An der QuelleDichter Innenteil

Die Abenteuer des Herrn Hüseyin (110)

Als Hüseyin aus der Türkei wieder in Wien ankam, fühlte er sich wohl. Er stellt sich bezüglich der politischen Situation in der Türkei immer wieder Fragen. Nach zwei Jahren wieder in der Heimat zu sein, gibt ihm ein Gefühl der Ohnmacht.

Bei der Einreise in die Türkei hatte er Angst, ob er als österreichischer Staatsbürger überhaupt in das Land reingelassen wird. Hüseyin hörte von vielen anderen Menschen, die über die Sozialmedien regimekritische Postings gesendet oder geliked haben, dass sie an den Grenzen entweder festgenommen oder zurückgeschickt wurden. Auf der Reise mit seinem Bruder aus Deutschland machten die beiden sich Gedanken. Wer von denen zurückgeschickt wird. Ziel der beiden ist, dass sie die Mutter vielleicht ein letztes Mal sehen. Obwohl die Mutter 6 Jahre jünger ist als der Vater, schaut sie viel älter aus. Ihre Krankheiten, das Alleingroßziehen der acht Kinder gaben ihr den Rest.

Das erste Mal fährt Herr Hüseyin nicht in sein Dorf. Früher ist der Hüseyin jedes Jahr ins Dorf gefahren, um die Menschen dort zu besuchen. In diesen 38 Jahren, die er in Wien lebt, ist er etwa 32 Mal hingefahren, um die Leute dort zu fotografieren, zu filmen oder Tonaufnahmen zu machen. Das erste Mal fährt der Hüseyin nicht in sein Dorf. Vielleicht ist die Situation des Abnabelns nach 38 Jahren gekommen.

Einen Freund aus Wien trifft er in der Nähe. Er möchte ihm unbedingt die Quelle oberhalb des Dorfes zeigen. Sie fahren von Hozat (Kreisstadt in Tunceli) zur Quelle. Die Fahrt dauert eine halbe Stunde. Obwohl die Temperatur um die 40 Grad ist, können sie die Hände und Füße nicht einmal eine Minute im kalten Wasser halten. Hüseyin zeigt dem Freund die Stellen, wo sie mit den Tieren im Sommer drei Monate auf der Alm waren. Diese steilen Wege, die er als Kind jeden Tag gehen musste. Bevor die Sonne aufging, machten sich die Kinder auf den Weg Richtung Dorf. Kinder, die auf der Alm bleiben mussten, hatten die Aufgabe, die Ziegen und Schafe zum Weiden zu führen. Diese Tage auf den Bergen waren meist langweilig. In der Zeit hat man keine Menschen gesehen. Sie machten sich Gedanken, was denn die anderen Kinder wohl jetzt im Dorf machen würden? Jogurt, Ayran und Butter in der Hand oder auf dem Rücken tragend, beeilten sich die Kinder, bevor die Sonne aufging, wollten sie im Schatten das Dorf erreichen. Gegen Abend sammelten sich die Kinder im Dorf, die Körbe in der Hand voll mit den frischen Maulbeeren und Jungzwiebeln, um sie auf die Alm auf dem Berg 2000 Meter hochzubringen. Sie gingen wie die Steinrebhühner mit dem Schatten rauf. Die Sonne ging vor ihnen. Diese Kinder sahen auf ihren Reisen viele Wildtiere.

Ein seltsames Gefühl, auf der einen Seite dem Dorf so nahe zu sein, aber auf der anderen Seite sich zu verabschieden.

Sogar die Mutter mit ihrem schwachen Augenlicht zeigt, während sie in der Nacht am Balkon sitzen, dem Hüseyin die Drohnen am Himmel von Elâzığ.

Ihr Hüseyin aus Wien