Auch Kleinvieh macht Misttun & lassen

Die attraktive Villa mit Park und ein mehr als unanständiges Angebot

In der Raiffeisenholding Niederösterreich-Wien ist ein wesentlicher Teil des Immobilienbesitzes des Giebelkreuzkonzerns gebunkert. Beispielsweise gehört das Leopoldstädter Ufer des Franz-Josef-Kai von der Holland- bis zur Jägerstraße bzw. von der Raiffeisenzentrale bis zum Uniqa-Tower zu ihrem Besitzstand. Die Immobiliendivision der Holding interessieren jedoch nicht nur große Fische; vielmehr streitet sie nach dem Motto, wonach auch Kleinvieh Mist macht, auch um den Besitz kleinerer Liegenschaften.Die Immobilie Landstraßer Hauptstraße 140142 in 1030 Wien ist als Stadtvilla in einem 2000 Quadratmeter großen Parkgrundstück innerhalb des Gürtels gelegen ein ausgesprochenes Baujuwel. In ihrer unmittelbaren Nähe ist die Raiffeisen Akademie untergebracht. Nach einer Verlassenschaft wurde der Besitz der Villa auf eine Reihe von Erben in neun Neuntel aufgeteilt.

Offenbar weckte diese Zersplitterung die Begehrlichkeit des Grünen Riesen. Im Jahr 1991 gelang es der Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien, schrittweise sieben Neuntel der Immobilie zu erwerben. Weitere zwei Neuntel mit einem im Grundbuch eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbot verblieben der Privatperson AJS, die gleichzeitig über gültige Mietverträge für das Dachgeschoss und eine Garconniere in der Villa verfügte und verfügt. Ein Stockwerk der Liegenschaft war dem Vater der Teilbesitzerin zum lebenslangen Fruchtgenuss überlassen worden.

Die RLB Niederösterreich-Wien hatte zwar ein ziemlich einzigartiges Anwesen zu sieben Neuntel erworben, konnte es aber nicht nutzen, weil es zur Gänze rechtsgültig vermietet war und ist bzw. zu zwei Neuntel ihr nicht gehörte und gehört. Mit der Machtvollkommenheit von Großkonzernen suchte die Bank nach juristischen Mitteln, um dieses Dilemma aufzulösen bzw. in den Vollbesitz der Villa zu gelangen. Die Bewohner_innen des Hauses wurden in den Jahren von 1991 bis 1997 mit einer ersten Serie von Gerichtsverfahren konfrontiert.

Diese Angriffe konnten von der beklagten Partei erfolgreich bekämpft werden, weil sie wie man sagt nicht auf der Nudelsuppe dahergeschwommen ist. AJS verfügte gemeinsam mit ihrem Mann über ausreichend Stehkraft, Hirnschmalz und Kleingeld, um die Klagen Stück für Stück erfolgreich zu bekämpfen. Größtes Gewicht hatte dabei eine Teilungsklage (aus dem Jahr 1993), mit der die Bank die Übernahme der restlichen zwei Neuntel an der Villa erzwingen wollte.

Der beklagten Partei gelang es, mit einem Gutachten, das dem Begehren der Giebelkreuzler geringe Aussichten bescheinigte, einen Rechtsanwalt zu überreden, für sie das Verfahren auszufechten. Es scheint bezeichnend für die «Kultur» von Christian Konrads «Men in Green», dass der Anwalt nach dem für AJS erfolgreich geschlagenem Verfahren seine Vollmacht zurückgelegt hat, weil er von Raiffeisen ein Angebot erhalten hatte, das so gut war, dass er es nicht ausschlagen wollte.

Trotz dieser Niederlage vor Gericht gab die RLB Niederösterreich-Wien den Mitbesitzer_innen der Villa weiterhin keine Ruhe. Es folgten neuerlich Klagen zum Teil in Form von Strafanzeigen, die eingestellt wurden, zum Teil als Außerstreitverfahren, in denen es keinen gegenseitigen Kostenersatz gibt. Dabei ging es um Fragen der Hausverwaltung, der Gültigkeit von Mietverträgen usw. Diese Interventionen des Mehrheitseigentümers wurden durchwegs von österreichischen Gerichten zurückgewiesen.

Die RLB Niederösterreich-Wien war sich dennoch nicht zu schade, weiter Unfrieden zu stiften:

In einer nur teilweise erfolgreichen Nacht- und Nebel-Aktion etwa wurde versucht, die Schlösser an Garten- und den Haustoren zu tauschen. In dem Fall schlug eine Firma von AJS allerdings zurück mit einer vor Gericht erfolgreichen Besitzstörungsklage.

In Zusammenhang mit dem Versuch, die Hausagenden von Eigen- auf Fremdverwaltung umzustellen, wurde eine Untersuchung des Geisteszustands des Vaters von AJS beantragt. In der Folge erlitt der alte Herr einen Schlaganfall und wurde zum Pflegefall.

Schließlich wurde ein aushaftender Betriebsmittelkredit von der Raiffeisenbank Perchtoldsdorf an die RLB übertragen und aus heiterem Himmel fällig gestellt. Dafür musste schlagartig die Kleinigkeit von 300.000 Schilling aufgebracht werden.

Zweiter Anlauf mit Expertin

Nach diesem erfolglosen Gerichtskrieg herrschte einige Jahre Ruhe. In der Zwischenzeit übertrug die RLB Niederösterreich den Besitz an dem Objekt Landstraßer Hauptstraße 140142 an die Raiffeisen Holding Niederösterreich-Wien (RHO), die alle Beteiligungen des Konzerns in Wien und Umgebung verwaltet. Dabei hat der Immobilienbereich einen nicht geringen Stellenwert.

Das wird durch die Tatsache unterstrichen, dass Michaela Steinacker auf Vorschlag von Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad neben Erwin Hameseder und Kurt J. Miesenböck Mitte 2008 zur dritten Geschäftsleiterin bestellt wurde. Mit der Dame gelangen wir in den Bereich des parteipolitischen Netzwerkens. Als Gründungsmitglied der Damen-Verbindung Noricum Nova muss Steinacker der damaligen ÖVP-Umweltministerin Marlies Fleming aufgefallen sein. Jedenfalls holte die Ehrenpatronesse der Noricum Nova Steinacker für zweieinhalb Jahre in ihr Büro. Danach wechselte sie zunächst in die ÖRAG, Immobilentochter der damals schwarzen Creditanstalt, und später in die Bundesimmobiliengesellschaft des Bundes (BIG).

Von dort wurde die anerkannte Expertin von ÖBB-Generaldirektor Martin Huber, vorher Vorstand des Baukonzerns Porr, für den später vom Rechnungshof hinterfragten Ausverkauf von Bahngrundstücken geholt. Ihre Nähe zu Erwin Pröll, dem starken Mann in der ÖVP, wird nicht nur durch die Position ihres Mannes als Leiter der Bauabteilung des Landes, sondern auch ihre Berufung zur Aufsichtsrätin der EVN unterstrichen. Die Nähe zur NÖ-Sonne (und dem Wiener Flughafen) teilt sie übrigens mit ihrem Geschäftsführerkollegen Hameseder. (Eine eigene Geschichte, die in einer weiteren Folge der Serie erzählt wird.)

Zurück zur Landstraßer Villa: Die vorübergehende Ruhe wurde nun von der Raiffeisen Holding Wien-Niederösterreich gestört. Kurz vor 8.45 Uhr sind am 21. November 2008 fünf Männer, ohne zu läuten und ohne sich auszuweisen, überfallartig in das Haus eingedrungen. Dabei dürften sie nicht damit gerechnet haben, dass das Haus mit Video überwacht wird und ihre Aktion auf den Überwachungsmonitor zu sehen war. Das machte es dem Mann von AJS, einem ehemaligen Mitglied des Jagdkommandos des Bundesheeres, möglich, ihnen rechtzeitig entgegenzutreten und die Raiffeisenboten aus dem Haus und vom Grundstück zu komplimentieren. Rechtlich war dagegen nicht mehr als eine Besitzstörungsklage herauszuholen.

Damit nicht genug, bildete der Überfall den Auftakt zur zweiten Klagserie, die von der RHO in sieben Portionen verabreicht wurde. Neuerlich mit null Erfolg. Höhepunkt dieses Fehlverhaltens war ein mehr als unanständiges Angebot, das die RHO AJS zur Übernahme ihres Zwei-Neuntel-Anteils an der Villa legte. Zur Grundlage wurde der Verkaufspreis aus dem Jahr 1991 ohne jeden Zuschlag genommen und keine Abgeltung für die intakten Miet- und Nutzungsrechte geboten. Für den Bettel hätte AJS gern die sieben Neuntel der RHO übernommen.

Da fiel AJS und ihrem Mann die Folge dieser Augustin-Serie über den profitablen Verkauf der Eigentumswohnung von Erwin Pröll an die Uniqa in die Finger, der sich über eine Gewinnsteigerung um das 4,65-Fache freuen konnte. Sie erkannte, welchen Wert eine Straßenzeitung haben kann.

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