Bescheidenheit ist eine Zier …tun & lassen

Ein protestantischer Zug im Raiffeisenreich

Unsere Beschäftigung mit dem Raiffeisenkomplex schafft eine bestimmte Nähe, die dem Verhältnis zwischen Ganoven und Kiberern gleicht. Der Vergleich hatscht insofern. als sowohl das Machtkonzentrat als auch das Autorenduo ohne enge Bindung aneinander gut auskommen. Allerdings schärft Raiffeisen-Watch alle Sinne für den Konzern, und vom Giebelkreuz mit allen seinen guten und schlechten Eigenschaften kommt man nicht mehr los.In dieser Serie geht es u. a. darum herauszufinden, worauf die Stärke von Raiffeisen beruht. Als Gast eines Aktionärs hatte ich Gelegenheit, an der Hauptversammlung der Raiffeisen Bank International (RBI) teilzunehmen. Die Hauptsprecher der Kleinaktionäre hatten gegen die Präsentation der Geschäftsergebnisse für das Jahr 2011 und eine erwirtschaftete Dividende von € 1,05 pro Aktie praktisch nichts einzuwenden.

In der Veranstaltung stellte sich ferner heraus, dass der RBI-Vorstand für die Leistung, mit starkem Ost-Engagement kontinuierlich positive Zahlen zu schreiben, bei weitem nicht so fürstlich entlohnt wird wie etwa Erste-Generaldirektor Andreas Treichl, dem im Vorjahr das Ergebnis binnen Monatsfrist von plus 800 Millionen in minus 700 Millionen Euro gekippt ist.

RBI-Vorstandsvorsitzender Herbert Stepic erhält als Prämie fürs Vorjahr, das ein Ergebnis von knapp unter einer Milliarde Euro gebracht hat, lediglich 70.000, seine Stellvertreter 60.000 und die einfachen Vorstandsmitglieder 50.000 Euro. Das ist für Banker geradezu ein Bettel. Die Dotierung entspricht jedoch dem Kurs des im Ausscheiden begriffenen Generalanwalts Christian Konrad. Er soll einmal auf die Frage, weshalb RBZ-Chef Walter Rothensteiner (nun sein Nachfolger im Geldsektor und RBI-Aufsichtsratsvorsitzender) verhältnismäßig wenig verdiene, geantwortet haben, wenn er mehr wolle, müsse er die Firma wechseln. Den Erfolg von Raiffeisen, erklärt auch eine – für eine quasi kirchennahe Institution in einem katholischen Land ungewöhnliche – protestantische Sparsamkeit an.

Sanierungsplan fällig!

Die Macht von Raiffeisen versinnbildlichen auf einer Landpartie mit dem Rad auf der Rivaner Runde im Weinviertel die zahllosen Hochspeicher. Sie signalisieren einerseits die allgegenwärtige Präsenz von Raiffeisen und gehören andererseits zum absolut Hässlichsten, was hierzulande am Bau verbrochen wurde. Vermutlich haben die Bauherren ein einziges Modell auserkoren, ohne für die Abwandlungen Architekten einzuschalten. Den Auftragebern, die offenkundig am falschen Platz gespart haben, ist – im Sine der niederösterreichischen Dorferneuerung – zu empfehlen, Sanierungspläne für die Entfernung oder zumindest Milderung dieser Schandmale in der heimischen Landschaft zu entwickeln.

Zum Thema Baustellen bei Raiffeisen gehört die Epamedia. Auf die Frage der «Presse»: «Ihr größtes Sorgenkind ist die Epamedia (Plakate, Außenwerbung). Diese ist ein Sanierungsfall. Wie läuft der Verkaufsprozess?», sagte Erwin Hameseder, Nachfolger von Konrad als Obmann der Raiffeisenholding NÖ-Wien: «Die Epamedia ist die einzige Firma, von der wir uns eventuell trennen. Wir mussten schmerzliche Abschreibungen – vor allem in Ungarn – verkraften. Uns liegen über zehn Angebote vor. … Es kann sein, dass wir das Österreichgeschäft behalten. Wenn wir für die gesamte Gruppe ein gutes Angebot erhalten, verkaufen wir alles. Der Preis müsste dann ein ordentlicher dreistelliger Millionenbetrag sein.»

Über den Fall berichtete das «Wirtschaftsblatt» ebenfalls und zwar unter dem Titel: «Raiffeisen-Holding muss bei Epamedia Notbremse ziehen», und weiter hieß es: «Die Raiffeisen-Tochter Epamedia rutschte im Vorjahr noch tiefer in die roten Zahlen. Der Verlust beträgt 90,2 Millionen €. Eigenkapital musste massiv zugeschossen werden.» An der Spitze des Unternehmens steht übrigens Ex-ORF-Generaldirektorin Monika Lindner, der er auf der Homepage «michaelploneruniqafreunderlgeschäfte» – seit geraumer Zeit unbestritten – nachgesagt wird, erstens einen Versorgungsposten einzunehmen, zweitens über eine Gage von 24.000 Euro im Monat zu verfügen und drittens einen Audi A8 als Dienstwagen zu nutzen.

Quersubventionierung

Der Epamedia-Karren aus dem Dreck gezogen wird durch eine von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung bei verstaatlichten Unternehmen und Staatsbetrieben verteufelte Quersubventionierung.

Die Rivaner Tour führt durch zahllose Dörfer. Darunter war keines, in dem nicht mindestens zwei 16-Bogen-Plakate gehängt sind. Auf ihnen wurde vom «Wiener Zucker» vor künstlichen Süßstoffen in diversen Joghurts und Süßgetränken gewarnt. Nicht schlecht, wenn auf diese Weise ein hässliches Entlein aufgeputzt werden kann.

Die Agrana, der die Marke Wiener Zucker gehört, kann es sich leisten, die Epamedia zu fördern: Die vom Augustin gemeldete Zuckerpreiserhöhung vom 1. Oktober 2011 um 20 Prozent hat der Aktiengesellschaft heuer im 1. Quartal eine Verbesserung des Ergebnisses von 61,6 auf 70,9 Millionen Euro beschert.