Ansteckendes KinovergnügenArtistin

Literatur & Film

Wieder einmal schifft uns das lexikalische Filmwissen von Drehli Robnik kreuz und quer durch die Kinogeschichte. Diesmal: das Ansteckkino. Robnik widmet sich in seinem hochwertigen und leichtfüßigen Bändchen der «politischen Philosophie und Geschichte des Pandemie-Spielfilms». Er erzählt von den Leprakranken in drei Ben-Hur-Verfilmungen, kommt von Pasteurs Laborversuchen über das englische pasture (die Weide, auf der Pasteur Schafe gegen Milzbrand impft) zur Ansteckungsgefahr auf der Wiesn, bürstet koloniale Filmprojekte (die weiße Retterin im dunklen Slum – meist Indien) gegen den Strich, nimmt Seuchenerzählungen unter die Lupe und findet darin Geschichten vom infizierten Volkskörper, er reitet Rodeo in der Filmgeschichte und ihrem politischen Kontext von 1919 bis zur Oscarverleihung an Gisaengchung (Parasite) (Bong Joon-ho) kurz vor Ausbruch der Pandemie 2020. Na-geh-Effekt: Nichts bleibt unschuldig. Selbst das viel und naiv vor sich hin gepfiffene Wir lagen vor Madagaskar entlarvt Robnik in einer Fußnote als verseuchten Nazi­hadern. Wer Robniks Kinorap nicht lesen, sondern live sehen will, hat dazu beim Pandemic Cinema am 20. Oktober im Depot (7., Breite Gasse 3) die Chance.

Drehli Robnik: Ansteckkino
Neofelis 2020, 174 Seiten, 16,50 Euro

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