Kooperation angewiesen ist Katharina Blum, die von Aufträgen leben muss. An ihr alternatives Mode-Label «Wiener Unart» sind zum Beispiel die Musiker der zeitgenössischen Wienerliedpartie «5/8 in Ehren» herangetreten; sie bestellten T-Shirts für die Band.

Katharina Blum beschränkt sich nicht auf die Zusammenarbeit mit Künstler_innen (Achtung: Dieser Satz ist falsch, wenn die These stimmt, alle Menschen seien Künstler_innen), sondern hat eine Methode der breiten Ideensammlung entwickelt. Sie stellte in einschlägigen Lokalen Sammelboxen auf, in die die Gäste «Zeichnungsspenden» einwerfen sollten, auf deren Basis neue Designs für textile Dinge entworfen werden sollten. 160 Zeichnungsspenden sind eingelangt, strahlt die «Unart»-Initiatorin. Auf Facebook wurde nach den besten Einsendungen gevotet – auch die Spenden werden hier dokumentiert. Meinen Vorbehalt, sie lebe damit von den Ideen anderer, kann sie nicht ganz ernst nehmen: Das sei eines der typischen Kunstprojekte gewesen, bei denen der Aufwand den ökonomischen Nutzen weit übertrifft.

Das nächste größere Vorhaben der «Graphikkinder» im neuen Jahr ist die Neuauflage des Projekts «make.aZine», das vor drei Jahren im Künstlerhaus auf vielfältiges Interesse stieß. Das Zine kann als Randgruppensprachrohr definiert werden – es ist eine Gattung von Medien, die sich in den 70er Jahren in der britischen und amerikanischen Punkszene, aber auch in der feministischen Bewegung großer Beliebtheit erfreute. Auf Einladung der «Graphikkinder» präsentierten sich nationale und internationale Zine-Produzent_innen und gaben einen Überblick über den Erscheinungsreichtum der Gattung. Die «Graphikkinder» sorgten dafür, dass jede Besucherin, jeder Besucher die Möglichkeit hatte, via Internet ein selbstproduziertes Zine einzureichen.

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