Nach dem Tod eines Musikers haben Superlative Hochsaison: «Wenn er nicht in Goisern, sondern in den USA geboren wäre, dann …»
Ich seh’ den großen Mann vor mir, der mit seinen XXL-Händen kopfschüttelnd abwinkt, um einen typischen Wilfried-Sager nachzuschieben: «Der Rock ’n’ Roll kommt nicht aus Amerika, der Rock ’n’ Roll kommt aus dem Radio!» Ich war Fan: Mit sechs fand ich es sehr verwegen, dass sich da einer das ganz arge Wort «Zechn-kas» («Ziwui, Ziwui») zu singen traut. Später schüttelte ich den Kopf zu «Highdelbeeren» und sang aus voller Kehle «Trau keinem über 13, wir san alle gestört …» («Buhuhuhu»). Der Wilfried (er)fand seinen eigenen Rock ’n’ Roll ohne Scheuklappen anderen Spielarten gegenüber und dazu seine eigene Sprache. Er hat im Laufe der Jahre auch das ein oder andere Mal in den Gatsch gegriffen – und? Das Fantum hat sich mit der Zeit in Sympathie gewandelt, und irgendwann hab ich ihn aus den Ohren verloren. Wieder getroffen habe ich Wilfried mit seinem Spätwerk «Tralalala» (2012) und gemerkt – alte Liebe rostet nicht! Das Beste kommt zum Schluss: Mit «Gut Lack» schreibe ich mich wieder in den Fanclub ein, musikalisch nicht zeitgeistig, dafür auf Höhe der Zeit, textlich wie immer eigensprachlich und stimmlich in allen Schräglagen erhaben – das hat «Lack» – Danke, Baba!
WILFRIED
«Gut Lack» (CD)
Monkey Music
wilfriedscheutz.at
«Aufg’legt» für die Ohren gibt es jeden Montag
bei Radio Augustin (zw. 15 und 16 Uhr)
auf Radio Orange 94,0