Battle Hymn(s) of Women (joyful)Artistin

Musikarbeiter unterwegs mit Ulrike Mayer in Frauen-Musik-Netzwerken

«re:composed» heißt eine von der Frauenabteilung der Stadt Wien herausgegebene, Compilation mit 20 Beiträgen von Musikerinnen. Die künstlerische Projektleiterin Ulrike Mayer gewährt Einblicke in Hintergründe und Zusammenhänge.Bei der Charity-Veranstaltung eines Magazins fand es die Moderatorin Dodo Roi angebracht, sich bei den Besucher_innen dafür zu entschuldigen, dass durch die Uniproteste deren Zugang zum Event der im Festsaal des Rathauses stattfand womöglich etwas erschwert war. Frauenstadträtin Sandra Frauenberger, Gastgeberin im Rathaus, stellte mit ihrer ersten Wortmeldung sofort und ausdrücklich klar, wie wichtig das Recht zu demonstrieren und dessen Wahrnehmen ist. Touché! Selten genug, dass einen das Agieren eines Vertreters/einer Vertreterin der Kaste der Politiker_innen unmittelbar positiv beeindruckt. Sandra Frauenberger steht der MA 57, der Frauenabteilung der Stadt Wien, vor. Diese hat die Compilation «re:composed» initiiert und damit Menschen, die die Kompetenz haben, eine inhaltliche und formell stimmige Zusammenstellung aktueller in Wien passierender Musik mit feministischem Anspruch und korrespondierendem Kontext «Arbeiter_innenlieder & Songs zu Frauenrechten und -kämpfen» zusammenzustellen, die Gelegenheit zu geben, genau das zu tun. Die Rede ist von Projektleiterin Stephanie Kiessling und Ulrike Mayer, die die Künstlerinnen ausgewählt und kontaktiert hat und wie sie erzählt erhebliche Zeit mit dem Finden der endgültigen Abfolge der Lieder verbrachte. Was sich jetzt hier recht steif liest, hört und liest sich im Booklet aufregend und inspirierend Heidi Niederkofler erhellt dort die historischen Zusammenhänge der Ausgangslieder, und die Porträts der Bands/Musikerinnen vermitteln Einblicke in das Spektrum der von Frauen in Wien gemachten Musik, deren Ansätze und Biographien. Umso schöner, dass die Doppel-CD, die Ende August beim Gürtel Nightwalk präsentiert wurde und deren Erstauflage ausverschenkt war, ziemlich genau mit Erscheinen dieser Augustin-Ausgabe wieder kostenlos erhältlich ist!

Liberation Now!

Ulrike Mayer, in feministischen Zusammenhängen mit Focus Musik organisatorisch und netzwerkend tätig, beginnend mit einem Ladyfest 2004 oder für die Zeitschrift Fiber («Werkstoff für Feminismus und Popkultur»), die sich, wie sie sagt, «hinter der Bühne» sehr wohl fühlt und etwa mit dem Verein Pink Noise aktuell am beispielhaften Girls Rock Camp in Wiener Neustadt arbeitet, war es neben der historischen Kontextualisierung bei «re:composed» vor allem wichtig, «die Vielfalt abzubilden und sichtbar(er) zu machen, von Spoken Word über Punk bis zu Catch-Pop String-Strong. Einen Vollständigkeitsanspruch kann und will die Compilation dabei nicht stellen, Clara Luzia ist aus logistischen Gründen nicht dabei, First Fatal Kiss wollten nicht. Agenda Lobkov eröffnen und Squalloscope liefert mit «The Battle Hymn Of Women» den Abschluss, dazwischen gehen Musikerinnen wie Vera Kropf, Petra und der Wolf, Stefanie Sourial («Bella Ciao»), Ana Threat und andere denkbar frei und eigenwillig mit textlichen und musikalischen Vorgaben um. In Zusammenarbeit mit DJane/Elektronikmusikerin Sweet Susie brilliert Tini Trampler bei «Die Gerechtigkeit sagt an (Frauenwahlrechtslied)», beispielhaft (das Lieblingswort dieses Artikels!) Mieze Medusa mit ihrer verdammt großartigen, auf ihre ganz eigene Art streitbaren rhythmisierten Wortkaskade «Hoch die Internationalalala (Die Internationale)». Sich nur einen Moment vorzustellen, wie der Landesparteitag der Wiener SPÖ statt dem alten Schlachtross «Die Internationale» (zuletzt wurden laut Augenzeugen widerwillig die ersten zwei Textzeilen gebrummt!) so etwas nachzusprechen versucht oder, noch besser, seinen Delegierten den Platz gibt, sich selbst in eigenen Worten so ähnlich zu positionieren, birgt utopisches Potenzial.

So wie Ulrike Mayer das Girls Rock Camp als einen Ort beschreibt und versteht, «wo du selber definierst, wie und welche Musik du wie machst», hat sie mit «re:composed» eine Sammlung von Musik zusammengetragen, die das künstlerische Selbstbewusstsein von Musikerinnen wiederspiegelt, die allfällige «eigene Hürden» Musik zu machen überwunden haben. Mit keinem Ton und keinem Wort wird hier versucht, irgendein obsolet gewordenes Pathos gewesener Kämpfe zu beschwören, statt dessen stößt uns nicht nur chra mit «Der Mann, das ist ein Lustobjekt» auf die zahllosen Möglichkeiten, die weibliche Selbstermächtigung birgt, und ruft uns diese Musik jetzt! ins Bewusstsein, wie viele «Kämpfe» eben noch nicht wirklich ausgestanden sind. Die in einem Interview mit der Zeitung «Malmoe» scherzhaft avisierte zweite Compilation ist nicht nur deswegen höchst wünschenswert!

Diverse Interpretinnen: «re:composed», Doppel-CD (MA 57 Frauenabteilung der Stadt Wien), kostenlos zu bestellen bei: www.frauen.wien.at

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