Augustinerin Katharina Klee
Ich bin Augustin-Liebhaberin geworden, weil Augustin-Verkäufer und -Verkäuferinnen für mich zu Wien gehören. Wenn ich an meiner Verkäuferin vorbeigehe, stecke ich ihr immer zwei Euro zu. Mittlerweile gebe ich ihr auch Urlaubsgeld, weil warum soll sie büßen, wenn ich eine schöne Zeit habe! Ich komme aber zu wenig dazu, den Augustin auch zu lesen, wie auch den Falter oder Die Zeit – bei mir türmen sich die Zeitungen. Ich mag Leute mit verschobenen Wirklichkeiten, denn ich bin neugierig und habe Riesenrespekt vor ihnen. Augustin-Verkäufer_innen sind Menschen, die anders leben, somit haben sie sehr viel mit den Menschen zu tun, die ich begleite. Ehrenamtlich bin ich als Beislwirtin im virtuellen Raum tätig. Ich gründete und moderiere das Projekt «Café PROMENZ – ZOOM mit Anfängergeist». PROMENZ ist eine unterstützte Selbsthilfegruppe von und für Menschen mit Vergesslichkeit. Promenz deswegen, weil die Gründungsmitglieder nicht «vom Geist» genannt werden wollten, was die wörtliche Übersetzung für Demenz wäre. Das würden sie beleidigend empfinden. Sie nennen sich also Promenz, «für den Geist». Sie engagieren sich für ihre ureigenen Anliegen und treten gegen eine Stigmatisierung auf. Dann kam der Lockdown, und diese Menschen durften sich nicht mehr sehen. Ich probierte mit ihnen Telefon-Sessions aus, doch ich konnte so nicht weitermachen, weil es gerade bei Menschen mit Vergesslichkeit wichtig ist, ihre Gesichter, ihre Reaktionen zu sehen. Wir probierten es mit Zoom und trafen uns im Lockdown fünf Mal in der Woche, jetzt treffen wir uns noch drei Mal.
Ich habe viele verschiedene Jobs gemacht. Studiert habe ich Theaterwissenschaften und Publizistik – und nicht abgeschlossen; habe Kellertheater gemacht und gespielt. Mein Einstieg in den Journalismus erfolgte über die Sendung Seitenblicke. Ich war in der ersten Mannschaft von Radio CD, das von Bratislava aus (deutschsprachig, Anm.) nach Österreich gesendet hat. Nach seiner Übersiedlung in die Lugner-City habe ich in der Pressestelle des ÖGB begonnen. Ich arbeitete auch beim ORF für Schiejok täglich und probierte es danach bei den Schlimmsten, bei den Fellners. Nach einem Jahr wollte ich aus dem Journalismus aussteigen und habe die Gastrokonzession gemacht, um eine Suppenküche zu eröffnen. Doch es ist wieder ein Angebot aus der Gewerkschaft gekommen, und ich bin schließlich Chefredakteurin der Arbeit & Wirtschaft geworden. Da ich die Seminaritis habe, machte ich Ausbildungen zu Sterbens- und Trauerbegleitung, zu Demenzbegleitung und zur akademisch psychosozialen Beraterin auf systemischer Basis, was ich nun auch ausübe. Ich trage einen
großen Bauchladen vor mir her, aus dem darf man sich bedienen.
Protokoll: Reinhold Schachner
Foto: Mario Lang