Aus Fleischern wurden Freizeitsportlervorstadt

Wiens Fußballplätze (25): Sportanlage Hirschstetten

Der eine will aufsteigen, der andere seinen Bauchansatz loswerden. In den unteren Klassen des Wiener Fußballverbands gelten eigene Regeln. So auch bei den CWF/RWW-RBW-Kickern, die Wenzel Müller (Text und Fotos) bei einem Match beobachtete.

CWF/RWW-RBW: eine superschnelle Internetverbindung? Oder eine neue Konfektionsgröße? Nein, nichts von beidem. Dies ist der Name eines Fußballvereins.

Nun kennt ja die Fußballwelt schon länger Vereinsnamen der eher kryptischen Art. Nehmen wir nur Schalke 04. International bekannt. Einige werden wissen, dass der Club in Gelsenkirchen beheimatet ist und dass man «auf Schalke» sagt. Doch wofür steht «04»? Antwort: für das Gründungsjahr.

Gegenüber «Schalke 04» präsentiert sich «CWF/RWW-RBW» als wahres Mysterium. Wir wollen es auflösen: Das Akronym steht für: Club der Wiener Freizeitsportler/Rot-Weiß Wien-Rennbahnweg. Ein Wiener Fußballklub, der in der unteren Liga zu Hause ist, um genauer zu sein: in der 1. Klasse B.

Ein Fußballer dieses Vereins kann also angeben: «Ich spiele beim CWF/RWW-RBW» oder «Ich spiele beim Club der Wiener Freizeitsportler/Rot-Weiß Wien-Rennbahnweg» – das eine klingt so umständlich und kurios wie das andere.

Ja, sagt Christian Faulmann, der Obmann dieses Vereins, sehr glücklich seien sie selbst nicht mit dem Namen. Und irgendwann, in einer ruhigen Minute, wollten sie, die Vereinsmitglieder, sich auch Gedanken über einen anderen machen, einen kürzeren und einprägsameren.

Andererseits: Zur Eile besteht nicht unbedingt Anlass. Ein besserer Name wird kaum helfen, einen zahlungskräftigen Sponsor zu finden oder mehr Zuschauer_innen anzulocken. Beides ist seit jeher Mangelware.

Vordringlich geht es ohnehin darum, den Verein am Leben zu erhalten. Womit wir wieder beim Namen sind, den die eine Leserin oder der andere Leser bereits richtig interpretiert haben mag: Dieser Verein ist aus dem Zusammenschluss von drei Vereinen hervorgegangen. Kein Einzelfall. Die Fusion gilt als Allheilmittel gegen das drängendste Problem in den unteren Spielklassen: Den Clubs gehen die Spieler aus.

Aufsteigen versus abnehmen.

Wer in der Wiener Liga kickt, verdient Geld. Wer die gleiche Arbeit etwas weiter unten, in der 1. Spielklasse etwa, macht, muss einen Mitgliedsbeitrag bezahlen. So ist das auch bei den CWF/RWW-RBW-Spielern der Fall. Ihr Hobby kostet sie Geld und Zeit. Dafür wollen sie auch etwas zurückbekommen. Der eine will aufsteigen, der andere seinen Bauchansatz loswerden; manche suchen ein paar Sekunden Glück in einem schönen Pass oder einer zünftigen Grätsche, andere ein tröstendes Gespräch über die Ehekrise in der Kabine.

«Spielts ruhiger», ruft Christian Faulmann von der Seitenlinie seinen Spielern zu. Faulmann ist nicht nur Obmann, sondern auch Trainer und bisweilen Spieler der Reservemannschaft. An diesem Tag ist er mit dem Auftritt seiner Mannschaft gar nicht zufrieden. Das ärgert Faulmann. Einerseits. Andererseits dreht er sich auch immer wieder zu seinen Ersatzspielern um und witzelt mit ihnen. Alles halb so schlimm. Ist doch nur ein Spiel.

Hier darf sich ein Spieler in der Pause mit einer Zigarette aufwärmen. Hier kann auch als Stürmer zum Einsatz kommen, wer eben noch im vorangegangen Spiel im Tor der Kampfmannschaft stand. Hauptsache, die Burschen haben ihren Spaß.

Arbeitslose und Selbständige, Gut- und Schlechtverdiener, Inländer und Ausländer, Alte und Junge spielen in der Mannschaft, darunter auch ein Flüchtling aus Afghanistan. Faulmann liebt seinen bunten Haufen.

Zwei Mal in der Woche ist Training, auf der Sportanlage Hirschstetten des Wiener Fußballverbands, jenseits der Donau. Eine Hobbymannschaft trainiert weniger, eine Oberliga-Mannschaft mehr.

Die herrlichen Zeiten des Clubs sind Vergangenheit. 1954 war der Verein als Club der Fleischerinnung gegründet worden. «CWF» stand für «Club der Wiener Fleischermeister, -söhne und -töchter», auf dem Platz sprach man kurz von den «Fleischern». 1999 stellte die Innung ihre Unterstützung ein. Der Verein behielt zwar sein Kürzel, doch es stand fortan, wie bereits erwähnt, für «Club der Wiener Freizeitsportler». Mit dem Namen hat es der Verein also schon immer gehabt. Insofern sollte er dem «CWF/RWW-RBW» die Treue halten, etwas Originelleres wird sich kaum finden lassen.

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