Begegnung mit der Nachkriegsmodernevorstadt

Eine Schau zu Wiener Architektur und (Stadt-)Möbel von 1950–65

Spätestens mit dem Revival des Lilienporzellans ist die Produktgestaltung aus der Mitte des 20. Jahrhunderts wieder ins allgemeine Bewusstsein gedrungen. Es kann also keine Rede mehr davon sein, dass Design aus diesem Zeitraum «im Alltag gern übersehen wird», wie es im Begleittext zur aktuellen Freiluftausstellung des Wien Museums heißt. Auch die Titelgebung Mid-Century Design wirkt etwas gekünstelt, dabei zählen eigentlich die Open-Air-Ausstellungen beim Wien Museum zu den niederschwelligsten in der Stadt: zentral gelegen und kostenlos! Die Schau an sich lohnt eine Extraanreise zum Karlsplatz allemal, denn der Grafiker Tom Koch hat mit dem Fotografen Stephan Doleschal ein sehr breites, aber trotzdem sehr schlüssiges Portfolio der Architektur und des (Stadt-)Möbeldesigns aus Wien aus den Jahren 1950 bis 1965 zusammengestellt (im FalterVerlag ist darüber eine Publikation erschienen).
Vom Schwarzenbergplatz kommend, wird man von Fotos, die Straßenlaternen und Freiluftuhren zeigen, begrüßt – ein angenehm unspektakulärer Empfang! Bald folgen (skurrile) Tierplastiken, die gerne bei Gemeindebauten aufgestellt worden sind, wie etwa der Kniende Wasserbüffel (1958, Elisabeth Turolt) in Strebersdorf, in der Wohnhausanlage Rußbergstraße 24. Daneben werden auch (innen-)architektonische Ikonen präsentiert, wie etwa das Filmcasino, das Café Espresso in der Burggasse oder die beiden Hochhäuser, der Ringturm und der Südturm des Theodor-Körner-Hofs beim Matzleinsdorfer Platz.
Insgesamt eine äußerst gelungene Fotoschau, da sie einen bestens aufbereiteten Überblick der Wiener Nachkriegsmoderne bietet, der selbst im Vorbeigehen mitgenommen werden kann.

Bis 9. Januar 2022
Wien Museum Karlsplatz Open Air