An der schönen gold’nen Donautun & lassen

Für Immobiliengeschäfte gilt: mehr privat, weniger Staat

Derzeit wird in Wien eine der größten Immobilientransaktionen der letzten Jahre gestartet: Der DC-Tower auf der Donauplatte wird verkauft.  Was einmal öffentlicher Grund war, ist jetzt Gegenstand zäher Verhandlungen, deren Ziel eine möglichst hohe Rendite auf das eingesetzte Kapital ist. Clemens Staudinger analysiert.

Illu: Much

Im «Wiener Walzer» des Strauss Schani wird die Donau als blau besungen. Die derzeitigen Manager_innen der WED (Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum GesmbH) dürften eher an der Farbe des Goldes interessiert sein, das bei diesem Immobiliendeal zu heben ist.

Der Reihe nach: In den 1970er Jahren wird das ehemalige Entlastungsgelände an der Donau für Hochwassertage in die Donauinsel umgebaut, und wertvolles Ufergelände im Eigentum der Gemeinde Wien entsteht. UNO City und Konferenzzentrum folgen. In den 1990er-Jahren werden im Umfeld die ersten Bürotürme errichtet. Immer mit dabei an vorderster Front: die WEB im 100-Prozent-Eigentum der Bank Austria. Was hier trocken und harmlos klingt, ist die Folge eines Privatisierungsprozesses, der über viele Umwege Grund und Boden der Gemeinde Wien in private Hände bringt.

Wer hat schon Interesse an öffentlichem Grund?

Die WEB wurde von der Bank Austria (bekanntlich aus der ehemaligen Zentralsparkasse der Gemeinde Wien hervorgegangen) mit dem Ziel gegründet, Immobilienprojekte gewinnbringend für die Eigentümer_innen abzuwickeln. Wobei klar ist, dass die Interessen der Eigentümer_innen nicht unbedingt mit den Interessen der Wiener_innen übereinstimmen müssen – und das im konkreten Fall auch nicht tun. An der Geschichte dieser Immobilie ist konkret und exakt nachzuvollziehen, was Privatisierung von öffentlichem Grund und Boden bedeutet: Die Gemeinde war Eigentümerin der Liegenschaft, veräußert an Kapitalgesellschaften im Einflussbereich der Bank Austria, und die Möglichkeit, den Grund an der Donau im Sinne der Wiener_innen zu nutzen, ist perdu. Wer nun denkt, die Bank Austria sei der Gemeinde nahe und könne so im Sinne der Bewohner_innen dieser Stadt wirken, wird schnell aus diesen Träumen aufwachen, wenn betrachtet wird, an wen die Dividenden aus den Geschäften mit dem ehemaligen Gemeindegrund fließen: an die Aktionär_innen der AG; und da ist die Gemeinde Wien über den Umweg einer Stiftung nur noch zu einem verschwindend kleinen Teil beteiligt. Der Wiener Gemeinderat, als höchstes Entscheidungsgremium der Stadt, ist an den wesentlichen Entscheidungen nicht mehr beteiligt.

Hochpreisige Büros vs. leistbarer Wohnraum

Der DC-Tower, geplant vom französischem Architekten Dominique Perrault, ist das höchste Gebäude Österreichs und das zweithöchste in Europa: 250 Meter. Eröffnet wurde der Tower 2014, bis vor kurzem konnten nur rund 50 Prozent vermietet werden, bis Jahresende sollen an die 90 Prozent der Nutzfläche Mieter_innen finden. Bei 72.000 m2 Nutzfläche ein bedeutendes Asset der Immobilienfirma der Bank Austria.

Obwohl in Wien rund 30 Prozent der in den letzten 15 Jahren errichteten Büroflächen leer stehen und keine Mieter_innen finden, wird munter weitergebaut: Gegenüber des bereits errichteten Towers wird ein Zwillingsturm – ebenfalls von Perrault geplant – errichtet, der jedoch «nur» 170 Meter hoch sein wird. Die WEB als Grundstückseigentümerin hat in diesen Tagen das nötige Grundstück an eine Errichtungsgesellschaft verkauft.

Der ungebremste Neubau von Büroflächen ist auch vor dem Hintergrund eines darniederliegenden öffentlichen Wohnbaus zu sehen. Für die Projektentwickler einer Gesellschaft, wie beispielsweise der WEB, stellt sich die simple Frage, bei welchen Projekten die Gewinnmarge höher ist: beim Bau von hochpreisigen Büroflächen oder bei der Schaffung von brauchbarem und leistbarem Wohnraum für Menschen. Die Antwort sehen die Wiener_innen in Form des DC-Towers mit Mieter_innen wie PriceWaterhouseCooper oder IBM.

Öffentlicher Wohnbau oder privates, gewinnorientiertes Investment: «Weniger Staat, mehr privat» erklärte schon Bundeskanzler Schüssel, als er mit der FPÖ im Jahr 2000 das Regierungs- und Privatisierungbüro eröffnete und die wenig segensreiche Zeit von Schwarz-Blau über Österreich hereinbrach.

Einen weiteren Aspekt zeigt die Geschichte des DC-Towers auf ehemals gemeindeeigenem Grund: Privatisierungen lassen sich bei geänderter politischer Großwetterlage nicht simpel rückgängig machen, noch können die Folgen für die Stadtbewohner_innen und Steuerzahler_innen gelindert werden. Der Tower steht, die Eigentumsverhältnisse sind in Stein gemeißelt.

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