Anspruch und Antriebtun & lassen

Foto: Nina Strasser

Augustinerin Susi Mayer

Gefühlt verdiene ich schon ewig mein Geld mit Schreiben, aber erst seit dem vergangenen Jahr richte ich den ­Fokus auf Journalismus. Meine erste Repor­tage, eine Geschichte über Durchhäuser in Wien, habe ich im Augustin veröffentlicht. Seit einigen Monaten habe ich darin mit der «Wiener Berufung» meine eigene Rubrik (siehe S. 21). Ich schreibe Porträts über Berufe, die selten im Fokus stehen. Ich weiß jetzt, wie die Tierkörperverwertung funktioniert, was das Hygieneamt für Aufgaben hat und wie ein Tag von Obdachlosen-Betreuer:innen aussehen kann. Auch die Fotos zu den Geschichten kommen meist von mir.
Als Perfektionistin habe ich riesige Ansprüche an mich, insbesondere an meine ­Texte. Darum bereite ich mich intensiv auf Themen vor, lese jeden Artikel, den ich finden kann, höre mir Podcasts an, schaue Dokumentationen. ­Dabei fällt mir auf, dass oft dieselben Fragen gestellt werden. Umso wichtiger ist es mir, bei meiner Recherche in die Tiefe zu gehen. Mein Anspruch ist, Leser:innen mit meinen Storys ­einen Mehrwert zu bieten, nicht more of the same.
Womit geht es uns besser als Gesellschaft? Die Antwort auf diese Frage treibt mich an. Darum beschäftige ich mich mit den Themen Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Ökologie und Diversität. Ich interessiere mich für wissenschaftliche Innovationen und ­könnte stundenlag zuschauen und/oder zuhören, wie Menschen an ­Lösungen von Problemen tüfteln. Hinter jeder Entwicklung steckt ein spannender Mensch mit seiner Lebensgeschichte. Hinter die Fassade blicken zu können, bereitet mir jedes Mal aufs Neue Freude.
Mein eigener Weg hat mich nach der ­Schule nach Australien geführt, danach nach Großbritannien und Italien. Nach einem Bachelor-Studium war mein erster Vollzeitjob in einer Werbeagentur. Da mir die Texte dort nicht tiefgehend genug waren, habe ich schließlich ein Masterstudium im Bereich Journalismus draufgesetzt. 2017 habe ich dann in der Werbeagentur begonnen, für die etwa 30 Angestellten zu Mittag zu kochen. Ich kenne und mag die Leute. Ihnen etwas Gutes zu tun, ist einfach erfüllend für mich.
Schade ist, dass in der Medi­enbranche die unkritischen und kaum recherchierten Texte besser bezahlt werden als ernsthafter Journalismus. Darum ­benötige ich als ­Selbstständige mehrere Einkommensquellen. Dass ich deshalb auch noch Werbung und PR mache, steht für mich nicht im ­Widerspruch zu meiner journalistischen Tätigkeit. Mein Ziel ist, mit den richtigen Geschichten die Menschen zu erreichen. Das Medium bestimmt dabei lediglich die Form.