Augustiner Hans Bogenreiter
Im Hinterkopf hatte ich die Idee, eine Serie zu schreiben über Leute, die Projekte mit Einheimischen in der sogenannten Dritten Welt machen, und dann ist Robert Sommer genau mit dem Vorschlag zu mir gekommen. Das war der Beginn meines Schreibens für den Augustin (Serie Solidarische Abenteuer, 2015–2017).
Der Augustin ist mir sowieso immer am Herzen gelegen, weil ich selber die Erfahrung gemacht habe, wie schnell es gehen kann, dass man einen Absturz hat. Ich bin in einer Kleinbauernfamilie aufgewachsen. Der Vater hätte eigentlich einen Zuverdienst mit Viehhandel machen sollen, das hat nicht funktioniert, im Gegenteil, wenn er einmal einen Gewinn gemacht hat, ist der im Wirtshaus geblieben. Dadurch ist der Hof immer mehr verschuldet. Als Kind habe ich mitbekommen, dass die Mutter alles irgendwie über Wasser gehalten hat. In einer Zeit, wo ich arbeitslos war, war ich kurz orientierungslos.
Am Bauernhof habe ich eine ziemlich universelle Handwerksausbildung mitbekommen, von der ich später öfters profitiert habe. Ich habe Buchdrucker gelernt. Das war ein ungeliebter Beruf, weil ich technisch nicht so versiert bin, es hat mich auch nicht interessiert, und es hat mich sehr gestört, dass die Arbeit bei künstlichem Licht war und mit unglaublich viel Lärm. Immer habe ich gedacht, da muss ich raus. Damals habe ich mit einem Schulkollegen eine Wohnung geteilt, und der hat um die Ecke das Abendgymnasium für Berufstätige entdeckt. «Magst nicht mitgehen?» Und ich bin mitgegangen, er hat mich sozusagen verschleppt, und ich bin dort geblieben, er hat wieder aufgehört. Danach habe ich Jus studiert aus dem Gedanken heraus, das hat mit Gerechtigkeit zu tun, und da war ich etwas enttäuscht. Ich war danach eine Zeitlang bei einer Versicherung, das hat mir aber nicht gefallen. Völkerkunde (heute Sozialanthropologie) hat mich immer interessiert, aber mir wurde abgeraten, das zu studieren. Dann bin ich zu einer Menschenrechtsorganisation gekommen, wo Völkerkunde und auch Recht Thema waren. Vor allem habe ich da Menschen aus aller Welt, indigene Vertreter_innen, kennengelernt, was sehr bereichernd war.
Neben Natur, Literatur und Musik war mir Sport immer wichtig; Schifahren und vor allem Fußball, weil ich da immer das Gefühl gehabt habe, da bin ich in einer anderen Welt und kann abschalten und mich ausleben.
Es gibt mehrere Augustin-Verkäufer_innen, die mich schon von weitem erkennen, und dann habe ich oft das Problem, dass ich schon eine Ausgabe gekauft habe. Aber die meisten Stammverkäufer_innen nehmen es mir nicht krumm und sind freundlich, auch wenn ich ihnen einmal keinen Augustin abkaufe.
Protokoll: Jenny Legenstein,
Foto: Mario Lang