Besteuerung des Überreichtums zum Wohle allertun & lassen

Illustration: Thomas Kriebaum

eingSCHENKt: Der Überreiche und sein Angestellter

Kennen Sie Peter Thiel? Er ist ein Milliardär, der mit den neuen Technologien im amerikanischen Silicon Valley groß geworden ist. Thiel tritt für eine autoritär verwaltete und gesteuerte Gesellschaft ein. Die Demokratie sei am besten durch die Herrschaft von genialen Unternehmerpersönlichkeiten zu ersetzen. Also durch ihn. Von demokratisch gewählten Parlamenten und ihren Insti­tutionen der Gewaltenteilung sollte die Macht zu Start-ups und den Milliardären, die sie kontrollieren, verlagert werden. ­Wirtschaftliche ­Monopole sind gut, Ein-Mann-Herrschaften effizient und Gründer von Hightech-Firmen die geborenen Führer. Seit einem Jahr arbeitet der ­ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz für Herrn Thiel. «Ich habe das Parlament als einen Ort mit sehr viel negativer Energie erlebt», sagt Kurz jetzt in Interviews. Er habe lieber selber gestaltet. Das klingt irgendwie nett und selbstreflexiv, ist aber im Kern die Ideologie Peter Thiels. Ich brauch kein Parlament, ich mach das ­alles selber.
In Thiel und Kurz offenbart sich das Verhältnis vom Reichen und seinem Angestellten. Kurz ist der Angestellte des Reichtums. Die Milliardärin Heidi Horten spendete dem Wahlkämpfer Kurz rund eine Million Euro, quasi die billigere Variante, um einen Beitrag für das Gemeinwohl über eine Vermögenssteuer zu verhindern. KTM-Chef und Milliardär Stefan Pierer überwies eine halbe Million, was bei Steuerproblemen mit Liechtenstein nicht schadete. Der Bau-Tycoon Klaus Ortner gab eine ganze Million. Dass seine Tochter Iris Ortner in den Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG bestellt wurde, habe «ausschließlich mit ihrer Qualifikation zu tun». Der Immobilienmilliardär René Benko verhandelte mit dem türkisen Finanzministerium über Steuererleichterungen von Geschäftsreisen im Privatjet und bei eigenen Wohnbauprojekten. Dem Unternehmensmanager Siegfried Wolf wurde mehr als 600.000 Euro Steuerschuld erlassen – für all das sorgte der jetzt von der Korruptions­staatsanwaltschaft vernommene Kurz-Mann im Finanzministerium Thomas Schmid, nach eigener Aussage (im Chat) einer von den «Hure[n] für die Reichen».
Weil auf die Angestellten auch nicht immer Verlass ist, machen es viele Reiche gleich selber. Donald Trump in Übersee, Silvio ­Berlusconi in Italien, Andrej Babiš in Tschechien, Frank ­Stronach hierzulande oder Sebastián Piñera in Chile. Sie kaufen sich mit ihrem Vermögen gleich direkt in die ­Demokratie ein. Dafür dienen auch gekaufte Fernsehsender und Medienunternehmen, die für die ­eigenen Interessen Stimmung machen.
Wie Peter Thiel haben sie alle eigentlich nicht viel übrig für Republik, Staat und die Demokratie. Aber es gibt dort doch einiges zu holen: staatliche Aufträge und Förderungen; öffentliche Unternehmen, die man privatisiert übernehmen kann; in der Sozialversicherung gebundenes Vermögen, das auf die Kapitalmärkte geworfen wird. Man übernimmt den Staat, um ihn zum Selbstbedienungsladen für die eigenen wirtschaftlichen Interessen zu machen.
Wer das Gold hat, macht die Regel, hat Frank Stronach formuliert. Reichtum definiert sich durch kapitale Möglichkeiten. Es geht um die politische Durchsetzungskraft, die sich Reichtum autoritär schafft, um die Bedingungen zu seinen Gunsten zu verschieben. Da müssen wir uns zur Wehr setzen. Dagegen müssen wir Demokratien lebendig machen. Mit entschiedener Bekämpfung der Korruption, mit Besteuerung des Überreichtums zum Wohle aller – und mit einer Neubelebung der «res publica», unserer gemeinsamen öffentlichen Sache.