Armselige Dienste für arme Menschen?tun & lassen

eingSCHENKt

50.000 Menschen bekommen in Österreich bei keiner Bank mehr ein Konto. Da in Zeiten des bargeldlosen Verkehrs ein Leben ohne Bankkonto schwer möglich ist, gibt es die Forderung nach dem Recht auf ein Bankkonto. In einigen Bundesländern wurde bisher eine „Zweite Bank“ gegründet, bei der auch Menschen ein Konto bekommen, die sonst keine Bank mehr nimmt. Hier zeigt sich das Problem: Gut, dass es eine solche Initiative als ersten Schritt gibt, es ist aber nur die zweitbeste Lösung. Besser, wie bereits in Belgien umgesetzt, wäre ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf ein Konto ohne Überziehungsrahmen bei allen Banken. Also keine Sonderbanken für Arme, sondern ein Angebot am normalen Bankschalter.Denn soziale Maßnahmen, die nur auf die Armen zielen, neigen dazu, armselige Maßnahmen zu werden: Poor services für poor people. Nur allzu schnell verselbständigt sich der Trend weg von universellen sozialen Bürgerrechten hin zur aussondernden, almosenhaften Armenfürsorge. Die Treffsicherheitsdebatte samt ihrem beherrschenden Maß der Bedürftigkeit verwandelt BürgerInnen mit sozialen Rechten in bittstellende Untertanen.

Wie ist der Zugang? Wie ist die Qualität? Wer ist berechtigt? Und wird bloßgestellt? Diese vier Kriterien müssen wir uns ansehen, wenn es um Dienstleistungen geht. Als erster dieser vier goldenen Schlüsseln gilt der Zugang: Gibt es für Armutsbetroffene überhaupt Zugang zu einer Leistung oder werden sie diskriminiert? Zweitens, wenn der Zugang gegeben ist, wie sieht die Qualität aus: Ist die Gesundheitsdienstleistung gut oder schlecht, der Unterricht engagiert, das Essen gehaltvoll, die Wohnung schimmelfrei? Drittens die Frage nach der so genannten Treffsicherheit: Was steht wem zu, wer darf die Leistung in Anspruch nehmen? Hier entstehen Probleme, die zu viertens führen: Beschämung: Werden die Betroffenen stigmatisiert? Handelt es sich um Dienstleistungen, die ausschließen und aussondern?

Schaffen Sozialmärkte für Menschen, die in Armut leben, ein Zweiklassensystem? Generell geht es hier wieder um die vier Kriterien: besonders um die Frage, wie die Qualität aussieht, wer berechtigt ist und ob Sozialmärkte stigmatisieren. Sondermärkte sind jedenfalls immer das zweitbeste Angebot. Zum anderen sind sie eine Hilfe für Leute ohne Geld, günstig existenziellen Bedarf abzudecken. Wir können in der Regel umso weniger von armseligen Leistungen sprechen, je näher sich diese einer breiteren Bevölkerungsschicht zuwenden, also auch Richtung Gesellschaftsmitte gehen. Ein positives Beispiel ist der Sozialmarkt in Kapfenberg, der in einen normalen Supermarkt integriert ist, aber besondere Einkaufskonditionen für Ärmere bietet. Auch der Linzer Aktivpass für Verkehrsmittel oder der Kulturpass stellen Zugang und gleiche Qualität für alle sicher. Problematisch aber bleiben weiter die damit verbundenen Bedarfsprüfungen, die alle Schwierigkeiten rund um die Treffsicherheit hervorrufen.

Entscheidend gegen armselige Dienste sind die vier goldenen Schlüssel: der Zugang für alle, gute Qualität, universelle Leistung und keine Beschämung.