Anna ist nicht alleine frei!Artistin

Musikarbeiter unterwegs … von Mexiko nach OTK, dazu pulsiert sinnliche MetaDisco

Die Wahlwienerin Ankathie Koi veröffentlicht Anfang September ihr zweites Album. Nicht nur der Titel ist stark: Prominent Libido!
Text: Rainer Krispel, Foto: Mario Lang

Vier Jahre ist es her, seit hier von der aus Bayern stammenden Ankathie Koi zu lesen war. Damals ging es um Fijuka, diese hatten ihr Album Use My Soap veröffentlicht. Das Duo mit Judith Filimónova lief im Jahr 2017 mit letzten Gigs aus, im selben Jahr veröffentlichte Koi das Solo-Debüt I Hate The Way You Chew. Schon 2016 hatte die studierte (Jazz-)Sängerin mit Falter-Musikkenner und -liebhaber Gerhard Stöger das Popfest kuratiert. Die öffentliche Figur Ankathie Koi hatte so an Profil gewonnen. Ihre Lust, das Popspiel ganz und niemals halb zu spielen, mit entsprechenden Videos und von den Outfits her gekonnt inszenierten Liveauftritten (Koi ist Performerin durch und durch!), tat ein Übriges. Die offensive Neigung zu 80er-Disco und Poprefrains – «meine Eltern waren sehr jung und haben diesen Sound gehört, wir waren ein Discohaushalt, Chartsmucke, das ist mir picken geblieben» – korrespondiert(e) gut mit der sich verändernden Musiklandschaft in A. Wo endlich die Körper den Köpfen den Weg zu einer gescheit(en) tanzbaren Musik wiesen und langsam Frauen wie Ankathie Koi ihr (Bühnen-)Bild so ebenbürtig selbstbewusst, ausufernd oder spielerisch wie Schwanzträger von jeher in Szene setzten. Mediale Zuschreibungen wie «80er-Tante» oder «hypertalentierte Rampensau» (Popfest) sind so gesehen Bestätigungen für die Musikerin, die zur bei aller Präsenz noch notwendigen materiellen Lebenssicherung gerne Gesang an der mdw unterrichtet.

Montezumas Rache war nicht nur schlecht.

«Ich wollte das Album schon viel früher rausbringen, bin schon wie auf Kohlen gesessen, das hat was von einer verstopften Pipeline», ruft sich Ankathie Koi den Entstehungsprozess von Prominent Libido mit seinen 10 Stücken in Erinnerung. Sie artikuliert die Notwendigkeit, neues Material spielen zu wollen, «weil ich nun mal wahnsinnig gern auf der Bühne stehe und auch glaube, dass ich das gut mache», das Material aber dafür ihre Entwicklung, ihre Standorte stimmig abbilden und wiedergeben muss. «Ich war vor zwei Jahren jemand anderer, die Themen verändern sich», sagt die mittlerweile bald 36-Jährige, «ich verändere mich, was ich will, Dinge, die man vielleicht auch sexuell spürt (…), wie das auch auftaucht, es gibt jetzt diese Sex Positive Partys in Wien, wo bei den Partys gefragt wird, wie’s den Leuten geht, wie sie das erleben … Was macht einen Porno eklig? Die Darstellung der Frau.» Ihre Arbeit als Songwriterin vergleicht sie mit der Architektur eines Zimmers, Ausgangsmaterial waren diesmal oft Basslinien und Hooks, Textfetzen. Im Februar 2018 sollte das Album eigentlich in Mexiko solide Grundlagen bekommen. Ein der geplanten Arbeit in Mexico City vorangestellter Badetrip sah ihren Freund in den Fängen von Montezumas Rache. Während dieser so völlig dem unfreiwilligen Stoffwechsel ausgeliefert war, lieferte der trostlose Pool und die Baustelle gegenüber vom grindigen Zimmer wenigstens erste Anstöße für den Text zu Prominent Libido. «Da waren nur so super sunny Surferboys, und ich bin ja eher der Emo am Strand.» «My old brain just collapsed inside/It happened down in Lido/I got robbed there, then I stopped there/To show everyone my prominent libido.»

Viele Köch_innen, geiler Brei.

Beim Ausformulieren von Songs wie Royal Boy, Anna is free («Wild kids are running fast/They are free, they are wild, they are chasing each other for nothing less than to score the desired goal»), Cats And Diamonds oder The Void arbeitete Ankathie Koi mit gleich sieben Produzenten, Patrick Pulsinger, Zebo Adam, Sam Irl, Julian Hruza, Manuel da Coll, Michael Schatzmann und Dominik Beyer trugen zum Album bei. Es ist Kois klarer Vision zu verdanken, dass das Album nicht nach Stückwerk klingt, sondern zu einer faszinierenden Vielfalt von Themen, die die Songs aufgreifen, passende Sounds gefunden wurden. Was sie mit ihrer Stimme tut, ist sowieso umwerfend, nicht nur beim Album-Closer The Light. Eine deutliche Bewegung von erstem zu neuem Album sieht Koi darin, dass die 80er-Einflüsse Raum machen für einen Sound, der «gespielte» Musik hörbar macht (live wird als Trio agiert). Mit den neuen Songs weiß Ankathie Koi das Liveset komplett. Es gibt keine Stücke mehr, die für sie emotional oder vom Energielevel her abfallen. «Ich will, dass die Leute dabei sind, ich spring rein zu die Leit’, ich umarme sie, ich hab’ keine Berührungsängste. Es gibt keine Kunstfigur Ankathie Koi auf der Bühne. Ich mag es, wenn die Leute aus sich herausgehen, es gibt Frauen, die mich während oder nach dem Konzert küssen, sonst küssen sie nie Frauen – das finde ich extrem schön.» «Oh, you know we are the same/We’re fire and flame/There is no chance to tame us/We’re fire and flame» (Cats And Diamonds).

Ankathie Koi: Prominent Libido (Radicalis, ab 13. 9.)
www.facebook.com/ankathiekoi

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