Augustiner Walter Szabo
Ich habe 47 Jahre lang gearbeitet und bin nie zu spät gekommen. Jetzt gehe ich in Pension und freue mich darauf. Ich habe ein Enkelkind, um das ich mich kümmern will, meine Frau und ich werden auf Urlaub fahren – keine Weltreise, ganz normaler Urlaub. Nein, Pensionsschock bekomme ich sicher keinen.
Den Augustin liefere ich seit der ersten Ausgabe. Am Anfang waren das ein paar hundert Stück, die hätte man auch mit dem Moped führen können. Dass ich später alle zwei Wochen 25.000 Stück mit dem LKW fahren werde, hätte ich mir damals nicht träumen lassen. Ich bin seit 34 Jahren bei der Firma Herold Chauffeur. Ich fahre sehr gern Auto, das ist mir nie auf die Nerven gegangen, ganz im Gegenteil, ich habe das Vergnügen mit der Arbeit verbunden. Privat fahre ich Fahrrad, Roller und Auto – vor allem am Wochenende, wenn wir ins Burgenland fahren. Ich bin aus Oberwart. Als ich jung war, gab es noch den Zug, mit dem wir nach Wien pendeln konnten, aber der wurde leider eingestellt.
Ich habe selbst im Straßenbau gearbeitet und auch im U-Bahn-Bau an der U2 und der U4. Die Jugoslawen und die Burgenländer, kann man sagen, haben in Wien die U-Bahn gebaut. Damals sind der H2, der G2 und der E2 unterirdisch gefahren – beim Landesgericht ging’s runter und bei der Secession wieder rauf. Die Straßenbahnen sind entfernt worden, und es wurden neue Gleise für die U-Bahn verlegt.
Meine erste Arbeit mit fünfzehn war in einem Second-Hand-Geschäft in der Wiedner Hauptstraße, Die Chance. Dort konnten die nicht so Betuchten sich schöne Dinge zu niedrigen Preisen kaufen. Manchmal hat man auch ein bisschen mehr geholfen, hat zum Beispiel jemandem ein Kasterl mit dem Handwagen nach Hause gebracht. Ich wusste, ich mache den Menschen eine Freude, und das hat mir selbst sehr viel Freude gegeben. Und so ist es für mich auch, wenn ich alle zwei Wochen hier beim Augustin hereinkomme.
Ich war 17, da hat mich eine Kollegin bei Die Chance gefragt, ob ich auf ein Bier gehen mag – sie waren drei Freundinnen und wollten nicht alleine ausgehen. Ich habe ein paar Freunde mitgenommen, und wir haben uns im Schwechaterhof in der Simmeringer Hauptstraße getroffen. So habe ich meine spätere Frau kennengelernt. Heute sind wir 42 Jahre verheiratet und haben zwei Kinder, mein Sohn wird in Zukunft den Augustin liefern. Hätte die Liebe nicht zugeschlagen, wäre ich sicher meinem Heimweh gefolgt und ins Burgenland zurückgegangen. Aber so bin ich ein Wiener geworden.
Protokoll: Lisa Bolyos
Foto: Mario Lang