Anliegen zum Schulstarttun & lassen

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In einkommensschwachen Haushalten leben 150.000 Pflichtschüler_innen. Das sind schlechte Startbedingungen für viele Kinder am Schulanfang. Schultasche, Sportbeutel, Hefte, Stifte, Malfarben, Handarbeitskoffer … Schon ein einfaches Startparket für die Schule kann 100 bis 300 Euro kosten. Hinzu kommen noch zusätzliche Kosten. Je nach Schultyp und Schulstufe müssen zum Beispiel Kopierkosten oder auch Projekt- und Wandertage sowie Elternvereins­beiträge finanziert werden. All das macht laut letzter Schulkostenstudie zusammengerechnet weit über 1.000 Euro Gesamt­ausgaben pro Schulkind aus.
«Frau sitzt mir heute gegenüber, weint, weil sie nicht weiß, wie sie die nächsten Tage Essen kaufen soll. Weil die Sozialhilfe nicht reicht. Die Menschen hinter den Zahlen», schreibt Gabi auf Twitter. Wohnkosten und Lebensmittelpreise sind auf einem Rekordhoch. Unter der gekürzten Sozialhilfe leiden jetzt besonders die Kinder. Die Schule startet wieder. Die Arbeitslosenleistungen sind in Österreich viel zu gering, besonders wenn ich vorher im Niedriglohnsektor arbeiten musste. Auch Arbeitssuchende und prekär Beschäftigte haben Kinder. Und nicht alle profitieren von der anspringenden Konjunktur. Wer gesundheitlich angeschlagen, älter ist, Betreuungspflichten hat, bekommt nicht als Erster einen Job. Der Familienbonus übrigens, der eine Hilfe sein könnte, ist so konstruiert, dass er die ärmsten zwanzig Prozent der Kinder ausschließt.
Zurück zum Schulstart. Dringend reformbedürftig sind auch die Grundleistungen, die Schüler_innen aus einkommens­schwachen Elternhäusern unterstützen sollen. Die Auszahlung der Schülerbeihilfe müsste auch die 9. Schulstufe erfassen. Gerade hier gibt es hohe Kosten im Ausbildungsjahr – und die Ausbildungsentscheidung steht an. Ein weiteres Problem ist die Inanspruchnahme: Viel zu wenige wissen davon. 2010 wurden noch 39 Millionen Euro ausbezahlt, 2020 nur mehr 21 Millionen. Die Inanspruchnahme ist auf einem Tiefstand, obwohl der Bedarf groß wäre.
Für einige Schulen bringt das neue Schuljahr eine Veränderung, den sogenannten Chancenindex. Dieser soll dafür sorgen, dass Schulen an benachteiligten Standorten zusätzlich unterstützt werden. Dass ein gut umgesetzter Chancenindex funktioniert und die Bildungschancen der Kinder erhöht, zeigen viele internationale Beispiele – man braucht nur nach Hamburg, in die Niederlande oder auch nach Kanada zu schauen. Aber: So, wie er jetzt in Österreich umgesetzt werden soll, muss man von einem «Chancenindex light» sprechen. Das Projekt ist nämlich auf bloß 100 Schulen beschränkt und befristet. Hier verschwendet die Regierung wertvolle Zeit. Hundert teilnehmende Schulen bedeutet, dass nur jede elfte Pflichtschule mit großen Herausforderungen berücksichtigt wird. Wichtig ist außerdem: Man darf nicht jenen Schulen, die gute präventive Arbeit leisten, um ihren Schulstandort zu stärken, Mittel wegnehmen für andere Schulen, die es noch schwerer haben. Menschen aus dem unteren Einkommensdrittel – Alleinerziehende, arbeitssuchende Jugendliche, Familien mit Kindern, Wohnungslose und Mindestpensionist_innen – wurden gerade in Oberösterreich zur Wahl befragt: 81% von ihnen sagten, sie hätten nicht das Gefühl, dass sich die Politik um ihre Anliegen kümmert. 61% glauben nicht, dass sie mit ihrem Wahlrecht irgendetwas ändern könnten. Kein Wunder.

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