Griechenland- und Osteuropa-Engagement der RZB wird ins Auge gehen
Die Turbulenzen um Euro und Eurozone werden in Österreich weitgehend dargestellt, als sei das heimische Bankwesen davon kaum berührt. Dass das Euro-Rettungspaket den Kreditinstituten eine kräftige Erhöhung der Eigenmittel eingetragen hat, wird zumindest von Raiffeisen auf die leichte Schulter genommen, obwohl allein die Raiffeisenzentralbank (RZB) für diesen Zweck 2,3 Milliarden Euro aufstellen muss.Generaldirektor Walter Rothensteiner argumentiert, dass die europäische Bankenaufsicht eine Milliarde privates Partizipationskapital irrtümlich nicht anerkannt habe. Unabhängig davon sei der Geldsektor der Giebelkreuzler ohnehin in der Lage, die Erhöhung der Eigenmittelquote aus eigener Kraft zu erfüllen. Für den Zweck werden offenbar Reserven locker gemacht, die bisher an der Finanz vorbeigeschleust und Steuer schonend gebunkert worden sind. Es sei daran erinnert, dass der Geldsektor von Raiffeisen etwa im Jahr 2008 die Last einer Gewinnsteuer von lediglich rund ein Prozent zu tragen hatte.
Man kann davon ausgehen, dass der Raiffeisen-Bankensektor aufgrund des Stufenaufbaus von den zahllosen lokalen Instituten über die acht Landesbanken bis zur Raiffeisen Zentralbank mit der Raiffeisenbank International als Tochter – wie man am Land sagt – ein Bund Hadern ist. Eng verbunden ist dieses Konglomerat mit einem Netz von Versicherungen, angeführt von der Uniqa. Das bisher als unerheblich bezeichnete Engagement der Raiffeisengruppe etwa in Griechenland sieht vor dem Hintergrund folgender Meldung plötzlich anders aus: «Die börsennotierte Uniqa Versicherung schreibt im dritten Quartal alle ihre griechischen Staatspapiere auf Marktwerte ab und erwartet für das Gesamtjahr daher einen EGT-Verlust (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) zwischen 250 und 300 Millionen Euro, teilte das Unternehmen mit. Die für das Jahresergebnis bisher angekündigte ‹schwarze Null› sei nicht zu halten. Für 2011 wird eine Aussetzung der Dividende vorgeschlagen.»
Weiter hieß es im «Standard»: «Weil noch nicht alle Details zum Schuldenschnitt für Griechenland feststehen und die Unsicherheiten mit der Ankündigung des Referendums wieder gewachsen seien, habe die Uniqa beschlossen, alle griechischen Staatsanleihen nicht nur auf den in Brüssel fixierten ‹Haircut-Wert› von 50 Prozent des Nominales, sondern auf den Marktwert zum 30. 9. 2011 von durchschnittlich rund 35 Prozent des Nominales abzuschreiben. Aus dieser Neubewertung entstünden für das Geschäftsjahr 2011 voraussichtlich Einmalaufwendungen zwischen 250 und 300 Mio. Euro auf Konzernebene.»
Das erinnert an den Coup von Erste-Generaldirektor Andreas Treichl, der einen erwarteten Überschuss für das laufende Jahr von 800 Millionen Euro binnen Monatsfrist in ein Minus von 700 Millionen Euro umgehext hat. In dem Fall war nicht Griechenland, sondern die Abschreibung der in den Oststaaten überaus reichlich vergebenen Fremdwährungskredite (praktisch ihre Rückstufung auf Makulatur) ausschlaggebend. Nach einem Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sitzen sämtliche in Osteuropa engagierten heimischen Banken auf einem Pulverfass. Verantwortlich dafür ist die Tatsache, dass es sich bei der Hälfte ihrer in der Region aushaftenden Darlehen um Fremdwährungskredite handelt. Was sich in den vergangenen Zeiten eines starken Euros und vergleichsweise schwachen Franken und Yen in der Finanzierung alpenrepublikanischer Eigentumswohnungen und Eigenheimen bewährt hat, wurde nach der Destabilisierung der Devisenmärkte zu einem Desaster.
Das ist den angeblich ach so dienstleistungsorientierten Instituten vom Schlage Erste und Raiffeisen entweder nicht aufgefallen, oder es war ihnen gleichgültig, dass ihre Kunden zahlungsunfähig wurden. Mit (Ungarn) und ohne (Rest des Ostens) staatlicher Hilfe sind den Banken diese spekulativen Geschäfte auf den Kopf gefallen. Man kann davon ausgehen, dass die Raiffeisenbank International eine ähnliche Rechnung präsentiert bekam wie das Spitzeninstitut der österreichischen Sparkassen. Beide haben die Funktion, mehr oder weniger im Auftrag der biederen und ortsgebundenen Institute am Spekulationskuchen der internationalen Märkte mitzunaschen. Was natürlich ins Auge gehen kann.
Allerdings existieren in den engeren Reihen der Giebelkreuzler warnende Stimmen vor derartigen Praktiken. 2007 veröffentlichte Manfred Holztrattner, ehemaliger Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank Salzburg, ein Buch mit dem Titel «Macht ohne Moral». In einem Bericht über einen Auftritt des Autors in der Wirtschaftskammer Salzburg hieß es: «Windige Firmen, Spekulantentum, Leerverkäufe und Bankmanager, die sich schamlos bedienen und dabei in keinster Weise von der Politik gehindert werden, DDr. Holztrattner hat genau das beschrieben, was jetzt die Finanzkrise verursacht.»
Holztrattner geht in dem Buch auch auf das Unwesen der russischen Oligarchen ein, die mit Blutgeld operieren und notfalls umnieten lassen, wer sich ihnen in den Weg stellt. Vor diesem Hintergrund berührt ein Kredit über rund 400 Millionen Euro eigenartig, den Raiffeisen (mit der staatlichen Finanzhilfe von rund 1,7 Milliarden im Rücken) dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska gewährt hat. Laut «Presse» für folgenden Zweck: «Die Strabag-Rückkehr des russischen Milliardärs Oleg Deripaska erfolgt in zwei Schritten: Zunächst kauft die zum Deripaska-Imperium gehörende Rasperia Trading Ltd. laut Unternehmensmitteilung nur 17 Prozent der Anteile an dem österreichischen Baukonzern um rund 373 Millionen Euro zurück. 25 Prozent hatte der Investor an die Haselsteiner Gruppe und Raiffeisen/Uniqa Gruppe übertragen. Für die restlichen 8 Prozent aus seinem früheren Paket hat Deripaska eine Optionsverlängerung bis 15. Juli 2014 erhalten.»
So viel zum Thema Macht und Moral.
Kelly nicht bei Raiffeisen
Durch einen bedauerlichen Irrtum haben wir die Firma Kelly dem Raiffeisenkonzern unterbuttert. Tatsächlich befindet das Unternehmen sich seit 2007 im Eigentum der Accedo Austria GmbH. Tschuldigung.