Anstalt für Dichtungen aller Richtungen vom 13. Februar 2017Schreibwerkstatt

In Anwesenheit des Lyrikers Peter Ahorner wurde sein Gedicht «Trotz Wien» erweitert

Die «Anstalt», wie sie liebevoll abgekürzt wird, verfiel schon in der Startveranstaltung im Februar in einen veritablen Produktivitätsrausch. Gastlyriker Peter Ahorner kam aus dem Staunen kaum heraus: Sein absurdes Gedicht «Trotz Wien» erwies sich als Vorlage, die spontan die Phantasie der Besucher_innen anregte. Diese hatten sich die Aufgabe gestellt, das Langgedicht Ahorners bei Beibehaltung der rhythmischen und inhaltlichen Merkmale mit ihren eigenen Strophen zu ergänzen.Hier Absurd-Ahorners Text:

TROTZ WIEN!

Praxis Doktor Passepartout

Am Tablett kein Pulver

Flüssigpflaster Liebe heilt

Wundeschön das Leben

Polizei im Sprachrevier

Fundort nahe Syntax

Prädikatentoleranz

Vivat Pleonasmus

Ringelspiel und Ringelernst

Kain und Abel rasten

Fliehkraft haut die Nerven um

Aufgetaut und wenn schon

Mund aus Glas und Herz aus Brot

Ausrangierte Augen

Blick aus Fell und Hand aus Fuß

Körperstellen dauern

Horoskop aus Marzipan

Zwei Auguren dritteln

Fast venerisch piperln wir

Generell wird’s Merkur

Marmortisch mit Überbein

Hornbebrillter Hofrat

Mahlzeitartig durchgeschult

Supperl öffnet Magen

Tabernakel öffne dich

Eil herbei, Monstranzerl

Frisch poliert, komm sing ein Lied

Erbst nix, erbst die Sünde

Konfusion vom Magen her

Trampolin Kartoffel

Oberst Kren knallt frei das Hirn

Literweis Melisse

Subcutaner, schleich dich an

Schlachtfeld Epidermis

Rührt Berührung immer mehr

Imperator Frühherz

Räusperreiz am Nachmittag

Bronchiale Distel

Extubierter Halskanal

Beuschl auf der Zunge

Pyroman Pythagoras

Schülermuskeln flammen

Nahquadrat plus Wehquadrat

Hypo sucht Medusa

Schillerlocken schlacken ab

Picknick unter Wasser

Reingelegt, dann eingelegt

Rollmops, Russe, Zwiebel

Geld belehnt in Pfandanstalt

Inflation und wenn schon

Hundert rein und neunzig raus

Pfeif ma auf Effekte

Reiss dein Herz auf oder mich

Biber beim Dentisten

Wurzel oder Pankreas

Ungezogen schlafen

Arsch im Pfeffer oder wo

Brüssel würzt uns chemisch

Kräuter wachsen im Regal

Lauchschnitt, Kresse – Mahlzeit

Kathedralen kühlen uns

Steinmetz Pfingsten kudert

Liturgie im Schlotterhemd

Corpus Christi lüftet

Biathlon statt Munition

Läufige Gewehre

Durch die Kimme dringt der Schnaps

Körner trinken Hühner

Kanteneck und Spitzquadrat –

Hymnisch bleibt das Runde

Kurve schlagt Justitia

Satan trotzt dem Richter

Perlenkettenreaktion

Schwanenhals betuchter

Augen brechen Regenlicht

Sei nicht enthusiastisch

Schwer intime Fahnenflucht

Völkerrecht für alle

Gaumen kraulen geht vorbei

Dauervisum auch bald

Fein getrennt von Tisch und Bett

Herz und Holztisch keuchen

Schlaf- und essbar ist der Mensch

Liebe is kein Polster

„Tagliatelle – Düsseldorf,

tour retour, wenn möglich!“

Carla sucht ein Hochzeitskleid

Für die geile Nonna

„Endorphin heißt mein Delphin!“,

spricht der Zitterrochen

„Die Elektrik stimmt bei uns,

Wählerstrom und Düse“

Apotheken räumen gern

Fortbewegungsmittel

Alka Seltzer Fruchtgeschmack

Ab in die Ampulle

Am Jahrhundert flennt die Zeit

Bettflucht der Heraldik

Greif und Leu sind vogelfrei

Kümmern sich um Tiere

Sei mir doch nicht so abhand

Sprechen wir beim Schweigen

Tiefschnee bringt ein Land in Sicht

Glück, verdeckt ermittelt

Irgendwann beginnt der Mai

Ohne Dächer trinken

Katzenfelle tanzen schlecht

Regen, Sucht nach Juli

Baldrian am Campingplatz

Klapptisch macht die Grätsche

Enge Luft und kahle Stirn

Nachtmahl, laute Biere

Milky way, Planetenstau

Die Mikroben toben

Gestern hat Saturn getauscht

Mit dem Kosmos Ringe

Milder Abend, Knochenfrost

Dioptrien beim Heimweg

Fotografen noch daheim

Herbsten sich Motive

Streng lattierter Schonkaffee

Porzellan im Kuchen

Vitamine überall

Phlegma, Krümel, Lachen

Vollmond, mach die Trenndiät

Sonst verschütten alle

Fetter warst du heuer nie

Hör bloß auf mit Lila

In der Angst sind wir daheim

Ferien kommen später

Dann fahr´n wir alle aus der Haut

Außerdem wird’s finster

Warst du schon in Wien bei dir

Oder außer sich nur

Bleib doch, wo du eh nicht bist

Ottakrinzing gibt’s nicht!

Soweit das Original. Im Folgenden die (nicht vollständigen) «Fortführungen» des Gedichtes, die in einer unseren Gast Peter Ahorner verblüffenden Quantität und Qualität zu Papier gebracht wurden:

Jenny Legenstein dichtete:

Reinprechtsdorfer Stadtperchtschmutz

Fenstergitter weichlich

Tennistaschen tauen schlecht

Lauslos in den Kühlschrank

UFO-freier Wandertag

Kometenschweif will wedeln

Aliens im Heimathaus

Ins Kraut schießende Fleckerl

Ich am Anfang schreibt man nicht

Auch nicht Dann und Und

Wortwiederholungsunikat

Buchträgheit nicht zu schließen

Franz Blaha dichtete:

Martinsgansel, steig den Berg!

Gabel sticht den Löffel.

Sieben Zwerge schlafen schlecht.

Schlafen in Pantöffel.

Schlecht gesiebte Milch verkalkt.

Opa kriegt Gastritis.

Oma strickt im Internet.

Enkel fährt nach Vitis.

Esel rufen nicht „miau“.

Katzen lieben Würmer.

Angler saufen grünen Schlamm

sind halt schlechte Stürmer

Dschungelkühe geben Schnaps,

Elefanten weinen.

Pfarrer züchten Rosenwein.

Engel kriegen keinen.

Knabenröcke flattern steil.

Nordwind liegt in Falten.

Globus platzt in Tortenform

alles bleibt beim Alten.

Blau-Shampoon macht Affen kahl.

Leer ist der Kalender.

Goethe formt ein Warzenschwein,

keinen Sechzehnender.

Schande duckt sich ins Gesäß.

Lust paart sich mit Freude.

Niemals schlägt die Sanduhr sechs.

Spechte kriegen Räude.

Grillparzer friert sich zu Tod.

Rilke fastet räumlich.

Nur Bert Brecht schreibt Kirschen rot.

Globus ziert sich bäumlich.

Mars kommt nur in Riegeln vor.

Venus liegt im Koma.

Griechenland ist inselreif.

Das weiß auch die Oma.

Siebzehn Warzen tanzen Twist.

Spatzen hassen Walzer.

Merkel sagt: wir schaffen das,

mit ’nem Zungenschnalzer

Wahnsinn, ruft der Schreiberling,

Wahnsinn hat Methode,

Wahnsinn herrscht in Ottakring,

Wahnsinn ist jetzt Mode.

Wahnsinn, keucht ein später Narr

Wahnsinn macht uns happy.

Trump ist jetzt der Hahn im Klo

und ein festes Deppy.

Schwule machen Schwanzmusik.

Fasching ist ein Hammer.

Fasching ist das ganze Jahr

in der strengen Kammer.

Dreißig Pflaumen trinken Rum,

kriechen in die Töpfe.

Mutter schnäuzt sich in die Faust,

flicht sich lange Zöpfe.

Neun im Lotto gibt es nicht.

Glück ist eine Lüge.

Mimi frisst ein Tortenstück.

Gin füllt ihre Krüge.

Straßenbahn geht nicht entzwei.

Autos haben Reifen.

Steppensäufer haben’s schwer,

wenn Schakale keifen.

Neunzig Dichter fasst das Meer,

schwitzend auch im Winter.

Peter Handke macht Raudau.

Doch ist viel dahinter.

Alibaba jagd die Maus.

Räuber haben Schwerter.

Bleiben nächtens nicht zu Haus.

Charlotte killt den Werther.

Säbel üben das Duell,

sind wie harte Nudeln.

Köpfe rollen in den Hof,

dass sie ihn besudeln.

Aufrecht wächst das Winkelkraut,

neunzig Grad im Hofe.

Das freut den Pythagoras

und die Kammerzofe.

A-Quadrat schlägt B-Quadrat

winkelig im Dreieck.

Leider leider nutzt es nix

denn ich bin ein Zweieck.

Peter A. Krobath dichtete:

Schwarzer Hut und schwarze Schuh

bin ein Partezettel

Ablaufdatum als Tatoo

Grabsteinlasertatschskrien

Steig zu mir ins Eibett heut

Tatsch den Skrien im Flaulicht

Blaue Milch trinkt sich zu spät

Pathosfondüreibe

Ohnmacht Katastrophenlust

Lunge heavy metal

wild entschlossen wildersein

Sinn ist wieda dada

Irina Kostka dichtete:

In dem Heurigenquadrat

Oder bei der Mutter

Kratzt du ab im Dunkeleck`

Find`st daham ka Futter

Bitterdrama, anonym

Raubst du aus den Billa

Stotterst Söhnchen wonnevoll

Bist ein depperts Zwergerl

Schreibst du an den lieben Gott

Oder an den Teufel

Wirst am End` noch pädophil

Hat dein Hirn viel Wasser

Schaust du zu

Beim Fußballmatch

Von den feschen Buben

Exponierter, Irritierter, schlechte Kinderstuben

Bürgerschreck und Demonstrant

Blattsalat und Kahlhaupt

Hofburghengst und Intrigant

Splitternackt als Maler

Komikente, Opfertier

Flügel haben Schmerzen

Brennen Säuren über mir

Unten droht die Schwärze

Merzen aus wir alle nur

Leeren alle Kübel

Schleichen Hunde durch das All

Brechen sich die Zunge

Markus Grundtner dichtete:

Donau ohne Temperatur

Tauben löschen Regen

Pass, Passage, Passepartout

Straßen spiegeln Bühne

Aktenabfall auf dem Altar

Gerechtigkeit ist vage

Instanzenturm aus Radios

Babel stellt uns Fragen

Jutta Lorina Niederstätter dichtete:


Kackerlacken kacken ab

Trotzkiisten trotzen

scharlachroter Scharlatan

Bubenrotz gepokert.

Seid prinzipiell prinzipientreu!

pflanzet Purzelbäume!

bringts dem Prinz ein Prinzolin!

kriegt er oage Träume!

 

Alexander Fortunat dichtete:

Ein Glas trinkt Bier

Kein Sofa bellt im Aufzug

Schwarze Luft, die sich verstellt,

Fetzenwort, ein Schrei ist still.

Die Unvernunft stellt sich ins Eck,

Minutenlang die Stund vergeht

Kein Kruzifix bedankt sich grün

im Himmel spukt die Hölle.

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